Diesel-Skandal Volkswagens Stadler-Syndrom

Audi-Chef Rupert Stadler
Audi-Chef Rupert Stadler
© dpa
Audi-Chef Rupert Stadler in Untersuchungshaft – das widerspricht dem Bild von Volkswagen als einem Konzern, der aus seinen Fehlern im Diesel-Skandal gelernt haben will. Was machen Aufsichtsrat und Anteilseigner?

Ach, sie wären es so gerne los bei Volkswagen – dieses Problem, das im Konzern lange nur „Thematik“ hieß und mittlerweile hin und wieder bei ganz Mutigen auch „Krise“ heißen darf: den großen Diesel-Betrug. Sie haben schon viel gezahlt (seit vergangener Woche kommt nun noch eine Milliarde in Deutschland hinzu). Sie haben kommuniziert und versucht, die Aufmerksamkeit auf andere Dinge zu lenken - wie die neue Elektrowelt oder digitale Blockchain-Spielereien. Sie haben den Vorstandschef ausgetauscht und damit auch das Ziel verfolgt, jetzt endlich wieder in neue Fahrwasser zu geraten.

Und doch reckt der Skandal immer wieder seine hässliche Fratze, diesmal in Gestalt von Audi-Chef Rupert Stadler. Der ist nun vorläufig festgenommen worden. Ihm wird vorgeworfen, betrogen zu haben, indem er dazu beigetragen habe, Dieselautos mit manipulierter Abgasreinigung in Europa in den Verkehr zu bringen.

Natürlich gilt, man muss das immer dazu sagen, auch für Stadler die Unschuldsvermutung. Aber ein hochrangiger Manager in Untersuchungshaft, das sieht schlecht aus für einen Konzern, der sich loseisen wollte von seiner jüngeren Vergangenheit. Und dessen neuer Chef Herbert Diess auf der letzten Hauptversammlung versprochen hatte, man wolle nun „ehrlicher, offener, wahrhaftiger, in einem Wort: anständiger werden“.

Nun ist die große Frage, ob das gelingen kann, wenn der Aufsichtsrat und die Eigentümerfamilie um Wolfgang Porsche weiterhin zu Stadler und anderen stehen, die immer mehr in die Schusslinie geraten. Wie soll ein Neuanfang glaubwürdig werden, wenn immer noch führende Manager im Amt sind, die während der Entstehung des Diesel-Skandals an der Spitze des Unternehmens gearbeitet haben? Kann es sein, dass der Wolfsburger Konzern diese „Thematik“ trotz aller Beteuerungen immer noch unterschätzt? Es ist eine Frage, die sich auch die Anteilseigner von Volkswagen vielleicht noch einmal mit größerer Dringlichkeit stellen müssen.

Und noch etwas: Das Erstaunliche ist ja, dass Volkswagen trotz aller Skandale eine bemerkenswerte Ertragskraft an den Tag legt. Ungeachtet aller Strafen, Imageverluste und Rechtsprobleme hat der Konzern im vergangenen Jahr Rekordwerte bei Umsatz, Absatzzahlen und Gewinn erzielt. Das Unternehmen als solches, auch das muss man immer wieder sagen, ist intakt.

Man möchte sich gar nicht vorstellen, welche Rolle dieser Konzern spielen könnte, wenn er auf den Betrug einfach verzichtet hätte. Einen Vorteil, das lässt sich heute mit Sicherheit sagen, hat er daraus nicht gezogen. Wie es im Abspann alter amerikanischer Gangster-Filme oft in aller pädagogischer Deutlichkeit heißt: Crime doesn't pay.

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