Es dürfte eine der wichtigsten politischen Entscheidungen des Jahres werden: In der Türkei werden Parlament und Präsident neu gewählt, und dabei könnte Staatschef Recep Tayyip Erdogan seine Macht verlieren. Auch für die Finanzmärkte hat die Wahl eine große Bedeutung: Erdogan hatte mit seiner Politik die galoppierende Inflation noch weiter angeheizt, die türkische Währung belastet und Investoren aus dem Land getrieben. „Die Wirtschaft spielt die wichtigste Rolle im Wahlkampf“, sagt Jannes Tessmann, Leiter des Istanbuler Büros der Stiftung Mercator, im Podcast „Die Stunde Null”.
Die Inflation habe die Lebenshaltungskosten der Türken in die Höhe schießen lassen und die Bevölkerung verunsichert. „Die Kaufkraft der Menschen schmilzt dahin. Und mit dem jetzigen Wirtschaftsmodell scheint da auch kein Ende in Sicht“, sagt Tessmann. Es gehe aber auch um eine „Rückkehr zum Rechtsstaat“. Erdogans wichtigster Herausforderer Kemal Kilicdaroglu verspricht eine Stärkung von Institutionen wie Zentralbank und Justiz, die unter Erdogan an Unabhängigkeit eingebüßt haben. Dafür hat Kilidaroglu ein Team um sich geschart, in dem eine Reihe erfahrener Wirtschaftspolitiker sitzt.
Unter einer neuen Regierung könnten sich auch die Beziehungen zur Europäischen Union deutlich verbessern. „Das Oppositionsbündnis hat sich darauf festgelegt, den EU-Beitritt wieder ernsthafter zu verfolgen“, sagt Tessmann. „Ich halte das für glaubhaft.“ Allerdings sei dabei auch von Bedeutung, wie ernsthaft die EU auf die türkische Seite zugehe. „Ich befürchte, dass die EU das noch nicht so genau weiß“, sagt Tessmann.
Hören Sie in der neuen Folge von „Die Stunde Null“,
- wie teuer Lebensmittel in der Türkei geworden sind,
- welche Probleme Daimler und BASF in der Türkei hatten,
- warum Erdogan immer noch zahlreiche Unterstützer hat.
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