Die Rückkehr der Zinsen scheint die Deutschen nicht vom Kapitalmarkt wegzulocken. Das legen jedenfalls die Zahlen nahe, welche die genossenschaftliche Fondsgesellschaft Union Investment vorgelegt hat. Sie verbuchte für das vergangene Jahr Netto-Zuflüsse von 16,8 Mrd. Euro, von denen 12,2 Mrd. Euro von Privatkunden stammen. Der Rest entfällt auf institutionelle Kunden wie Versicherer, Pensionskassen und Stiftungen. Damit hat Union Investment fast das Vorjahresergebnis geschafft, als man netto 17,5 Mrd. Euro einsammelte, die Geschäfte mit Privatkunden lagen sogar etwas über dem Vorjahreswert. Union-Boss Hans Joachim Reinke entschuldigte sich daher bei der Jahrespressekonferenz im Vorhinein für seine Wortwahl und sprach von einem „bockstarken Ergebnis“.
Zwar sind die Daten mit denen des Branchenverbandes BVI nicht vergleichbar, weil diese keine Mandate und Spezialfonds enthält. Wenn dieser jedoch für das vergangene Jahr neue Gelder von 12,9 Mrd. Euro im Geschäft mit Publikumsfonds ausweist, dann zeigt sich, dass sich Union Investment ein dickes Stück vom Neugeschäftskuchen in Deutschland herausgeschnitten hat. Die Fondsbranche kämpft seit der Zinswende der Europäischen Zentralbank mit den Banken um Einlagen, da diese wieder teilweise Zinsen von drei und mehr Prozent auf Tages- und Festgeld bieten. Konkurrenz gibt es für die Fondsanbieter zudem durch die Anbieter von als Zertifikaten bezeichneten derivativen Finanzprodukten, die häufig ebenfalls mit Zinsversprechen auf Kundenfang gehen.
„Das Fondssparern ist gekommen, um zu bleiben“
Während Union das Neugeschäft also weitgehend konstant gehalten hat, gab es eine deutliche Verschiebung hin zu Rentenprodukten. In Anleihefonds flossen Reinke zufolge im Vorjahr 7,3 Mrd. Euro, nachdem sich im Jahr 2022 Zu- und Abflüsse noch die Waage gehalten hatten. Der Rest entfällt auf Aktien- und Mischfonds. Union Investment wurde im diesjährigen Capital-Fondskompass als einzige Gesellschaft zum 22. Mal in Folge mit fünf Sternen ausgezeichnet.
„Getragen wurde das starke Absatzergebnis des vergangenen Jahres mehrheitlich durch das ratierliche Sparen“, sagte Reinke. Mit „ratierlich“ meint er regelmäßige Anlagen in Fondssparplänen, vermögenswirksame Leistungen und Riester-Produkte. „Das Fondssparen ist gekommen, um zu bleiben“, sagte Reinke. Allerdings stagnierte das Geschäft hier nach Jahren des Wachstums mehr oder weniger bei 6,3 Millionen Verträgen. Ein Grund dafür dürften Inflation und ungleiche Einkommensverteilung sein, denn Reinke zufolge können rund 40 Prozent der Menschen Deutschland nichts mehr auf die hohe Kante legen.
Insgesamt verwaltete die Fondsgesellschaft zum Ende vergangenen Jahres 455,2 Mrd. Euro und weist einen Gewinn von 974 Mio. Euro aus (2022: 694 Mio. Euro). Vom Gewinn profitieren die Eigentümer innerhalb der genossenschaftlichen Finanzgruppe und damit letztlich diejenigen, die Genossenschaftsanteile an Volks- und Raiffeisenbanken halten.