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Nach Hackerangriff US-Börsenaufsicht lässt Bitcoin-ETFs zu 

Das Logo der US-Börsenaufsicht SEC vor Bitcoin-Münzen
Das Logo der US-Börsenaufsicht SEC vor Bitcoin-Münzen
© NurPhoto / Jonathan Raa / Picture Alliance
Seit Jahren haben Kryptofans darauf gewartet, dass die US-Börsenaufsicht den ersten Bitcoin-ETF genehmigt. Jetzt geben die Aufseher grünes Licht

Am 9. Januar 2024 um 22.11 Uhr kam endlich die ersehnte Nachricht: „Heute erteilt die SEC die Genehmigung für Bitcoin-ETFs zur Notierung an allen registrierten nationalen Wertpapierbörsen“, lautete das Posting auf der Plattform X, früher Twitter. Doch schon zehn Minuten später zerstörte der Vorsitzende der US-Börsenaufsicht SEC, Gary Gensler, den Freudentaumel der Kryptofans: „Das SEC-Twitter-Konto wurde kompromittiert und ein nicht autorisierter Tweet wurde gepostet. Die SEC hat die Notierung und den Handel mit börsengehandelten Spot-Bitcoin-Produkten nicht genehmigt.“

Die Ankündigung war falsch, Unbekannte hatten den X-Account der Aufsichtsbehörde gehackt. Der Bitcoin-Kurs, der nach der Fake News zwischenzeitlich auf über 48.000 Dollar gestiegen war, stürzte auf unter 45.000 Dollar ab. Auch die Kryptobörse Coinbase und der Blockchain-Farm-Betreiber Bitfarms reagierten heftig: Sie verloren zunächst fast je sechs Prozent, bevor sie die Verluste wieder ausglichen. Doch es hat durchaus Gründe, dass die Ente eine solche Rallye ausgelöst hat: Denn kurz nach US-Börsenschluss am Mittwochabend machte die US-Wertpapieraufsicht den Weg zu börsengehandelten Bitcoin-Fonds (ETF) tatsächlich frei. 

Nun können die Bitcoin-Spot-ETFs in den USA an der Börse notiert werden. Der Bitcoin reagierte für seine Verhältnisse allerdings kaum auf die Neuigkeiten. 

Am 10. Januar endete eine Frist, innerhalb derer die Behörde votieren musste. Insgesamt lagen der Aufsichtsbehörde elf Anträge unter anderem von den Vermögensverwaltungen Franklin Templeton und Invesco vor, zwei davon kommen vom weltweit größten Investmenthaus Blackrock. „Blackrock gilt aufgrund seiner nahezu perfekten Erfolgsquote bei der Einreichung derartiger Anträge als wichtiger Gradmesser“, sagte Analyst Marcel Heinrichsmeier von der DZ Bank. Der Optimismus vor der Entscheidung war auch deshalb enorm.  

Starinvestorin Cathie Woods, die mit ihrer Firma Ark Invest ebenfalls einen Antrag auf Zulassung eines Bitcoin-ETF gestellt hatte, schürte gleichsam Hoffnungen auf eine positive Entscheidung der SEC: Die „SEC habe sehr detailliert technische Nachfragen gestellt“, so Woods. Würde die SEC nicht ernsthaft erwägen ihren rigiden Kurs gegenüber Kryptowährungen aufzuweichen, so wären die Nachfragen ausgeblieben, so die Tech-Investorin.  

Börsenaufsicht warnt vor Kryptoassets

Lange sah es dagegen eher schlecht aus für eine Zulassung. SEC-Chef Gensler hatte erst am Montag einen Aufsatz aus seinem Hause auf X gepostet, in dem darauf hingewiesen wird, dass Kryptoanleger nicht durch das Wertpapiergesetz geschützt seien und Investitionen in die Anlageklasse „außerordentlich riskant sein können und oft volatil sind“.

Zwar hat sich der Bitcoin-Kurs im Jahr 2023 mit mehr als 150 Prozent Wertzuwachs profitabel entwickelt. Doch die Schwankungen in der Anlageklasse sind enorm, selbst wenn so mancher Kryptoenthusiast in der Cyberdevise gerne „Digitales Gold“ erkennen will. Im vergangenen Jahr entwickelten sich Gold und Bitcoin zwar während der Banken-Turbulenzen in den USA und nach dem erneuten Ausbruch des Nahostkonflikts ähnlich. Doch zu Beginn der Corona-Pandemie und mit steigenden Zinsen stürzten Kryptowährungen ähnlich wie andere risikoreiche Anlageklassen – darunter auch Aktien – ab.

Kryptofans hoffen nun, dass die Marktzulassung der ETFs die Kurse stabilisieren werden. Wenn Blackrock, das ein Vermögen von neun Billionen US-Dollar managt, nur einen Bruchteil davon in Kryptowährungen schieben würde, würde die Marktkapitalisierung von derzeit 885 Mrd. Dollar erheblich steigen – und damit ruhiger werden. „Alles, was wir brauchen, ist, dass von den Billionen von Dollar an institutionell verwalteten Vermögenswerten da draußen vielleicht 0,1 oder 0,2 Prozent in einen ETF investieren“, sagt Wood von Ark Invest. Das würde außerdem den Preis erheblich nach oben schieben.

Bisher nur ETF auf Krypto-Futures

Der erste Versuch eines Krypto-ETF startete in den USA schon vor gut zwei Jahren. Die Produkte sind von der Struktur her aber anders als klassische ETFs. In der Praxis gab es bisher noch keine direkte Anlagemöglichkeit über geregelte Börsen. Daher behalf man sich in den USA mit ETFs auf Krypto-Futures. In Europa gibt es derweil andere Krypto-Ersatzprodukte, die an traditionellen Börsen gehandelt werden können. Sie heißen Exchange Traded Notes (ETN), manchmal auch Exchange Traded Projects (ETP). Dabei handelt es sich um nachrangige Schuldverschreibungen, die Kryptowerte verbriefen.

Heinrichsmeier von der DZ Bank warnt jedoch vor zu großen Hoffnungen in die Zulassung: In den USA suche man bislang vergeblich nach einem einheitlichen Krypto-Regelwerk. „Ohne eine solche verlässliche Regulierung dürften sich viele institutionelle Anleger schwertun, in den Markt nennenswert einzusteigen“, so Heinrichsmeier. Größere Kurssprünge seien deshalb keineswegs in Stein gemeißelt.

Auch, weil nicht alle ETF voll replizierend sind. Das heißt, die Fondshäuser würden tatsächlich keine Bitcoins kaufen, sondern lediglich die Wertentwicklung nachbilden. Würde die US-Aufsichtsbehörde nur diesen Produkten eine Markterlaubnis erteilen, passiert zunächst nicht viel.

Tech-Investorin Wood rechnete sogar kurzfristig mit fallenden Kursen, wenn die SEC grünes Licht gibt: „Es hat eine große vorweggenommene Bewegung gegeben“, sagte Wood mit Blick auf die Rallye im vergangenen Jahr. „Diejenigen, die in den Markt eingestiegen sind und einige schöne Gewinne erzielt haben, werden wahrscheinlich auf die Nachricht hin verkaufen.“  

Das nächste Großereignis in der Bitcoin-Welt steht schon vor der Tür. Voraussichtlich am 22. April, nachdem der 840.000 Block erzeugt worden ist, soll das nächste Halving passieren. Dann erhalten Bitcoin-Schürfer mit 3,125 Bitcoin nur noch die Hälfte an Belohnung für jeden geschürften Block. In Folge kommen weniger Bitcoins in Umlauf und die hohe Nachfrage trifft auf ein knapper werdendes Angebot, was den Kurs steigern sollte. Risikofreudige Anleger können also eine mögliche Kursschwäche zum Einsteigen nutzen und auf eine Vervielfachung im April hoffen.  

Während die Bitcoin-Fans die Zulassung der ETFs feiern, dürfte die SEC vor allem mit Ermittlungen beschäftigt sein. Wie konnte jemand Fremdes Kontrolle über den SEC-Account auf X bekommen und eine solche Nachricht posten? Bekannt ist bisher: Der Eindringling hat X selbst nicht gehackt, sondern sich Zugriff auf die mit dem SEC-Konto verknüpfte Telefonnummer verschafft. Die SEC hatte das Zwei-Faktor-Identifizierungs-Verfahren nicht aktiviert. Das hätte es viel schwieriger gemacht, das X-Profil zu kapern.

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