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Die Stunde Null Super League: Warum die Uefa jetzt Konkurrenz bekommt

Bernd Reichart
Bernd Reichart, Geschäftsführer des Sportprojekteentwicklers A22. A22 treibt die Pläne für eine Super League im Fußball voran
© Sebastian Gollnow/dpa / Picture Alliance
Seit einem wichtigen Wettbewerbsurteil wackelt das Geschäftsmodell des europäischen Fußballs. Bernd Reichart erzählt, wie er das bisherige System angreifen will – mit einer neuen Super League 

Herr Reichart, der Europäische Gerichtshof hat am 21. Dezember ein wegweisendes Urteil gefällt, und den Fußballverbänden Fifa und Uefa ein marktschädliches Verhalten unterstellt. Co-Kläger waren Sie als Chef der Vermarktungsagentur A22, also die Agentur, die auch hinter der geplanten Super League steht. Herr Reichart, was hat das Gericht da aus Ihrer Sicht entschieden?
BERND REICHART: Das Gericht hat der Uefa nicht nur ein marktschädliches Verhalten unterstellt, sondern bestätigt, dass sie künftig nicht mehr in der Lage sein wird, Initiativen wie die unsere diskriminierend zu untersagen. Es steht Clubs nun frei, sich mit solchen Projekten auseinanderzusetzen, und den Interessen ihrer Fans Genüge zu leisten.

Die Uefa deutet das Urteil ziemlich anders, und sagt, dass das Urteil vielmehr die Uefa gestärkt habe. Warum liegen Sie mit ihren Interpretationen so weit auseinander?
Ich gehe fest davon aus, dass der Monopolist das anders betrachtet, wenn ihm seine Privilegien flöten gehen. Aber ich weiß auch, dass viele unabhängige Rechtswissenschaftler das Urteil für wegweisender betrachten als das Bosman-Urteil damals. Auch deren Relevanz wurde wahrscheinlich erst einige Monate nach dem Urteil am EuGH deutlich.

Eine Alternative, die Sie anbieten, ist die Super League. Wir erinnern uns: Im April 2021 gab es mal einen Putsch von zwölf europäischen Topvereinen, die sich von der Champions League lösen wollten, um, wohlwollend formuliert, mehr Einnahmen zu generieren. Das ist damals noch krachend gescheitert. Jetzt haben Sie wenige Stunden nach dem Urteil bereits ein neues Format für die Super League vorgestellt. Was hat es damit auf sich?
Es war damals ein Vorschlag von zwölf Klubs an die Uefa für ein alternatives Format. Dieser Vorschlag wurde von der Uefa nicht aufgegriffen, sondern sie hat den Clubs mit Sanktionen bedroht. Damals hieß es, dass auch die Spieler der zwölf Klubs nicht zur WM in Katar zugelassen werden. Das war die Reaktion des Monopolisten. Und das war ganz praktisch der Missbrauch einer dominanten Marktposition, was das Urteil auch widerspiegelt. Unser Vorschlag hat sich jetzt adaptiert. Natürlich haben wir dabei die Fan-Proteste in einigen Ländern aufgegriffen. Die Proteste richteten sich damals vor allem gegen das Konzept von dauerhaften Mitgliedern, also sozusagen unabsteigbaren Gründungsmitgliedern. Dieses Konzept haben wir direkt vom Tisch genommen, als ich dem Projekt im vergangenen Jahr beigetreten bin. Wir haben zuletzt mit vielen europäischen Klubs und Stakeholdern daran gearbeitet, einen Lösungsvorschlag zu entwickeln, der die Probleme im europäischen Fußball adressiert. Man kann diese Probleme entweder verneinen oder sagen: „Es ist alles in bester Ordnung“ – so, wie die Uefa es macht. Oder man kann an Vorschlägen arbeiten. Wie auch immer: man muss die Clubs zumindest in die Lage bringen, dass sie selbst über ihre Zukunft entscheiden dürfen. Denn sie sind es, die jede Art von Innovation umsetzen und das unternehmerische Risiko tragen. In den nationalen Ligen funktioniert das schon. Auf europäischer Ebene war das bis vor zwei Wochen anders. Das wird sich in Zukunft ändern.

Im Nachgang haben sich etliche Vereine wie der FC Bayern oder Borussia Dortmund gegen die Super League ausgesprochen. Es scheint doch so, dass die Vereine die Super League gar nicht wollen. Was für ein Feedback haben Sie denn Ihrerseits bekommen?
Erst mal müssen die Klubs verstehen, wie ihnen das Urteil jetzt in die Hände spielt. Deshalb haben viele von ihnen jetzt auch Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Dadurch werden sie feststellen, wie viel Souveränität und Gestaltungsspielraum sie gewonnen haben. Das ist das Erste, was passieren wird. Zweitens gab es zum Teil Statements, die sich noch mal auf den Vorschlag von 2021 bezogen haben. Der ist ja längst vom Tisch. Und drittens haben viele Statements abgegeben, in denen das Wort Super League gar nicht aufgetaucht ist. Die wollten das Thema kurz vor Weihnachten erst einmal ins Aus spielen. Wir setzen uns gerade mit Vereinen zusammen und sprechen über unsere Rolle: Wie ist die? Was sind die wirtschaftlichen Parameter? Wie soll unsere Plattform aussehen, auf der wir die Super League kostenlos zeigen wollen? All das sind Fragen, über die wir jetzt sehr verheißungsvoll sprechen. 

Sind denn mittlerweile neue Vereine dabei?
Wir halten den Verantwortlichen keinen Vertrag unter die Nase, und sagen: bitte unterschreibt, wir wollen gleich eine schicke Pressekonferenz machen. Darum geht es uns nicht. Wir halten Wort, wenn jemand um unverbindliche, informative Gespräche bittet. Ich habe bislang noch keinen Tweet von einer Geschäftsstelle abgesetzt, nur um zu zeigen, dass ich jetzt da war. Und das mache ich auch weiter nicht.

Hören Sie das Interview mit Reichart in der neuen Folge von „Die Stunde Null“  

Alle Folgen finden Sie direkt bei RTL+, Apple oder Spotify oder via Google. 

Transparenzhinweis: Bernd Reichart war vor seiner Zeit bei A22 CEO beim Medienkonzern RTL Deutschland, zu dem auch Capital gehört.

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