Anzeige

Volkswagen Warum VW-Chef Blume am Verbrennerverbot festhalten will

VW-Chef Oliver Blume spricht bei der Jahrespressekonferenz der Volkswagen Group
VW-Chef Oliver Blume hält an den E-Auto-Plänen seines Konzerns fest
© Michael Kappeler/dpa / Picture Alliance
Die Nachfrage nach E-Autos stockt – auch bei VW. Einige Hersteller bremsen ihre Pläne zur Umstellung auf Stromautos. Für Volkswagen aber wäre es fatal, jetzt den Rückwärtsgang einzulegen. Konzernchef Oliver Blume beschwört den Zeitplan

VW-Chef Oliver Blume will nicht länger über das für 2035 geplante Verbot für neue Verbrennerautos in der EU debattieren. „Als Ergebnis wünsche ich mir eine Klarheit und ein Ende dieser Diskussion“, sagte Blume am Mittwoch bei der jährlichen Konzern-Pressekonferenz. „Jetzt sollte man auch bei dieser Entscheidung bleiben“, sagte er zu dem EU-Beschluss, dass fossil betriebene Fahrzeuge in neun Jahren nicht mehr zugelassen werden sollen. Blume kündigte auch an, der von ihm geführte größte europäische Autobauer werde an seinen eigenen Plänen festhalten, immer mehr E-Autos herzustellen und die Verbrennerfahrzeuge langsam aus dem Programm zu nehmen. „Ich halte nicht viel davon, dass man bei jedem Gegenwind alles wieder infrage stellt“, sagte Blume. 

Das Geschäft mit E-Autos entwickelt sich in Europa und den USA derzeit langsamer als geplant. Einige Hersteller haben daher ihre eigenen Verbrenner-Ausstiegspläne zuletzt revidiert. Vor allem Mercedes-Chef Ola Källenius plädierte im Februar dafür, das gesetzliche Ausstiegsdatum neu zu diskutieren und relativierte seine eigenen Pläne, ab 2030 fast nur noch E-Autos anzubieten. Grund für den Druck in Sachen Verbrenner-Aus ist nicht nur die derzeitige Marktschwäche, sondern auch die politische Lage. Einige in der Autobranche schauen auf die Europawahl im Juni und diskutieren ein Szenario, bei dem rechtspopulistische und -extreme Parteien mit Attacken gegen das Verbrennerverbot stark werden. Die EU-Gremien haben das Aus für Autos mit Verbrennungsmotoren zwar für 2035 festgelegt. Aber es ist auch vorgesehen, dass Parlament, Kommission und Rat diesen Beschluss 2026 noch einmal evaluieren. Unter dem Eindruck des politischen Rechtsrucks könnte dieser dann kippen, so die Befürchtung. 

Blume hält jetzt dagegen. Die Autos seien einfach besser und für den Klimaschutz gäbe es keine Alternative, sagt er. „Heutige Elektrofahrzeuge zeigen schon, dass sie Verbrennerfahrzeugen haushoch überlegen sind“, sagte der VW-Chef. „Auch aus Klimaschutzaspekten muss es das sein.“ Er appelliert lieber an die Politik, die Entwicklung zu stützen, indem sie an den Subventionen (nach oben) und den CO2-Grenzen (nach unten) schraubt.

VW muss Strafzahlungen fürchten

Denn den Manager bringen nicht nur technologische und ökologische Motivationen dazu, den 2035-Termin zu verteidigen – sondern auch wirtschaftliche Gründe. Der Volkswagen-Konzern hat seine gesamte Investitions- und Werkplanung für einen schnellen Umstieg auf E-Autos ausgerichtet. So wurden etwa die Werke in Zwickau und Emden rein auf E-Autobau umgerüstet. Sie laufen wegen der schwachen Nachfrage jetzt schon deutlich unter ihrer Kapazität. Blume sagte zwar, dass der Konzern in diesen Fabriken Anpassungen vornehmen könne – etwa durch Streichung von Nachtschichten. „Es wird immer mal Gegenwind geben, da muss man dann adjustieren“, sagte er mit Blick auf die Werke. Aber es liegt auf der Hand, dass das kostspielig ist – und für die Beschäftigten unschöne Folgen hat. Bereits jetzt hat der Konzern in den Werken befristete Verträge von hunderten Mitarbeitern auslaufen lassen. 

Dazu kommt, dass der Nachfragerückgang für VW auch sonst teurer wird: Um die Verkäufe zu stabilisieren, gewährt der Hersteller derzeit hohe Rabatte auf seine E-Fahrzeuge. Würde er die Rabatte nicht geben und demzufolge weniger Elektroautos verkaufen, steigt der CO2-Ausstoß der insgesamt europaweit verkauften Fahrzeuge – und neunstellige Strafzahlungen könnten nach den geltenden Regeln fällig werden.

Blume setzt auf neue Modelle

Volkswagens Hauptkonkurrent Stellantis mit Marken wie Peugeot, Citroen, Fiat, Opel und Jeep hat eine andere Strategie gewählt. Der Konzern ist flexibler, falls die Nachfrage nach den E-Fahrzeugen auf längere Sicht nicht anzieht. Die Verbrennerautos und die E-Autos des Konzerns nutzen (anders als VW-Konzernmodelle) die gleiche Fahrzeugarchitektur und sie laufen vom gleichen Band – so kann sich Stellantis an den schwankenden Markt anpassen. Zudem hat der Konzern seine Verbrennertechnik mit (Mild-)Hybrid-Antrieben so angepasst, dass er auch unter der kritischen CO2-Schwelle bleibt, wenn der Anteil fossil angetriebener Autos unerwartet hoch bleiben sollte. 

VW hingegen kann nur noch schwer zurück. Blume setzt jetzt nach eigener Aussage darauf, dass die neuen Autos des Konzerns die Nachfrage nach stromgetriebenen Autos wieder ankurbeln. In diesem Jahr bringt der Hersteller etwa die Kombiversion des elektrischen Passat-Pendants VW ID.7 auf den Markt sowie die Oberklasse SUVs Audi Q6 e-tron und Porsche Macan. 

Für VW ist es besonders misslich, dass das E-Auto-Problem den Konzern in einer ohnehin angespannten Lage trifft. Die Investitionen sind dieses Jahr auf einem Höchststand, weil das Unternehmen gleichzeitig viel Geld in E-Antriebe inklusive der Batterien steckt und auch noch die Verbrennertechnik auf dem Stand halten muss. Die Ergebnisse der Sparprogramme werden allenfalls langsam sichtbar und sich in diesem Jahr wenig bemerkbar machen. In China kann der einstige Marktführer VW seine Verkäufe nur dadurch halten, dass er auf Gewinn verzichtet. Und in Europa bleibt der Markt auch jenseits des E-Auto-Absatzes schwach. „Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bleiben anspruchsvoll“, fasste Finanzchef Arno Antlitz zusammen. „2024 wird ein anspruchsvolles Jahr“, sagte Blume.

So kommt es, dass der Konzern bei seiner wichtigsten Erfolgsgröße nach der eigenen Prognose in diesem Jahr gar nicht oder kaum vorankommt. Antlitz prognostiziert eine operative Umsatzrendite zwischen 7 und 7,5 Prozent – 2023 lag sie bei 7 Prozent, aber nur deshalb, weil der Konzern 3,2 Mrd. Euro bei Rohstoffabsicherungsgeschäften einbüßte, ein Effekt, der sich in diesem Jahr nicht wiederholen soll. Der Umsatz soll immerhin steigen, um „bis zu“ fünf Prozent. In den Zahlen des laufenden Jahres werden sich die Renovierungsanstrengungen des 2022 angetretenen Konzernchefs daher noch kaum zeigen. Dabei beteuerte Blume am Mittwoch auch: „Ich stehe für ambitionierte Zielsetzungen und zweistellige Renditen“. Das gilt aber erst auf längere Sicht.

Mehr zum Thema

Neueste Artikel

VG-Wort Pixel