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Interview mit Tucker Carlson Putin wirft CIA die Sprengung von Nord Stream vor – und preist Trump

Am Dienstag hatte US-Moderator Tucker Carlson den russischen Präsidenten Wladimir Putin interviewt. Am Donnerstagabend US-amerikanischer Zeit wurde das Gespräch veröffentlicht.
Am Dienstag hatte US-Moderator Tucker Carlson den russischen Präsidenten Wladimir Putin interviewt. Am Donnerstagabend US-amerikanischer Zeit wurde das Gespräch veröffentlicht.
© SNA / IMAGO
Über zwei Stunden lang hat Tucker Carlson den russischen Präsidenten interviewt. Wladimir Putin darf in dem Gespräch krude Thesen zum Ukraine-Krieg ohne Widerworte präsentieren. Nur an einer Stelle geht Carlson auf Konfrontation

Tucker Carlson und Wladimir Putin sprechen bereits seit über 70 Minuten miteinander, als der Moderator den russischen Präsidenten nach Deutschland und dem Anschlag auf die Ostsee-Pipeline Nord Stream fragt. „Die Deutschen wissen, dass die NATO-Partner es getan haben“, behauptet der frühere „Fox-News“-Moderator. „Warum schweigen die Deutschen, warum sagen sie nichts?“

Der russische Präsident lacht und sagt: „Das verwirrt mich auch.“ Deutschlands Führung werde von den Interessen des kollektiven Westens gesteuert und nicht von den eigenen nationalen Interessen, erklärt Putin. Carlson hat schon häufiger behauptet, die Vereinigten Staaten hätten die Röhren von Nord Stream 1 und 2 gesprengt. Die Ansichten des Moderators sind also nicht neu. Dass er seine Thesen mit dem russischen Staatspräsidenten diskutiert, sehr wohl.

Putin nutzt die Gelegenheit, um die CIA für den Anschlag verantwortlich zu machen. Der amerikanische Auslandsgeheimdienst hätte daran ein Interesse gehabt und die Fähigkeiten dazu. Das eint Putin und Carlson: Sie stellen wilde Thesen auf und liefern keine Beweise.

Über zwei Stunden haben die beiden Männer am Dienstag dieser Woche im Kreml gesprochen. Zwei Tage später veröffentlichte Carlson das Gespräch in voller Länge und nach eigenen Angaben ungeschnitten auf seiner Homepage sowie auf Elon Musks Social-Media-Plattform X. Carlson hatte das Interview zuvor mit der Behauptung angekündigt, dass kein westliches Medium noch das Gespräch mit Putin suche – das ist falsch. Putin hat Gesprächsanfragen westlicher Medien seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine vor knapp zwei Jahren nicht mehr angenommen. Für Carlson machte er nun eine Ausnahme und erzeugte so ein großes internationales Interesse an dem Interview.

Das Gespräch beginnt mit langen Ausführungen Putins zur Geschichte Russlands und der Ukraine. Darin versucht er zu argumentieren, weshalb es sich bei Russen und Ukrainern aus seiner Sicht um ein Volk handelt. Der russische Präsident trägt diese Gedanken seit Jahren vor, sie sind die gedankliche Grundlage für den Angriff auf die Ukraine.

Putin bezeichnet die „Maidan-Revolution“ in der Ukraine im Jahr 2014 als einen „Putsch“, der ihn zum Handeln gezwungen habe. „Die Ukraine stellte eine Gefahr für die Krim da, die wir unter unseren Schutz stellen mussten.“ Seitdem gehe es um die Entnazifizierung der Ukraine. Carlson interveniert an der Stelle nicht. Er hätte darauf verweisen können, dass es eine Frage der inneren Angelegenheit der Ukraine war und ist, wer sie regiert. Er hätte sagen können, dass ein Putsch in der Regel meint, dass das Militär gewählte Politiker absetzt. Er hätte sagen können, dass das in der Ukraine aber nie geschehen ist. Vielmehr führten friedliche Proteste zu einer Revolution, wodurch sich die damalige Regierung nicht mehr halten konnte.

Putin lobt sein persönliches Verhältnis zu Donald Trump

All das sagt Carlson nicht. Stattdessen macht er sich zum Stichwortgeber des russischen Präsidenten. „Haben Sie jemals den US-Präsidenten angerufen und gesagt: Wenn ihr die Ukraine weiter mit NATO-Truppen militarisiert, werden wir handeln?“ Im Jahr 2014 hatten die USA Soldaten als Ausbilder in die Ukraine entsandt, um lokale Kräfte zu schulen. Die Behauptung Carlsons, die NATO hätte zur damaligen Zeit eine militärische Präsenz in der Ukraine aufgebaut, ist falsch.

Vor dem Interview wurde spekuliert, ob Putin Dinge sagen würde, die den amerikanischen Wahlkampf durcheinanderbringen könnten. Tucker Carlson fragt in dem Gespräch, ob mit einem anderen Präsidenten im Weißen Haus schneller Frieden möglich sei. Putin antwortet zunächst ausweichend, es gehe vor allem um die Persönlichkeit eines US-Präsidenten. Schließlich berichtet er von George W. Bush, mit dem er eine „sehr gute Beziehung“ gehabt habe. „Ich hatte eine solche Beziehung auch mit Trump“, sagt Putin. Es ist ein kurzes, aber demonstratives Lob des russischen Präsidenten.

Carlson will in dem Gespräch auch wissen, ob Putin bereit sei, Polen anzugreifen. Der russische Präsident verneint das, sein Land habe kein Interesse an Polen, Lettland oder anderen. „Nur in einem Fall“ könne er sich eine militärische Auseinandersetzung vorstellen – „wenn Polen Russland angreift“. Danach behauptet Putin, es würden bereits Söldner aus Polen, den USA und Georgien in der Ukraine kämpfen. „Wenn jemand reguläre Truppen schickt, führt das die Menschheit an den Rand eines globalen Konfliktes. Das ist offensichtlich.“ Tatsächlich gab es immer mal wieder vereinzelte Berichte über ausländische Söldner in der Ukraine, auch aus Polen. Offizielle Bestätigungen gab es dafür nie.

Am Ende des Interviews spricht Carlson das Schicksal des Reporters Evan Gershkovich vom Wall Street Journal an. Gershkovich wurde im März 2023 aufgrund des Vorwurfs der Spionage verhaftet. Putin wiederholt die Anschuldigung. Carlson hält dagegen, mehrfach sogar, Gershkovich sei kein Spion. Es ist die einzige Passage in dem gesamten Interview, in der der Moderator dem russischen Präsidenten deutlich widerspricht. Putin stellt schließlich Verhandlungen über eine Freilassung in Aussicht – und Tucker Carlson appelliert: „Ich hoffe, Sie lassen ihn gehen.“

Der Beitrag erschien zuerst auf stern.de

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