Der Plan, den Trump am Montag im Detroit Economic Club vorgestellt hat, ist bislang sein detailliertester. Und in puncto Regulierung, Steuern und Energie ist er ein Schritt nach vorn. Trump präsentierte sein Programm als einen Weg aus dem Status Quo des niedrigen Wachstums. Das ist eine Debatte, die das Land braucht und ein Thema, bei dem Trump laut Umfragen bei den Wählern Glaubwürdigkeit genießt.
Die größte Neuigkeit war ein Vorschlag für eine Steuersenkung, mit der die schwachen Unternehmensinvestitionen einen Kick bekommen sollen: Senkung des Körperschaftsteuersatzes von den heutigen, nicht wettbewerbsfähigen 35 auf nur noch 15 Prozent. Dasselbe für sogenannte Pass-through-Unternehmen, die mit dem Steuersatz von 39,6 Prozent für Privatpersonen belastet werden (tatsächlich sogar eher 44 Prozent, wenn man die von Obama geschaffenen Ergänzungen berücksichtigt).
Trump als Versicherer gegen Rezession?
Die 15 Prozent würden die USA auf einen Schlag wieder wettbewerbsfähig gegenüber den anderen Industrieländern machen, ja sogar gegenüber Irland, Singapur und Großbritannien, die mit ihrer Steuerpolitik Kapital anziehen. Der Satz ist niedrig genug, um den Anreiz zu beseitigen, Unternehmenszentralen ins Ausland zu verlagern.
Trump schlägt außerdem einen Sondersteuersatz von 10 Prozent für jene vor, die einen Teil der 2000 Mrd. Dollar in die USA zurückholen, die sie im Ausland verdient und geparkt haben. Wenn die Hälfte davon zurückkäme, würde der Staat mit der Steuer 100 Mrd. Dollar einnehmen. Das ist besser als 35 Prozent von Null.
Die Unternehmensinvestitionen sind in diesem siebenjährigen Aufschwung schwach geblieben, und sie sind in den letzten neun Monaten sogar geschrumpft. Das geschieht am Ende einer Expansion oft und die Steuersenkung von Trump ist insofern eine Art Versicherung gegen die Rezession.
Trump sagt, dass er seinen Vorschlag für die individuelle Einkommensteuer wieder etwas eingrenzt, ohne Zweifel, um die fiskalische Rechnung zu verbessern. Im vergangenen Jahr hat er vier Stufen mit einem Spitzensteuersatz von 25 Prozent vorgeschlagen. Er hat das jetzt auf 12, 25 und 33 Prozent umgestellt. Das ist mehr als wir beim Wall Street Journal gerne hätten, aber es sind dieselben drei Sätze, die von den Republikanern im Repräsentantenhaus vorgeschlagen worden sind. Es ist ein Fortschritt, wenn Trump auf die Leute hört, mit denen er künftig arbeiten müsste.
Details? Später!
Trump widersprach sich auch selbst, als er eine neue Steuererleichterung für die Kinderbetreuung vorschlug und zugleich ein einfacheres Steuerrecht versprach. Das klingt nach einer "Ivanka Trump"-Erleichterung, nachdem seine Tochter auf dem Parteitag dafür geworben hatte, arbeitenden Müttern zu helfen. Die Demokraten sagen bereits, dass der Vorschlag jenen Frauen nichts bringen wird, die keine Steuern zahlen. Es ist also nicht einmal klar, was die Idee für Trump politisch bringt.
Trump hat nicht viele andere Details genannt, er sagt, das komme später noch. Er wird dann insbesondere genauer sagen müssen, welche Steuererleichterungen er abschaffen will, um seine Steuersenkung gegen zu finanzieren. Die Tax Foundation bezifferte den Einnahmeausfall durch seinen ersten Plan auf 10.000 Mrd. Dollar über zehn Jahre. Trumps Berater sagen, dass er diese Summe Richtung 3.000 Mrd. bewegen will.
Die Kritiker sagen, dass das immer noch zu viel ist. Aber es bezieht sich auf zehn Jahre, in denen die Steuereinnahmen des Staates insgesamt über 40.000 Mrd. Dollar betragen werden. Höheres Wachstum würde einen Teil der Lücke ausgleichen. Hillary Clinton will statt dessen tausende von Milliarden an neuen Ausgaben durch eine Steuererhöhung von 1.300 Mrd. Dollar finanzieren, die zudem das Wachstum und die Steuereinnahmen reduzieren würde.
Ökonomische Agenda mit Giftpille
Trump hat ein Moratorium bei der Regulierung vorgeschlagen, und er will die Hürden für heimische Energieproduktion abbauen. Beides sind gute Ideen, und er wird sie brauchen, denn wie immer enthält seine ökonomische Agenda auch die Giftpille: Handelsprotektionismus.
Trump glaubt, dass ein Handelsdefizit gleichbedeutend mit dem Verlust amerikanischer Arbeitsplätze ist, obwohl es keine solche Verbindung gibt. Die USA haben tendenziell größere Handelsdefizite, wenn die Wirtschaft gut läuft und umgekehrt. Nach dieser Logik wäre der schnellste Weg zum Abbau des Handelsdefizits eine Rezession, aber die würde nur noch mehr Arbeitsplätze kosten.
Lebensstandard senken statt Jobs retten
Wer die Steuern an der Grenze erhöht - was auch als Zoll bekannt ist - der würde keine US-Jobs retten, aber den Lebensstandard der US-Konsumenten senken. Trumps Versprechen, US-Unternehmen für Auslandsinvestitionen zu bestrafen, könnte mehr Jobs kosten, wenn die Unternehmen der Strafe ausweichen, indem sie Aktivitäten ins Ausland verlagern. Internationale Lieferketten sind entscheidend dafür, dass Jobs in der US-Industrie erhalten werden können.
Die Frage bei Trump ist, wie sehr seine Handelsagenda die Pro-Wachstums-Agenda für die heimische Wirtschaft behindern würde. Wenn die Republikaner im Kongress seine schlimmsten Instinkte in Handelsfragen blockieren, könnte der Schaden gering bleiben. Wenn er seine exekutiven Befugnisse dazu nutzen würde, einen Handelskrieg zu führen, dann heißt es: Vorsicht. Bei dem quirligen New Yorker weiß man nie.
Das ist derselbe Zweifel, der für seine Kandidatur insgesamt gilt. Eine einzelne Rede über Wirtschaft wird jene Amerikaner nicht überzeugen, die Bedenken gegen einen Präsidenten Trump haben. Um seinen Wahlkampf wieder in Fahrt zu bringen, muss er das Thema Wachstum von jetzt an bis November Tag für Tag thematisieren.
Copyright Wall Street Journal 2016
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