Nach dem Absturz zum Jahresende und der folgenden Aufholjagd zu Jahresbeginn ist der Deutsche Aktienindex Dax nun wieder auf Kurs – leider aber auf keinem guten. Denn inzwischen scheint klar: Es geht weiter bergab. Zumindest zeigt die 200-Tage-Linie deutlich nach unten und der Börsenindex ist auch bereits sehr weit unter die langfristige Linie gerutscht. Er macht derzeit auch keine Anstalten, sie nach oben zu durchbrechen, was gemeinhin als Anzeichen für eine Trendumkehr gilt. Von daher scheint es angebracht, sich auf ein weiteres Abbröckeln der Märkte einzustellen. Wie immer, wenn es zu Abschwung kommt, wollen einige Investoren das nicht wahrhaben. Sie suchen stattdessen nach den letzten Inseln der Seligen, bei denen noch positive Renditen zu erzielen sind. Und so mancher erinnert sich dann an die Performancezahlen vom letzten Jahr: Auch 2018 lief allgemein schlecht an den Börsen, es gab eigentlich kein Segment, was sich gegen den negativen Trend stemmen konnte – außer einem. Die Immobilienaktien wären die einzigen Werte, die selbst im Abschwungjahr 2018 zulegten, während alle marktbreiten Indizes um rund 20 Prozent verloren. Sind Immobilienpapiere also die letzten Horte der Stabilität?
Einige Analysten sagten das durchaus noch kurz vor Jahresende und machten Anlegern Mut, der Hype an den Immobilienmärkten sei noch nicht vorbei. Sie verwiesen auf die enormen Steigerungen der Immobilienindizes, als da wären der Dax Subsector Real Estate und der Solactive Dimax. Beide legten auf Jahressicht rund 25 Prozent zu, auf drei Jahre waren es 58 Prozent beim Dimax und 76 Prozent beim Dax Subsector. Auf zehn Jahre gesehen waren sogar 47 bis 48 Prozent pro Jahr drin. Das waren gewaltige 480 Prozent. Man muss solche Lobpreisungen allerdings mit Vorsicht betrachten und vor allem genau hinsehen, wer die Plädoyers für die Immobilienaktien hielt: Es waren allesamt Branchenbeteiligte und Fondsmanager, die selber in Immobilien investieren. Kein Wunder also, dass sie beim Betongold vor allem den Wortbestandteil „Gold“ betonten.
Wie steht es nun aber wirklich um die Immobilien? Schließlich trüben sich inzwischen nicht nur die Konjunkturprognosen merklich ein, sondern auch die Aussichten für den Immobilienmarkt. Die Branche starrt weiterhin auf die Europäische Zentralbank und erwartet, dass der Zinsanstieg nun irgendwann erfolgen muss. Und während Sparer sich über eine Anhebung freuen würden, wäre sie für alle Immobilieninvestoren oder Hausfinanzierer Gift. Denn sie verteuern Darlehen und die Fremdkapitalaufnahme für neue Bauprojekte und setzen die Bewertungen der Immobiliengesellschaften unter Druck. Dazu kommen die ohnehin schon hohen Immobilienpreise. Im angelaufenen Jahr sind die Kaufpreise für Wohnungen und Häuser sowie die Mieten erneut gestiegen, um rund 5,6 Prozent bundesweit, hat das Beratungshaus BulwienGesa in seinem aktuellen Immobilienindex ermittelt. Für den Teilbereich „Wohnen“ fiel der Anstieg sogar noch stärker aus und in den deutschen Großstädten kletterten die Preise sogar weiter um knapp acht Prozent. Der Markt erlebt das 14. Jahr des Aufschwungs. Im Grunde ist klar, dass es nicht ewig so weitergehen wird.
Würde der Markt demnächst aufhören, weiter in den Himmel zu wachsen – oder würden die Preise sogar ein Stückchen abbröseln, so würde das natürlich auch die Bewertungen der großen Immobilienkonzerne drücken und den Wert ihrer Hausbestände schmälern. Das hätte unzweifelhaft einen Einfluss auf die Kurse der großen Immobilien-Aktiengesellschaften, allen voran Vonovia, Deutsche Wohnen und LEG Immobilien. Die machen sich zurzeit außerdem Gedanken darüber, wie weit die Politik demnächst die Wohnungsmärkte noch reguliert: Mietpreisbremse, Kappung der Modernisierungsumlage, Wohnungsenteignungen, all das steht zurzeit als Thema im Raum. Nach einem ungehinderten weiteren Preisanstieg klingt all das jedenfalls nicht.
Tatsächlich rechnen einige Analysten in Immobilienratingagenturen damit, dass der Häuserboom demnächst an seine Grenzen geraten dürfte. Wohl nicht in diesem Jahr, aber doch spätestens im nächsten oder übernächsten Jahr. Dann wird erst einmal Schluss ein mit den weiteren Preissteigerungen. Dennoch könnten die börsennotierten Wohnungsgesellschaften weiterhin satte Gewinne verzeichnen, sagen namhafte Fondsgesellschaften wie DJE und auch Flossbach setzt weiterhin auf Immobilienaktien als Ertragbringer, auch wenn der Vermögensverwalter deren Gewichtung im Portfolio zuletzt stark reduzierte. Warum die Profis an den Immo-Aktien festhalten? Weil Wohnungen stabile Cashflows generieren. Sie werfen Mieten ab, egal ob da draußen Wirtschaftskrise herrscht oder nicht. Anders gesagt: Wohnen müssen die Leute immer – und daran verdienen die großen Wohnungsgesellschaften. Vor allem in den Großstädten wird sich der Nachfrageünberhang nach Wohnungen auch nicht so schnell abbauen. Zuletzt errichteten Investoren kaum 300.000 neue Wohnungen bundesweit, das sind mindestens 75.000 zu wenig für den aktuellen Bedarf. Die Bau-Lücke in den Metropolen wird also eher größer als kleiner.
Also doch gute Zeiten für Immobilienaktien? Die Manager von Immobilienfonds waren zuletzt einhellig dieser Meinung, so belegt eine Befragung der Ratingagentur Scope von Sommer letzten Jahres. Demnach sagten alle Fondsmanager – von 13 deutschen Immofonds für Privatanleger und von 7 institutionellen Fonds – das Jahr 2019 werde erneut ein gutes Jahr. 35 Prozent gingen sogar davon aus, dass es sehr gut werde. An schlechte Zeiten wollte dagegen niemand glauben. Das größte Risiko für die Märkte sahen überdies 82 Prozent von ihnen in der mangelnden Verfügbarkeit neuer Objekte, also im leergefegten Markt. Der Gedanke an Zinssteigerungen dagegen trieb nur 59 Prozent von ihnen um. Und ein Abwertungsrisiko durch das Ende der Hochpreisphase sahen nur 35 Prozent als Problem. Was sie gegen den Mangel an Investitionsobjekten unternähmen? 82 Prozent antworteten: neue Projekte entwickeln, also bauen. Zwei von drei Managern sagten auch: Wir investieren in den Bestand. Das dürfte also eine Grundlage für weitere Mietsteigerungen sein.
Darüber kann man sich nun als Großstadtmieter aufregen, aus Sicht von Immobilienanlegern jedoch sind es gute Aussichten. Wie also kann man als Privatsparer noch an diesem Markt tätig werden? Zuerst die schlechte Nachricht: Mit den beliebten Indexfonds funktioniert es in diesem Segment nicht. Davon gibt es schlicht zu wenige und schon gar keine auf deutsche Wohnimmobilien. Wer einen europäischen oder weltweiten Indexfonds auf den Immobiliensektor kauft, der packt sich damit meist größere Risiken ins Depot, bei meist schlechterer Wertentwicklung. Schließlich gilt gerade der deutsche Wohnimmobiliensektor international als überdurchschnittlich stabil und wertbeständig. Für viele andere Ländermärkte ist dies nicht der Fall, wie man in der Finanzkrise in Spanien und Großbritannien bereits gesehen hat. Was also dann kaufen?
Man könnte Immobilien-Einzelaktien wählen, Lieblinge der Analysten sind derzeit jene von Vonovia oder LEG. Hier sagen die Beobachter sehr mehrheitlich: kaufen! Die Kursziele liegen noch rund 15 Prozent über den derzeitigen Kursen. Doch auch wenn die Wohnimmobilien-Aktien selbst 2018 noch 20 bis 30 Prozent Wertsteigerung erzielten und auf Fünfjahressicht sogar bei 30 bis über 40 Prozent Performance lagen – ganz ungefährlich ist das natürlich nicht. Natürlich ist das Risiko bei einem solchen Einzelinvestment viel höher als bei einem größeren Aktienbündel.
Von daher scheinen aktiv gemanagte Immobilienfonds die bessere Wahl. Davon gibt es vier mit deutschem Wohnimmobilienschwerpunkt: den Fokus Wohnen Deutschland, Grundbesitz Fokus Deutschland, UniImmo Deutschland, und Wertgrund Wohnen Select Deutschland. Bei allen stimmt die Liquidität, auch die Ratings sind recht gut, ihre Fremdkapitalquoten liegen bei 10 bis 18 Prozent, der UniImmo liegt sogar unter 1 Prozent. Und die Vermietungsquoten sind mit rund 97 Prozent nahe an der Vollauslastung. Die Performance auf Jahressicht kann sich ebenfalls sehen lassen: Sie reicht von moderaten 2,3 und 3,4 Prozent (UniImmo und Grundbesitz Fokus) bis hin zu 6,1 und 9,6 Prozent bei Fokus Wohnen und Wertgrund Wohnselect. Auf Dreijahressicht lag der Wertgrund Wohnselect mit immerhin 40 Prozent vorn. Wie er das schaffte? Der noch verhältnismäßig junge Fonds kaufte bereits vor 2010 Immobilien, also bevor der große Preisanstieg begann und spezialisierte sich aufs Sanieren, Renovieren und teurer Weiterverkaufen. Das sicherte ihm hohe Gewinne. Es ist die Frage, ob er das auch künftig leisten wird. Immerhin aber machte er seit Anfang 2015 aus einem 1000-Euro-Investment bis heute 1500 Euro.
Ist das aber nun ein Garant für weitere Zugewinne – falls ein Abschwung demnächst kommt? Natürlich nicht. Aber Immobilienaktien haben auch in Börsencrashs eine ganz besondere Qualität, so haben Statistiker ermittelt: Wenn man 11 Aktiensektoren daraufhin untersucht, welche sich in Abwärtsphasen am besten und welche sich am schlechtesten gehalten haben, so ist das Ergebnis eindeutig: Weltweit landeten Immobilien dabei zwar nur im Mittelfeld mit minus 35 Prozent Wertverlust in den vier Crashphasen zwischen 1999 und heute. Am besten schnitten die Aktien von Nahrungsmittelherstellern ab (minus 16 Prozent) und aus dem Gesundheitssektor (minus 26 Prozent), während IT und Finanz-Titel am schlechtesten abschnitten (minus 42 und minus 46 Prozent). Immerhin waren Immobilien aber besser als der MSCI World, der 38 Prozent verlor. Aber in Eruopa sah das anders aus: Europäische Immobilienaktien schlugen sich nämlich weitaus besser. Sie schnitten sogar als beste in den Abwärtsphasen ab und verloren nur 21 Prozent, während sogar die europäischen Nahrungsmittelhersteller 27 Prozent verloren. Man muss allerdings sagen: Es kommt wohl auf die Art der Krise an, wie sich die Immoaktien schlugen. In der Finanzkrise verloren sie sagenhafte 75 Prozent, in der Dotcomkrise dagegen konnten sie sogar 18 Prozent zulegen. Insgesamt kamen Anleger mit europäischen Immobilienaktien jedenfalls auf die zweithöchste Rendite von allen 12 Aktiensektoren.
Man kann es also in einem Satz zusammenfassen für alle, die trotz der Aussichten noch vor dem Abschwung investieren wollen: Essen und wohnen müssen die Leute immer. Bei den Nahrungsmittelherstellern liegen dabei US-Konzerne vorn, bei den Immobilien dagegen die europäischen, insbesondere deutschen Gesellschaften. Auch wenn die Kurse sinken sollten: Mit Dividendenrenditen von derzeit 3,8 bis 4,4 Prozent ließe sich ja auch einmal eine Marktdelle aussitzen – bei sinkenden Kursen wäre es sogar noch mehr. Damit werfen sie sogar mehr ab als ihre Anleihen laut Kupon.