Nach einer Serie von sieben Zinssenkungen in Folge verordnet sich die EZB eine Auszeit. Der EZB-Rat in Frankfurt beschloss am Donnerstag, den Einlagesatz bei 2,0 Prozent zu belassen. Ihn erhalten Banken, wenn sie bei der Zentralbank Geld parken. Über den Zinssatz steuert der EZB-Rat den geldpolitischen Kurs.
An den Finanzmärkten war mit der Pause nach insgesamt acht Lockerungen binnen eines Jahres gerechnet worden. Angesichts des weiter schwelenden transatlantischen Zollstreits und der noch nicht absehbaren Folgen für Inflation und Konjunktur im Euroraum schaltete die EZB nun auf Abwarten. Nach Ansicht vieler Ökonomen könnte die Zentralbank aber noch dieses Jahr eine weitere Zinssenkung wagen.
Die Notenbank ließ sich nicht in die Karten blicken, wie es geldpolitisch weitergeht: „Der EZB-Rat legt sich nicht im Voraus auf einen bestimmten Zinspfad fest“, teilte das Gremium mit.
„Signal für Stabilität“
Der EZB-Rat wiederholte damit ein Mantra, mit dem sich die Währungshüter angesichts des Zollstreits und der geopolitischen Risiken geldpolitische Bewegungsfreiheit sichern. Die Zentralbank will sich an der Datenlage orientieren und von Sitzung zu Sitzung entscheiden. In einem schwierigen globalen Umfeld habe sich die Wirtschaft bislang insgesamt widerstandsfähig gezeigt, was zum Teil auf die EZB-Zinssenkungen zurückzuführen sei. „Zugleich ist das Umfeld nach wie vor außergewöhnlich unsicher, vor allem aufgrund von Handelskonflikten“, hieß es.
„Das Festhalten am aktuellen Zinsniveau sendet ein wichtiges Signal für Stabilität und Flexibilität in einem nach wie vor fragilen Umfeld“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Jörg Asmussen. Der einstige EZB-Direktor fügte hinzu: „Die EZB handelt richtig, wenn sie die Leitzinsen in der heutigen Sitzung unverändert lässt. Angesichts der aktuellen Inflations- und Konjunkturdaten überwiegen die Argumente gegen eine weitere Senkung."
Hoffnung auf Deal mit USA
Die Währungshüter dürften nach Einschätzung vieler Beobachter zunächst abwarten, wie sich der Zollstreit weiter entwickelt. US-Präsident Donald Trump hat angekündigt, dass ab dem 1. August Zusatzzölle von 30 Prozent anstelle des im April eingeführten Basiszollsatzes von zehn Prozent auf Importe aus der EU in Kraft treten sollen. Die EU hofft weiter auf eine Verhandlungslösung.
Nach Japan steuert die Europäische Union Diplomaten zufolge auf ein Handelsabkommen mit den USA zu, das ebenfalls einen Basiszoll von 15 Prozent auf EU-Waren beinhalten könnte. Der Ausgang des Zollkonflikts dürfte für den weiteren Verlauf der Inflation im Euroraum große Auswirkungen haben.
Die Inflationsrate im Juni lag bei 2,0 Prozent, womit die Währungshüter ihr Ziel exakt erreicht haben. Ob die EZB nach der Sommerpause noch eine Zinssenkung wagt, hängt nach Ansicht von KfW-Chefvolkswirt Dirk Schumacher entscheidend davon ab, wie sich der Handelskonflikt mit den USA weiterentwickeln wird: „Auf der nächsten Sitzung im September wird die EZB aller Voraussicht diesbezüglich dann ein genaueres Bild haben.“