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USA-Europa So wollen die EU und die USA ihre Beziehungen reparieren

EU-Ratspräsident Chares Michel begrüßt US-Präsident Joe Biden beim EU-Gipfeltreffen.
EU-Ratspräsident Chares Michel begrüßt US-Präsident Joe Biden beim EU-Gipfeltreffen.
© European Council
Die Zeichen stehen auf Neustart: Die EU und Washington wollen ihr Verhältnis sanieren. Bei einer Reihe von Themenfeldern zeichnen sich Gemeinsamkeiten ab

Der letzte US-Präsident, der mit den EU-Staats- und Regierungschefs das Gipfel-Dinner teilen durfte, war Barack Obama. Elf Jahre später ist es nun Joe Biden, der zu der Runde hinzustößt– wenn auch nur im Video-Call. Trotzdem ist es ein starkes Signal, wie wichtig die Beziehung beiden Seiten ist. Bidens Außenminister Antony Blinken verbringt bereits vier Tage in Brüssel. Die Zeichen stehen gut: Beide Seiten wollen das transatlantische Verhältnis neu aufbauen. Der vielfach beschworene "Neustart" ist da.

Biden wollte mit der EU über die Beziehungen der Europäer zu China und Russland sprechen. Das Thema ist heikel und birgt viel Zündstoff. Für die Europäer war hingegen die Versorgung mit Impfstoff das eigentlich brennende Gipfel-Thema. Eine Gelegenheit also, den US-Exportstoff für Corona-Impfstoffe anzusprechen, den noch Bidens Vorgänger Donald Trump im Herbst 2020 verhängt hat. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wollte über eine bessere Kooperation bei der Impfstoffversorgung reden. Biden scheint dazu bereit. Dennoch ist sich hier noch jeder selbst der Nächste.

Es sei höchste Zeit, dass beide Seiten des Atlantiks wieder als Gemeinschaft zusammenkämen und ein neues Kapitel aufschlagen, betonte von der Leyen vor dem Gipfel bei einer Transatlantik-Konferenz der amerikanischen Handelskammern. Schließlich seien die transatlantischen Beziehungen „das pochende Herz der globalen Zusammenarbeit“. Man spreche die gleiche Sprache, was eine faire Kooperation, das freie Unternehmertum und eine wissenschaftsbasierte Politik angehe – dies alles auf der Grundlage gemeinsamer Werte.

Das sind starke Worte. Die EU ist der weltweit größte Binnenmarkt und besitzt so beträchtliche Regulierungsmacht. Gesellen sich die USA dazu, so auch die Botschaft der transatlantischen Handelskonferenz, sei man gemeinsam unschlagbar – insbesondere gegenüber einen immer stärker werdenden Rivalen wie China. Mit einem gemeinsamen Vorgehen sei viel mehr zu erreichen, als wenn die USA und die EU gegeneinander arbeiteten. Von der Leyen unterstrich, seit Bidens Amtsantritt im Januar werde sich schon intensiv ausgetauscht.

Gewaltig verflochten

Dass keine zwei Wirtschaftsräume in dieser Welt so eng miteinander verflochten sind, macht auch die jüngste Studie „The Transatlantic Economy 2020“ deutlich, die für die Handelskammern erstellt wurde. Daniel Hamilton von der Johns Hopkins University and Joseph Quinlan vom Woodrow Wilson International Center zeigen darin, wie gut Amerikaner auf dem EU-Markt von 450 Millionen Verbrauchern Geschäfte machen, und Europäer in den USA. Wichtigster Gradmesser: 64 Prozent aller Auslandsinvestitionen (FDI) in den USA stammen zuletzt aus EU-Staaten, umgekehrt flossen 60 Prozent der amerikanischen FDI nach Europa (2019), fast viermal so viel wie in den Asien-Pazifik-Raum.

Wie die Studie zeigt, zogen wegen Trumps Steuerreform US-Firmen 2019 zwar 47 Mrd. Dollar aus Europa ab, es wurden zugleich aber 56 Mrd. Dollar in die EU investiert. Bis September 2020 waren es wiederum 55 Mrd. Dollar, während nur 8 Mrd. Dollar nach Asien flossen, davon 1,2 Mrd. nach China und 2,1 Mrd. in die BRIC-Staaten.

Zusammen stellen die Blöcke 27 Prozent der globalen Exporte und 32 Prozent aller Importe. In Europa angesiedelte US-Firmen verkaufen dort laut der Studie doppelt so viel wie US-Unternehmen in Asien. Wohl sei in Europa das Einkommen in den ersten neun Monaten um 15 Prozent auf etwa 254 Mrd. Dollar gefallen, in China aber seien in dem Zeitraum nur 7,1 Mrd. Dollar umgesetzt worden.

Die Autoren warnen davor, die Bedeutung der Partnerschaft allein vom Warenaustausch abzuleiten. So sei nach Eurostat-Zahlen China inzwischen der wichtigste Handelspartner der EU. Das sei aber nur die halbe Wahrheit. Tatsächlich sei die Autobahn zwischen der EU und China vor allem für Waren und nur zweispurig, und der Bau einer dritten Spur – das jüngst geschlossene Investitionsabkommen – „problembeladen“. Die transatlantische Autobahn hingegen verbinde die wichtigsten Wirtschaftspartner auf zwölf Spuren für Waren und Dienstleistungen, digitale Services sowie Forschung und Entwicklung. „Wir hatten einige Unfälle auf dieser Autobahn in den vergangenen Jahren“, sagte Hamilton. „Aber jetzt können wir wieder in die Spur kommen.“

Bei einigen Themen bahnt sich ein Neustart an. Das sind die wichtigsten:

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