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Capital erklärt Payment For Order Flow: So schwer würde ein Verbot Robinhood treffen

Börse für alle: Am Tag des Robinhood-IPO warb die Trading-App Ende Juli mit Schildern an der Wall Street
Börse für alle: Am Tag des Robinhood-IPO warb die Trading-App Ende Juli mit Schildern an der Wall Street
© Spencer Platt / Getty Images
Die US-Börsenaufsicht SEC denkt über ein Verbot der Praxis „Payment for Order Flow“ nach, über die sich Broker wie Robinhood finanzieren. Wie schwer ein Verbot die Trading-App treffen würde und wie sie ein Verbot umgehen könnte

In unserer Reihe Capital erklärt geben wir einen komprimierten Überblick zu aktuellen Wirtschaftsthemen. Diesmal: Trading-Apps und die Gamestop-Rally – mit Redakteur Caspar Tobias Schlenk, der bei Capital und Finance Forward über Fintechs und Start-ups schreibt

Noch mal kurz erklärt: Wie funktioniert Payment for order flow (PFOF)?

Anstatt für jeden Aktienkaufeine Kommission zu erheben, nehmen Broker wie Robinhood die Aufträge der Nutzer gebührenfrei entgegen und leiten sie an sogenannte Market Maker wie große Wertpapierhäuser oder Hedgefonds weiter. Diese Market Maker wickeln die Order dann auf ihren eigenen Handelsplätzen ab und bieten meist günstigere Konditionen als eine Börse. Von ihrem kleinen Gewinn, der sich aus dem Unterschied zwischen Ankauf- und Verkaufspreis ergibt, behalten sie dann einen Teil ein, ein weiterer Teil wird an Broker wie Robinhood rückvergütet.

Wie gefährlich wäre ein Verbot von Payment For Order Flow für Robinhood?

Wenn ein solches Verbot wirklich kommt, dann würde es Robinhood hart treffen, denn Payment For Order Flow macht den Kern des Geschäftsmodells der Trading-App aus. Zuletzt hat sich aber gezeigt, dass der Anteil etwas gesunken ist: Im zweiten Quartal hat das Geschäft mit Aktien und Optionsscheinen rund 38 Prozent ausgemacht . Abgesehen davon verdient Robinhood auch noch abseits von PFOF.

Welche anderen Geschäftszweige hat Robinhood denn noch?

Robinhood hat neben PFOF nach eigenen Angaben vier weitere Einnahmequellen . Eine davon ist die Premium-Funktion „Robinhood Gold“, die zum Beispiel größere Sofort-Einlagen oder Zugriff zu Marktanalysen bietet. Daneben gibt es noch verschiedene Gebühren zum Beispiel in Höhe von 20 Dollar für einen Depot-Papierauszug oder in Höhe von 75 Dollar für den Depot-Wechsel zu einem anderen Broker. . Ein weiterer Bereich, der in den letzten Monat stark zulegt hat, ist der Handel mit Kryptowährungen. Im zweiten Quartal verzeichnete Robinhood hier rund 41 Prozent der Umsätze – und damit mehr als bei Aktien und Optionsscheinen.

Träfe das Verbot eigentlich nur Robinhood?

Nein, sondern auch traditionelle Broker. In den USA sind das zum Beispiel Charles Schwab oder TD Ameritrade. Aber auch deutsche Anbieter wie Trade Republic bekommen eine Rückvergütung – in dem Falle vom Wertpapierhaus Lang & Schwarz. Gleichzeitig steht nicht nur die SEC der Praxis skeptisch gegenüber. Zuletzt hat die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA gefordert, dass die Neobroker ihr Geschäftsmodell und damit unter anderem auch PFOF zum Anlegerschutz transparenter machen müssen.

Die Methode ist ja schon länger in der Kritik. Ist sie denn wirklich so verwerflich?

Grundsätzlich ist das nicht verwerflich, so lange die Anleger keine höheren Preise für die Aktien oder Optionen zahlen müssen. (Der ehemalige Goldman-Sachs-Banker Matt Levine hat die Praxis anschaulich in seiner Bloomberg-Kolumne erklärt). Allerdings sehen Aufsichtsbehörden wie die SEC und die ESMA bei den Neobrokern Risiken für einen Interessenkonflikt. So könnten Broker nicht die Market Makern mit den besten Konditionen für Anleger beauftragen, sondern die mit den höchsten Rückvergütungen. Sie befürchten also, dass Anleger bei Neobrokern zu viel für ihre Aktien bezahlen. Untersuchungen der Stiftung Warentest haben dafür in Deutschland bisher aber keine Anhaltspunkte gefunden. Eine weitere Sorge lautet, dass die Market Maker sogenanntes Frontrunning betreiben, weil sie aus den Anlegerdaten frühzeitig Kursentwicklungen ableiten und ihre Handelsstrategien anpassen. Diese Praxis ist allerdings illegal.

Wie könnte Robinhood reagieren, wenn Payment for Order Flow wirklich verboten wird?

Robinhood könnte versuchen, die Aufgabe der Market Maker selbst zu übernehmen und an einem eigenen Handelsplatz direkt von Anlegern zu kaufen und an andere Anleger zu verkaufen. Während seiner Roadshow vor dem Börsengang im Juli hat Robinhood das auch schon gegenüber Investoren in Erwägung gezogen. Gleichzeitig könnte sich Robinhood auch stärker auf das Geschäft als Kryptobroker konzentrieren, wo die Kontrolle durch die SEC weniger stark ausgeprägt ist.

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