CAPITAL: Das Produkt Ihres Unternehmens ist im Grunde möglichst reines Gold. Wie machen Sie das?
PHILIPP REISERT: Wir sammeln in ganz Europa edelmetallhaltige Abfälle und zerlegen die dann in ihre Bestandteile. Also in Bestandteile wie Gold, Silber, Platin oder Palladium. Das ist ein chemischer oder pyrolytischer Prozess, je nach Qualität des Abfalls. Die restlichen Metalle wie Kupfer oder Zink werden an Hütten weitergegeben und recycelt.
Wie sammeln Sie denn diese Materialien, wie kommen Sie daran?
Da geht es um Industrieabfälle, um Restmaterialien von Goldschmieden, aber auch die berühmten Goldaufkäufer, die Gold ankaufen und die man von der Straße kennt. Wir haben Lieferanten, die uns das schicken. Die entscheiden sich für uns, und wir organisieren dann die Logistik. Das ist ein wichtiger Punkt, weil das ja sehr wertvolle Stoffe sind.
Gold ist diesen unruhigen Zeiten ja eine gefragte Wertanlage, der Goldpreis geht seit Jahren nach oben. Was bedeutet das für Ihr Geschäft?
Zunächst einmal treibt ein hoher Goldpreis auch das Recycling nach oben, weil es sich dann für Abfall erzeugende Betriebe mehr lohnt, ihr Edelmetall einzuschmelzen. Zugleich ist es auch für Privatpersonen attraktiver, altes Gold abzugeben.
Aber der Ankauf wird dann für Sie doch auch deutlich teurer?
Das ist richtig, aber wir sichern unsere Positionen eigentlich immer physisch ab. Das heißt, wenn ich ein Kilogramm einkaufe, dann verkaufe ich auch zugleich immer ein Kilo. Unsere Bilanz an Edelmetallen ist immer ausgeglichen. Damit ist der Goldkurs für uns eigentlich irrelevant, was den An- und Verkauf angeht. Aber natürlich treibt es das Geschäft, und hohe Volatilitäten sind gut für die Marge.
Wie entwickelt sich denn die Nachfrage bei Ihnen?
Das ist eine interessante Frage. Einerseits ist die Nachfrage hoch, das schlägt sich ja ganz offenkundig in den Preisen wieder. Andererseits gibt es Industriezweige, für die der hohe Goldkurs absolutes Gift für die Nachfrage ist. Das gilt zum Beispiel für den Bereich Zahnmedizin und andere medizinische Produkte. Je teurer das Material desto interessanter werden Alternativen. Die Nachfrage, die wir jetzt sehen, kommt daher tendenziell eher aus dem Investment-Bereich.
„Bei Risiko-Lieferanten beenden wir die Geschäftsbeziehung“
Sie legen großen Wert darauf, dass das Gold, dass Sie weiterverarbeiten, nicht frisch aus Minen stammt. Warum ist das so wichtig?
Das ist schon von den Kunden getrieben. Ein großer Anteil unseres Goldes geht in Luxusgüter. Und die Luxusgüterkonzerne wie Richmond, Kering oder Louis Vuitton legen extrem viel Wert darauf, dass die Lieferkette transparent ist. Ein Luxusgut wird ja aufgeladen durch Bekanntheit, durch besondere Geschichten, durch Begehrlichkeiten. Wenn da Probleme in der Lieferkette auftreten, weil zum Beispiel in der Mine Kinderarbeit an der Tagesordnung ist, wäre das für die Marke absolut tödlich. Also legen sie Wert darauf, wo sie ihr Edelmetall herbekommen.
Und das wissen Sie beim recycelten Edelmetall besser als bei Minen-Material?
Es hat einen gewissen Vorteil, ja. Wir kennen unsere Quellen sehr gut. Jeder Lieferant wird einmal im Jahr einem Auditing unterzogen, wir haben ein stringentes Monitoring und überprüfen die Kunden vor Ort. Das wird auch dokumentiert und extern zertifiziert. Bei Risiko-Lieferanten beenden wir die Geschäftsbeziehung.
Der Wert des Goldes ist ja seit je her stark von einem Mythos geprägt. Können Sie als Materialverwerter diesen Mythos eigentlich nachvollziehen?
Dieser Mythos besteht ja seit dreieinhalb Tausend Jahren, vom Schmuck bis zum Münzwesen. Das entscheidende ist: Gold ist von der Menge her begrenzt, trotzdem gibt es noch so viel im Umlauf, dass es für die Menschen als Anlage interessant ist. Und wenn in anderen Anlageklassen Totalverlust droht, kann Gold als Bestandanlage interessant sein. Natürlich ist das psychologisch getrieben. Aber das spielt ja an der Börse und in der Vermögensbildung oft eine Rolle.
Hören Sie in der neuen Folge von „Die Stunde Null“
- Warum der Goldanteil im Schmuck eine abnehmende Rolle spielt
- Wie oft versucht wird, bei der Herkunft des Goldes zu tricksen
- Wie hoch der Goldanteil bei der Vermögensbildung nach Ansicht Reiserts sein sollte
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