Vier von fünf der großen Online-Händler, die Vollsortimente wie im Supermarkt anbieten, verstoßen gegen Informationspflichten, weil sie die Herkunft von Obst und Gemüse unklar kennzeichnen, sagt Luise Molling von der Organisation Foodwatch. Allyouneedfresh, Amazon Fresh, Bringmeister und Rewe muten dem Kunden zu, statt auf dem Bildschirm erst beim Auspacken an der Haustür verbindliche Informationen über den Ursprung von Produkten zu bekommen. Das will die Lebensmittelinformationsverordnung anders.
In dieser „Situation wie im Wilden Westen“, so Foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker, müsse der Bund die Überwachung von Online-Lebensmittelhändlern neu organisieren. Ein Überblick.
E-Food
Ob sie frische Tomaten Handelsklasse 1 aus Deutschland, Niederlande, Belgien oder Spanien kaufen, wollen Verbraucher laut Umfragen genau wissen. Wie drei andere Wettbewerber weist Allyouneedfresh Mängel bei der Kennzeichnung von Obst und Gemüse auf. Schon ein Check der Verbraucherzentrale NRW hatte im Juni 2017 ergeben, dass fast jeder zweite E-Food-Anbieter mit Angaben über Herkunft oder Nährwert schlampt. Die DHL-Tochter schneidet indes im Hinblick auf geprüfte Datenschutzaspekte etwas besser ab als der Rest. Wohl sind Datenschutzerklärungen unklar formuliert, und es werden fürs Bezahlen Daten an Dritte übermittelt. Im Vergleich setzt Allyouneedfresh aber die wenigsten Tracker ein: jene Schnüffelspione, die das Surfverhalten analysieren, um gezielt Werbung zu schicken.
Der Frische-Dienst des Onlinehändlers schert sich am wenigsten darum, dass bei Obst und Gemüse eigentlich das Herkunftsland angegeben werden muss. Gezielt Früchte aus bestimmten Ländern zu kaufen oder zu meiden, ist hier oft gar nicht möglich: Häufig werden gleich mehrere mögliche Herkunftsländer angegeben – bei Weintrauben im Amazon-Shop mitunter 13 potenzielle Hersteller, von Brasilien über Südafrika bis Ägypten, Griechenland oder Italien. „Kein Hersteller darf sich eine falsche Kennzeichnung erlauben“, moniert Foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker. Dieser Stellenwert müsse auch für den Online-Handel gelten. „Wir halten 23 Ursprungsländer schlicht für rechtswidrig.“
Der von der der Unternehmensgruppe Bünting betriebene Anbieter, der wie Allyouneedfresh deutschlandweit ausliefert, schneidet bei den Kennzeichnungspflichten am besten ab. Auch die AGB enthalten keine nennenswerten Fallstricke. Nur in der Praxis ist Mytime Foodwatch negativ aufgefallen, weil der Händler die größten Müllberge an Verpackung hinterlässt. Keine Ausnahme macht er im Umgang mit dem Datenschutz: Es gibt Defizite wie unklare Formulierungen, und bei allen Bezahloptionen müssen Daten an andere Dienstleister wie Paypal oder Paydirekt weitergegeben werden. Wie bei allen getesteten Anbietern wird das Geburtsdatum erhoben, obwohl dies nur bei einer Bonitätsprüfung – etwa für Zahlung auf Rechnung – erforderlich ist.
In Bringmeisters Liefergebieten Berlin und München hat man als Kunde erst nach der Lieferung Gelegenheit, das Herkunftsland zu prüfen. Die gesetzlich vorgeschriebenen Herkunftsangaben für Obst und Gemüse fehlen teilweise komplett. Der Händler verzichtet in der Produktbeschreibung auf Hersteller oder Inverkehrbringer – aus Sicht von Foodwatch ein „klarer Verstoß gegen die Lebensmittelinformationsverordnung“. Dem setze die Edeka-Tochter aber „noch die Krone auf“: Auf die im Internet gemachten Angaben zum Produkt ist kein Verlass, denn wie der Konkurrent Rewe übernimmt der Händler dafür keine Haftung. Auch dies erklärt Foodwatch für unzulässig. Allerdings akzeptiert Bringmeister als einziger alle im Sinne von Datenschutz zu bevorzugenden Bezahloptionen Bar, EC-Karte und auf Rechnung.Auch dies erklärt Foodwatch für unzulässig. Allerdings akzeptiert Bringmeister als einziger alle im Sinne von Datenschutz zu bevorzugenden Bezahloptionen: Bar, EC-Karte und auf Rechnung.
Obwohl Rewe mit einem Liefergebiet von 75 Städten die meisten Kunden beliefern dürfte, erreicht der Verbraucherschutz im E-Food-Geschäft keine vergleichbaren Standards. Bereits im Vorfeld des Testvergleichs hatte Foodwatch Rewes Onlineshop erfolgreich wegen fehlenden Informationen zu Nährwerten oder Allergenen von Produkten am Bildschirm abgemahnt. Dies wurde zwar korrigiert. Wie Bringmeister fällt Rewe Online aber weiter mit einer fragwürdigen Klausel in den Geschäftsbedingungen (AGB) auf, wonach der Kaufvertrag erst an der Haustür zustande kommt. Damit umgeht der Händler geltende Informationspflichten auf der Website und mutet dem Kunden zu, Zutaten oder Nährwerte erst bei der Lieferung prüfen zu können. Negativ aufgefallen ist den Testern auch eine „extrem hohe Zahl“ von Trackern.