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Gastkommentar Tolle Unternehmer braucht das Land

Unternehmer haben ein Image-Problem. Dabei ist das Unternehmersein der beste Job der Welt. Von Stefan Merath
Ein Leben ohne Chef bedeutet nicht nur mehr Freiheit, sondern auch mehr Verantwortung
Auf dem Chefsessel sollte ein Unternehmer aus Leidenschaft Platz nehmen
merath

Stefan Merath ist seit 1997 Unternehmer aus Leidenschaft. Seit 10 Jahren gibt er seine Erfahrungen als Unternehmercoach weiter. Merath ist Autor der Erfolgsbücher "Der Weg zum erfolgreichen Unternehmer" und „Die Kunst seine Kunden zu lieben“

Erschreckend: In einer aktuellen internationalen Studie des GFK-Vereins zum Vertrauen der Bürger in Berufsgruppen liegen Unternehmer nur auf Platz 24 von 32. Das ist ebenso niederschmetternd, wie die nur 51,1 Prozent aller Befragten, die bereit sind, ihr Vertrauen in Unternehmer zu setzen. Man möchte niemandem zu nahe treten. Aber während sich an der Spitze Feuerwehrleute, Sanitäter, Krankenschwestern und -pfleger, Piloten und Ärzte tummeln, befinden sich Unternehmer in der illustren Gesellschaft von unter anderen TV-Moderatoren, Profisportlern, Werbefachleuten, Versicherungsagenten und Politikern. Offenbar haben Unternehmer ein massives Image-Problem.

Image-Baustelle Unternehmer

In den Köpfen vieler ist der Unternehmer ein reiner Zahlenmensch, der vorwiegend auf Profit und Prozesse schaut. Menschen sind ihm nicht so wichtig, und ob sein Unternehmen etwas Sinnvolles tut, ist ihm relativ egal. Er verdient sich eine goldene Nase und feuert kalten Herzens Leute, wenn die Wirtschaft mal wieder Schnupfen hat. Richtig wehren gegen diese Vorurteile tun Unternehmer sich nicht. Fast meint man, sie wollen nicht mehr, als im Schatten des Vorurteils vor sich hin werkeln und ungestört bescheidene Gewinne einfahren.

Figure

Am Leben gehalten wird dieses Unternehmerbild auch durch die Industrie und Handelskammern (IHK). Dass alle dort Mitglied sind, weil sie es sein müssen, führt zu einer breiten Gleichschaltung, die Unternehmer in ihren Visionen beeinträchtigt. Schließlich ist sie nicht nur ein Pflicht-, sondern ein Zwangsverband. Die IHK muss es nicht nur irgendwie jedem Recht, sondern es zugleich der Politik bequem machen. Sicher sind viele ihrer Angebote auf bestimmte Art nützlich. Aber sie machen auch abhängig, weil sie so verlockend nah und billig zu haben sind.

Einmal angefixt wird jeder Unternehmer, der sich auf die Welt und die Werte der IHK einlässt, immer ängstlicher und konservativer. „Bleibe im Land und nähre dich redlich“, wird zum Wahlspruch, der als Aufdruck die Zwangsjacke ziert. „Mach dein Ding, riskier was und hau eine Delle ins Universum?“ – das ist mit der IHK mental nicht zu machen. Aber das ist es, was Unternehmer tun sollten.

Verflixt nochmal – die Leidenschaft

Wo bleibt denn sonst die Leidenschaft? Ist man nicht irgendwann angetreten, weil man kein Angestellter (mehr) sein wollte? Hatte man keine Träume, wie man die Welt mit Produkten und Services verändern und die Menschen damit glücklich machen wollte? Dass man Zwangsorganisationen und modernen Zünften angehören muss, bedeutet nicht, eine Krämerseele kultivieren zu müssen.

Unternehmer sollten sich im Kopf weder selbst beschränken noch sich von außen ausbremsen lassen. Ihr Denken sollte sich nicht im Kleinklein der täglichen Probleme erschöpfen. Dem Hamsterrad entgeht man nicht durch immer noch schnelleres Geradeaus-Rennen. Es braucht einen Ausbruch aus dem Stress, bei der der Hauptpreis eine schwarze Null am 31. Dezember ist, die ein weiteres Jahr des Überlebens markiert.

Tolle Unternehmer

Ein toller Unternehmer sitzt nicht lamentierend in TV-Talkshows. Er muss von der Politik außer vernünftigen Rahmenbedingungen keine Steuergeschenke verlangen. Auch benötigen die meisten Kleinunternehmer keine Förderprogramme – einfach, weil sie sich allein den Aufwand, an diese Töpfe zu kommen, nicht leisten wollen oder können. Aus Sicht dieser Unternehmer ist es völlig sinnlos, zuerst zu viele Steuern zu zahlen, um sie sich hinterher mit viel Arbeit über solche Programme und Subventionen wieder zurückzuholen (natürlich abzüglich des Betrags zur Finanzierung der Verwalter dieser Töpfchen). Ohnehin wird ja schon der größte Teil der Unternehmenssteuern von kleinen und mittleren Unternehmen bezahlt und das meiste davon per Subventionen und anderen Zückerchen an Konzerne ausgeschüttet.

Ein toller Unternehmer findet seine Erfüllung und verdient genug Geld dadurch, dass er seinen Kunden das gibt, was ihnen gleichermaßen nutzt wie es seinen inneren Bedürfnissen entspricht. Während aber die „Großen“ auf der Mattscheibe parlieren, drechselt die Politik im Hinterzimmer schon wieder neue Melkschemel, auf denen die Finanzverwaltungen den Mittelstand massieren.

Super-verrückt

Heute bedeutet „toll“ so viel wie „super, sagenhaft, unglaublich“, im Mittelalter bedeutete es „verrückt“. Beides passt auf den Unternehmer wie er sein sollte: Er ist herausragend, weil er positiv verrückt ist, und weil er neben Recht und Gesetz, Sitte und Anstand keine Grenzen seiner persönlichen Entfaltung akzeptiert. Er ist von der Leidenschaft getragen, seinen Herzenskunden Nutzen zu bringen. Er denkt nicht im kleinen Maßstab, sondern in Visionen, die seinen innersten Motiven folgen. Ein toller Unternehmer möchte der Welt mehr hinterlassen als nur ein Lebenswerk, das er vererben oder verkaufen kann. Er will der Welt etwas Sinnvolles schenken – nicht nur Produkte, die mit etwas Glück zu modernen Standards werden. Es geht um soziale und ökologische Errungenschaften und um Werte, die überdauern.

Ein solcher Unternehmer sucht den Schulterschluss mit anderen, um mit Ihnen gemeinsam seine Visionen wahr werden zu lassen. Er versteckt sich nicht kleinlaut im Betrieb und hofft, dass von Politik und Fiskus verschont zu werden. Er zeigt, was er tut, auch den Menschen, denen er nichts verkaufen kann. Wenn er sich versteckt – wie soll es dann jemand nachmachen? Das ist fast so, als wollte er verhindern, dass es jemanden inspiriert und Wirkung erzeugt. Ist nicht nachahmenswert, was einen selbst begeistert und mit Sinn erfüllt? Wir brauchen eine neue, frische, junge Unternehmergeneration, die Spaß an ihrem Unternehmersein hat und die sagt: „Unternehmersein ist die geilste Lebensform der Welt“.

Was alle tun können

Diese frische Unternehmergeneration gibt der Welt etwas von dem zurück, das sie von ihr erhält. Die Älteren haben bereits begonnen das zu verstehen. Die Generation Y mit ihrem natürlichen Fokus auf einem guten und verantwortlichen Leben wird sich da noch leichter tun. Unternehmer sollen verstehen, dass die Liebe zu ihren Kunden und deren Nutzen emotional weit vor den Zahlen kommt, mit denen der Steuerberater hantiert. Wenn sie die Weichen richtig stellen, kommt der wirtschaftliche Erfolg ganz natürlich von selbst.

Die Gesellschaft ist aber keine Einbahnstraße. Unternehmer können nur dann der Motor der Wirtschaft sein, wenn es politische Straßen gibt, auf denen sie ihre PS auf den Asphalt bringen können. Und sie benötigen das Vertrauen der Bürger und der Institutionen. Das allerdings muss auch verdient sein. Viel wäre für das Image des Unternehmertums gewonnen, wenn sich die vielen tollen Unternehmer, die einen wahnsinnig guten Job machen, ohne weltbekannt zu sein, mehr zeigen würden. Schon jetzt können viele mit ihrer Leistung und der Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung überzeugen. Noch mehr werden folgen. Eine neue Epoche wird anbrechen für das Unternehmersein – den tatsächlich geilsten Job der Welt.

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