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Geldanlage Anleihen-Experte: „Vergessen Sie Null- und Negativzinsen“

Europaflaggen wehen vor dem EZB-gebäude in Frankfurt
Wann senkt die EZB die Zinsen?
© Eibner-Pressefoto/Florian Wiegand / Picture Alliance
Dass die Leitzinsen in der Eurozone in diesem Jahr sinken werden, gilt als ausgemacht. Wie Anleger deshalb aktuell in Zinsprodukte investieren sollte, erklärt Philippe Berthelot vom Vermögensverwalter Ostrum Asset Management
Philippe Berthelot, Leiter des Renten- und Geldmarktgeschäfts beim Vermögensverwalter Ostrum Asset Management, eine Tochter der Fondgesellschaft Natixis Investment Managers
Philippe Berthelot, Leiter des Renten- und Geldmarktgeschäfts beim Vermögensverwalter Ostrum Asset Management, eine Tochter der Fondgesellschaft Natixis Investment Managers
© PR

Für viele Investoren ist klar: Möglicherweise schon im Juni, spätestens aber in der zweiten Jahreshälfte wird die Europäische Zentralbank (EZB) beginnen ihre Leitzinsen zu senken. Das sollten Anlegerinnen und Anleger beachten, die aktuell in Zinsprodukte investieren oder ihr Geld auf einem Sparkonto bei Bank oder Sparkasse parken. Worauf sie achten sollten, erläutert im Interview Philippe Berthelot, Leiter des Renten- und Geldmarktgeschäfts beim Vermögensverwalter Ostrum Asset Management, eine Tochter der Fondgesellschaft Natixis Investment Managers.

Sinkende Leitzinsen bedeutet jedoch nicht ein Rückfall in die Zeit vor der Zinswende von 2022. „Vergessen sie Null- und Negativzinsen“, sagt Berthelot. Zahlreiche Faktoren werden nach Einschätzung von Ökonomen die Inflation hoch halten, darunter die klimafreundliche Umgestaltung der Wirtschaft, die alternde Gesellschaften und weniger Globalisierung. Die Notenbanken werden deshalb wohl auch ihre Leitzinsen höher halten, um die Inflation nicht aus dem Ruder laufen zu lassen.

Doch wenn die Aussicht auf sinkende Zinsen nicht das Ende der Zinsen bedeutet, so könnte jetzt der Zeitpunkt gekommen sein, das noch hohe Renditeniveau mitzunehmen. „Wir sehen Renditen wie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr“, sagt Berthelot. „Das macht den Rentenmarkt für Menschen mit Ersparnissen sehr attraktiv. Sie erhalten ein regelmäßiges Einkommen, und wenn sie die Anleihen bis zur Fälligkeit halten sogar ohne Kursrisiken wie bei Aktien.“

Abhängig vom Geldmarkt

Das Risiko niedrigerer Zinsen bzw. Renditen ist Berthelot zufolge derzeit am höchsten am so genannten „kurzen Ende“, also am Geldmarkt und bei Anleihen mit kurzer Laufzeit. „Die Entwicklung am Geldmarkt verläuft analog zur Entwicklung der Leitzinsen“, erläutert der Experte. „Je tiefer der Leitzins fällt, desto stärker sinken die Geldmarktsätze.“ Aktuell liegt der Leitzins der EZB (Einlagensatz) bei vier Prozent. Sollte die Ostrum-Prognose von drei Leitzinssenkungen in diesem Jahr zutreffen, würde der Geldmarktsatz am Jahresende nur noch 3,25 Prozent betragen. Dies wäre dann voraussichtlich auch die Obergrenze für Tagesgeldkonten. „Wenn die Zentralbank die Zinsen senkt, sinkt die Performance von geldmarktnahen Anlagen“, betont er.

Jetzt also noch Geld auf hochverzinste Tagesgeldkonten zu schaufeln, hilft also wenig. Denn mit den sinkenden Leitzinsen werden auch hier die Erträge schrumpfen. Das gleiche Problem besteht bei Festgeld mit einer Laufzeit von bis zu zwei Jahren und Anleihen mit kurzer Restlaufzeit. Wer heute sein Geld dort investiert, muss in ein oder zwei Jahren sein Geld zu niedrigeren Zinsen bzw. Kapitalmarktrenditen wieder anlegen. „Sie sollten beginnen, entweder die Laufzeit ihrer Anlagen zu verlängern oder das Risiko ein wenig zu erhöhen“, rät Berthelot. Höheres Risiko bedeutet Anlagen in Unternehmensanleihen, Hochzinsanleihen (Unternehmensanleihen schwacher Bonität) oder Schwellenländeranleihen. Hier sind Renditen von vier bis sieben Prozent drin, die sich bei Investition für einige Jahre Restlaufzeit einloggen lassen.

Mehr Rendite in Südeuropa

„Eine Anlage in zehnjährige deutsche oder französische Staatsanleihen ist die konservativste und sicherste Investition, die sie in Europa tätigen können“, sagt Berthelot. „Wenn sie etwas mehr Rendite aber auch Risiko nehmen möchten, können sie Italien oder Spanien kaufen.“ Aktuell rentiert die zehnjährige Bundesanleihe mit 2,6 Prozent, Spanien und Italien kommen auf 3,4 bzw. 3,9 Prozent. 

Berthelots Geheimtipp lautet aber Griechenland, wo die Rendite rund 3,5 Basispunkte niedriger liegt als in Italien. „Es ist gerade mal  zehn Jahre her, dass sie einen Zahlungsausfall für griechische Staatsanleihen erklären mussten. Aber die Erholung seitdem ist beeindruckend, die Griechen haben ihren Staatshaushalt saniert.“

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