Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck reiste am vergangenen Freitag selbst ins Saarland, um die frohe Kunde persönlich zu überbringen: Nach Thyssenkrupp und dem Salzgitter-Konzern kommt auch die Stahl-Holding-Saar in den Genuss von vielen Hundert Millionen Subventionen für einen klimafreundlichen Umbau ihrer Anlagen. Die „grüne Transformation“ der Stahlindustrie stehe „exemplarisch“ für den Strukturwandel in dem Bundesland und werde eine „große Strahlkraft“ in ganz Deutschland entfalten, verkündete Habeck bei dieser Gelegenheit. Wenn demnächst auch noch der Arcelor-Mittal-Konzern seinen Förderbescheid bekommt, hängt die gesamte deutsche Stahlindustrie für die nächsten Jahrzehnte am Tropf des deutschen Staats. Bis 2041 sind bereits 23 Mrd. Euro eingeplant. Und danach dürfte es weitergehen.
Im freien globalen Wettbewerb mussten sich die deutschen Stahlkonzerne noch nie bewähren. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs durften sie sich als Kartell organisieren, in der Europäischen Union (EU) genoss sie von Anfang an einen besonderen Schutz gegen ausländische Konkurrenten, mit Anti-Dumping-Klagen hielt sie die asiatischen Hersteller fern und nun dient die Umstellung auf grünen Stahl als Argument, um eine neue hohe Mauer um die Unternehmen zu errichten. Wer künftig weiterhin herkömmlich erzeugten Stahl in die EU importiert, muss einen Sonderzoll bezahlen. Die findige Brüsseler Bürokratie nennt es euphemistisch einen „Anpassungsmechanismus“. Und wirft gleich den Kampfbegriff vom „schmutzigen Stahl“ hinterher, um Protektionismus als Kampf des absolut Guten gegen das Böse zu überhöhen.
Subventionen machen faul
Die entscheidende Frage kann niemand in Berlin oder Brüssel beantworten: Wenn der neue Subventionszyklus irgendwann endet (wenn er überhaupt jemals endet) – wie wird die deutsche Stahlindustrie dann im globalen Wettbewerb dastehen? Alle anderen Hersteller rüsten weltweit auch auf „grünen Stahl“ um, wenn auch in unterschiedlichem Tempo. Und viele dieser Konzerne dürften künftig sehr viel günstiger „grünen Stahl“ produzieren als ihre deutschen Konkurrenten. Man muss nur nach Skandinavien blicken, wo schon ab 2025 klimaneutrale Werke ihre Arbeit aufnehmen – dank üppig vorhandener natürlicher Energieressourcen mit einem großen Wettbewerbsvorteil.
Die deutschen Konzerne müssten sich also recken und strecken, um in Zukunft mithalten zu können. Wenn man allerdings die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte fortschreibt, dann werden sie sich wohl eher zurücklehnen. Subventionen machen faul. Und die Manager der Stahlindustrie sind keine Ausnahme von der Regel. Für sie hat sich in den letzten beiden Jahren wieder einmal bestätigt, dass im Zweifel immer der Staat einspringt. Ihrem inneren Zustand tut diese Erfahrung nicht gut. In kaum einer anderen Branche ist so viel Geld verbrannt worden wie in dieser. Dass sich ein Konzern wie Thyssenkrupp, der seit seiner Gründung in der Dauerkrise steckt, mitten im ganzen Desaster eine neue Konzernzentrale für eine halbe Milliarde Euro an Baukosten spendierte, zeigt den ganzen Wahnsinn dieser Mentalität. Ob man wohl bald an einem anderen Konzernsitz ein Robert-Habeck-Gedächtnis-Kasino baut?