Han Zheng, Mitglied der siebenköpfigen obersten Führung der KP Chinas, gab sich letzte Woche zur Einweihung des neuen BASF-Verbundstandorts in der Provinz Guangdong höchst persönlich die Ehre. Zwar nur per Videolink, dafür aber mit den blumigsten Phrasen über die „vorbildliche“ 10-Mrd.-Euro-Investition des deutschen Konzerns. BASF-Chef Martin Brudermüller durfte, in Covid-Zeiten auch eine sehr seltene Ehre, ins Reich der Mitte einreisen, ohne sich anschließend sofort in eine gefängnisähnliche Quarantäne zu begeben wie andere Ausländer. Der Deutsche bedankte sich selbstredend ebenfalls mit höchstem Lob bei den Chinesen. Beide waren bemüht, das Großprojekt als gutes Beispiel für die florierenden Wirtschaftsbeziehungen der beiden Länder darzustellen.
In Wahrheit dürfte es solche deutsche Milliarden-Investitionen in China künftig kaum noch geben. Die Bundesregierung arbeitet an neuen Regeln für das Geschäft mit der kommunistischen Großmacht, die zunehmend aggressiver in Asien auftritt und die demokratische Inselrepublik Taiwan militärisch immer stärker bedroht. Eine Einschränkung, gar Abschaffung der staatlichen Garantien für das China-Geschäft steht in Berlin zur Diskussion. Ohne diese Hilfen sind Milliarden-Projekte wie der Chemiekomplex der BASF in der Regel nicht zu finanzieren. Eine deutliche Begrenzung der Staatsgarantien soll helfen, die wachsende Abhängigkeit vom China-Geschäft zu bremsen. Wir ziehen damit die richtigen Konsequenzen aus den bitteren Erfahrungen mit Wladimir Putin.
Aber auch ohne geänderte China-Regeln denken große Teil der deutschen Industrie inzwischen um. Die großen Risiken einer einseitigen Abhängigkeit von einer immer weniger berechenbaren revisionistischen Großmacht, die ihre Ziele ausdrücklich auch mit Gewalt durchsetzen will, geraten immer stärker ins Bewusstsein der meisten deutschen Konzerne. Bewegten sich die BASF und die ähnlich unbelehrbaren Autokonzerne früher im Mainstream der deutschen Exportwirtschaft, so geraten sie jetzt eher an den Rand. Manager wie Martin Brudermüller kann man als die letzten Mohikaner der China-Besoffenheit in Deutschland betrachten.
„Peak-China“
Das heißt selbstverständlich nicht, dass sich die deutschen Unternehmen in hohem Tempo von China entkoppeln würden. Das Tagesgeschäft läuft weiter – allerdings eingeschränkt durch die heftig sinkenden Wachstumsraten im Reich der Mitte, die vor allem das Ergebnis der vollständig verfehlten Covid-Strategie Xi Jinpings sind. Aber wenn es um Direktinvestitionen geht, suchen die meisten Konzerne heute eher nach anderen Standorten. Vor allem Indien und die südostasiatischen Länder dürften davon profitieren.
Natürlich sehen die chinesischen Führer durchaus die Gefahr, dass man sie künftig ökonomisch abhängt. Deshalb umgarnen sie Unternehmen wie die BASF mit allen erdenklichen Mitteln. Und spielen die widerspenstigen Unternehmen gegen die braven „China-Freunde“ aus. Den Trend aber können sie damit nicht brechen. In der angelsächsischen Welt spricht man von „Peak-China“ – frei nach dem Vorbild der Ölförderung, die irgendwann ihren natürlichen Höhepunkt erreicht. Vieles spricht dafür, dass wir „Peak-China“ bereits gesehen haben.