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Kolumne Platzverweis für den VIP-Aktionär

Die Krupp-Stiftung verliert ihre Sperrminorität bei ThyssenKrupp. Es wurde auch Zeit, dass die Spielzüge dieses Abstiegskandidaten nicht mehr von einem VIP-Aktionär diktiert werden können. Von Jenny von Zepelin
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Jenny von Zepelin (ehem. Genger ) schreibt jeden Donnerstag an dieser Stelle über Unternehmensführung, Netzwerke und Karrierethemen

Mehr als 250.000 Aktionäre halten Anteile an ThyssenKrupp. Diese Investorengemeinde könnte locker drei Mal die nahegelegene Signal-Iduna-Arena füllen – Heimstatt von Borussia Dortmund. Zu La-Ola-Wellen animiert der Vorstand um Heinrich Hiesinger seine Anhänger allerdings nicht. Die Papiere des Essener Dax-Konzerns dümpeln um die 17 Euro, weit entfernt von den Höchstständen von mehr als 40 Euro vor gut fünf Jahren. Hiesinger arbeitet seit Anfang 2011 an einer besseren Aufstellung, aber es zeichnet sich einfach nicht ab, dass er seine Mannschaft auf Topliga-Niveau bekommt.

Warum sollte es da einem einzelnen Aktionär gestattet sein, von der beheizten VIP-Loge aus Spielzüge zu diktieren?

Der Logenplatz ist in der altehrwürdigen Villa Hügel, dem Sitz der nach Alfried Krupp von Bohlen und Halbach benannten Stiftung. Der letzte persönliche Eigner hinterließ nach seinem Tod 1967 sein gesamtes Vermögen der Stiftung, über die der traditionsreiche Konzern in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt wurde. Seither ist etwa in den 70er-Jahren der iranische Staat eingestiegen, hinzu kamen zahlreiche Kleinaktionäre und institutionelle Anleger wie die schwedische Fondsgesellschaft Cevian, die ihren Anteil von derzeit rund sechs Prozent weiter aufstocken und ihre Macht als zweitgrößter Gesellschafter damit ausbauen will.

Der Konzern gehört allen Aktionären

Die Krupp-Stiftung hatte ihren Anteil erst 2006 auf gut 25 Prozent erhöht und sich damit eine Sperrminorität gesichert. Damit können Minderheitsgesellschafter wichtige Abstimmungen etwa zu Übernahmen, Liquidationen oder Aufsichtsratsbesetzungen torpedieren, für die eigentlich Zweidrittelmehrheiten notwendig sind. Das ist absolut konform mit geltendem Aktienrecht, aber auch absolut antiquiert und anachronistisch.

Die ThyssenKrupp AG gehört allen Aktionären und sie ist so schwer angeschlagen, dass sie dringend zusätzliches Geld der Anleger braucht. Die gerade beschlossene Kapitalerhöhung über knapp 900 Mio. Euro dürfte bei den drückenden Milliardenbelastungen nicht die letzten Infusion gewesen sein. Die Stiftung zieht da nicht mit, wodurch ihre Beteiligung auf 23 Prozent schrumpft.

Die Sperrminorität, die dem im Sommer verstorbenen, langjährigen Stiftungsvorsitzenden Berthold Beitz, zum Schutz vor Übernahmen so wichtig war, hat sie damit verloren. Das ist auch gut so. Zumal das Sonderrecht in diesem Fall ohnehin mit einer seit Jahrzehnten gewachsenen dominierenden Einflussnahme dieses Minderheitseigners einhergeht. Die eklatante Schieflage des Konzerns hat die Stiftung jedoch nicht verhindert.

Der Platzverweis des VIP-Aktionärs war überfällig. Und der als Hoffnungsträger eingewechselte Vorstandschef Hiesinger muss im Sinne aller Anleger zusehen, dass er die Verlustserie unterbricht. Wenn ihm in absehbarer Zeit mit der bisherigen Aufstellung kein Sieg gelingt, droht ihm der Abstieg in die Regionalliga und der Ausverkauf der wertvollsten Mannschaftsstützen.

E-Mail: zepelin.jenny@capital.de

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