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Gastkommentar Wie das Bankgeschäft zu retten ist

Der Ruf der Banken ist ruiniert. Nur mit neuen Ansätzen und Ideen können sie ihr Ansehen wiederherstellen. Von Kurt-Georg Scheible
Mit solchen Werbeaktionen werden die Banken ihr Geschäftsmodell nicht retten, meint Kurt-Georg Scheible
Mit solchen Werbeaktionen werden die Banken ihr Geschäftsmodell nicht retten, meint Kurt-Georg Scheible
© dpa
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Kurt-Georg Scheible ist nicht nur Unternehmer sondern auch Vortragsredner, Trainer, Coach, Berater und Autor zum Thema Verhandeln. Sein Buch „Ausgereizt! Wie wir uns gegenseitig die Butter vom Brot nehmen“ ist im Gabal Verlag erschienen

Der Matthäus-Effekt ist längst in der Banken- und Finanzwelt angekommen. Demnach werden aktuelle Erfolge mehr durch frühere Erfolge als durch gegenwärtige Leistungen bedingt. Einfacher ausgedrückt: „Es regnet immer dorthin, wo es schon nass ist“.

Während „normale“ Handwerker und Gewerbetreibende schon mal drei Kreditanfragen stellen müssen – bei drei verschiedenen Instituten versteht sich – um überhaupt einmal ein Angebot zu bekommen, gibt es Berufsgruppen und sogar ganze Firmenzweige, um die sich die Kreditinstitute noch immer regelrecht balgen. Um eine Finanzierung bei einem Arzt abschließen zu können, fahren selbst Vertreter örtlicher Sparkassen schon mal mehrere hundert Kilometer – um am Ende festzustellen: Außer Spesen, nichts gewesen.

Für die Banken kommen so zu den ohnehin niedrigen Margen auf Kredite noch extrem hohe Vertriebskosten, was die Gesamtkosten weiter in die Höhe treibt. Bezahlen muss die Zeche der Kunde mit schlechterer „Basisbonität“ – oder anders ausgedrückt: Kunden aus Branchen mit schlechteren Erfolgen in der Vergangenheit. Dazu zählen neben Handwerkern wie Malern wohl auch die Gastronomen, während Ärzte und Zahnärzte meist noch immer grundsätzlich erst einmal positiv bewertet werden.

Rapider Imageverlust

"Ausgereizt!" ist im Gabal Verlag erschienen
"Ausgereizt!" ist im Gabal Verlag erschienen

Das wirft einige Fragen auf. Was ist mit den außerordentlich erfolgreichen Malerbetrieben und den extrem florierenden Gastronomieunternehmen und was ist mit den zwar wenigen, aber dennoch vorkommenden Insolvenzen bei Ärzten? Und wie ist das zu vereinbaren mit dem miserablen Ruf der Banken-Branche? Um junge Ärzte von den niedrigen Zinsen „noch besser profitieren zu lassen“, legt die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (apoBank) ein 500 Mio. Euro schweres Sonderprogramm auf, mit dem sie die finanzielle Belastung und das Risiko für ihre Klientel absenkt. Ergänzend sichert die Bank einen Teil des Risikos für den Fall einer Insolvenz ab: In den ersten drei Jahren verzichtet sie auf die Geltendmachung ihrer Forderungen aus den Existenzgründungsdarlehen.

Die normalen Banken können oder wollen da nicht mehr mithalten und sind raus aus dem milliardenschweren Geschäft der Existenzgründungen von Heilberufen. Die Konsequenz ist ein weiterer Margenverlust bei den Banken, mit neuen Programmen zur Kostensenkung, Umstrukturierungen bis hin zu Entlassungen. Die Folge: Ein noch schlechterer Ruf der Banken in der Bevölkerung. Dabei ist der schon jetzt alles andere als gut. In einer Umfrage aus 2014 zum Ansehen von Berufen rangierten Bankangestellte recht abgeschlagen auf den hinteren Rängen und nur knapp vor Steuerbeamten oder Politikern. Auf den Spitzenplätzen finden sich dagegen Berufe wie Feuerwehrmann, Krankenpfleger, Arzt, Polizist und Kita- bzw. Kindergartenmitarbeiter. Da ist er also wieder, der Arzt mit seinem Saubermann-Image. Oder sind es auch hier die ehemaligen Erfolge früherer Kollegen die mit dem Matthäus-Effekt für das gute Image der gegenwärtigen Ärzte sorgen?

Wie dem auch sei, es bleibt der Gedanke, dass das Ansehen von Berufen etwas mit deren sozialen Engagement zu tun haben könnte. Zumindest mit der Einschätzung des sozialen Engagements in der Öffentlichkeit. Und da haben Banken in der Vergangenheit anscheinend viel Boden verloren. Mit dem Verschwinden der Mitarbeiter und dem Bargeld in den Kundenhallen der Banken, so scheint es, ist auch das Vertrauen in die Banken und deren Mitarbeiter immer weiter gesunken. Das wirkt sich aus und zeigt sich in veränderten Bankgeschäften, schlechteren Margen und höherem Preisdruck.

Neue Ansätze müssen her

Ist das klassische Bankengeschäft tatsächlich schon total ausgereizt oder gibt es noch ein paar Hoffnungsstreifen am Finanzhimmel? Was sicher nicht mehr hilft, sind die altbekannten Aktionen wie „Kostenloses Girokonto“, „Ihre Bank online“ oder „Billigster Kredit in Town“. Wie wäre es stattdessen mit neuen, skalierbaren Ansätzen sowohl für einzelne Abteilungen wie Kredit oder Anlageberatung, jedoch noch viel mehr für das Gesamtunternehmen. Dazu braucht es zwingend und vor allem drei Dinge:

Geschwindigkeit

Die Zeiten sind vorbei in denen Produkte, Services und Dienste langsam entwickelt und langsam eingeführt werden konnten. Entwicklungen erfolgen heute agil. Das bedeutet, statt schwerfälliger und langer Planung wird schnell begonnen und während des Prozesses nachjustiert.

Beziehungen zu Aktionären pflegen

Wichtig ist ein ausgeprägtes Beziehungsgeflecht und zwar zu Kunden, Lieferanten, Partnern, Informationen, aber auch zu Dingen – einfach zu allem was irgendwie in Kontakt kommen könnte mit dem Unternehmen. Und ganz wichtig ist eine gute Beziehung zu echten Digitalos. Echte Digitalos leben die Digitalisierung statt sie nur zu verstehen.

Unternehmens-IQ

Es geht darum, Unternehmen in Summe und als Gesamtes intelligenter zu machen. Es reicht nicht mehr, eine Abteilung mit „Eierköpfen“ vorzuhalten, die sich um die Zukunft kümmert. Das Unternehmen als Gesamtsystem hat sich zu verbessern und intelligentere Lösungen anzubieten – für die Kunden.

Ganz konkret könnte das so aussehen, dass Banken ihre Mitarbeiter schneller in Kontakt mit den Kunden bringen, um von diesen zu lernen. Zum Beispiel was die Kunden wirklich wollen und brauchen. Sollte das tatsächlich funktionieren, dann steht gemäß dem Matthäus-Effekt weiteren Erfolgen ja nichts mehr im Wege, denn „Wer hat, dem wird gegeben“.

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