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Gastkommentar Milliarden Gründe für die Finanzsteuer

Milliardeneinnahmen locken die Politik, aber ihr eigentliches Ziel verfehlt die Finanztransaktionssteuer. Von Andreas Buschmeier
Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer würde den Finanzplatz Frankfurt treffen
Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer würde den Finanzplatz Frankfurt treffen
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Andreas Buschmeierist promovierter Volkswirt und Professor an der BA Fulda. Seit 2003 unterstützt er mit buschmeier-consulting Unternehmen bei ihrer Finanzkommunikation und ihrem Rating. Außerdem war er als Berater der europäischen Bankaufsichtsbehörden und der Bundesregierung tätig. Er betreibt den Blog "All about Banking"

Bekanntermaßen befürwortet die SPD seit längerem die Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Um diesen politischen Wunsch wissenschaftlich unterlegen zu können, beauftragte die SPD-Bundestagsfraktion das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) mit einem Gutachten zu den fiskalischen und ökonomischen Auswirkungen der Einführung dieser Steuer.

Das Ergebnis der DIW-Studie: bis zu 45 Mrd. Euro könnte Deutschland an zusätzlichen Steuern einnehmen. Kein Wunder, dass die SPD dies als „sinnvoll, machbar und überfällig“ betrachtet. Für die europäischen Sozialisten und Sozialdemokraten ist die Finanztransaktionssteuer ein zentrales Projekt und die Studie liefert die passenden Gründe. Ein wesentliches Argument war immer, über diesen Weg die Finanzbranche an den Kosten der Schuldenkrise zu beteiligen. Aussagen zu den ökonomischen Auswirkungen finden sich übrigens nicht in der Pressemitteilung der SPD-Fraktion.

Finanztransaktionssteuer belastet Banken nicht

Der Modell-Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, alle Wertpapiergeschäfte zu besteuern. Bei Aktien- oder Anleihegeschäften zahlen sowohl Käufer als auch Verkäufer je 0,1 Prozent, bei Derivaten beträgt der Steuersatz 0,01 Prozent. Es handelt sich also keineswegs um eine Steuer für die Finanzbranche, sondern Käufer und Verkäufer von Wertpapieren werden belastet. Die Bank agiert lediglich als Außenstelle des Finanzamts, indem sie die Steuer für die Träger der Steuerlast abführt – wie bereits üblich bei Kapitalertragsteuer samt Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer.

Sie sparen mit einem Fonds monatlich 50 Euro für Ihre Altersvorsorge? Dann überweisen sie zukünftig 50,05 Euro. Und da der Verkäufer auch belastet wird, haben Sie Anteile in Höhe von 49,95 Euro erworben. Zusätzlich unterliegen alle Käufe und Verkäufe, die dieser Fonds für Sie als Anleger tätigt, natürlich auch der Finanztransaktionssteuer. Allein durch den Verkauf eines Papiers und den Kauf eines neuen Papiers ist Ihr Anteil 0,2 Prozent weniger wert. Außerdem sind aktiv gemanagte Fonds dafür bekannt, häufige Umschichtungen innerhalb des Fonds vorzunehmen, um ihre Erträge zu steigern. Das macht die dringend notwendige zusätzliche private Altersvorsorge wesentlich unrentabler.

Die Finanztransaktionssteuer ist selbstverständlich genauso wenig eine Belastung für die Finanzbranche, wie die Mehrwertsteuer eine Steuerbelastung für den Handel ist. Aber es klingt gut und Banken können die Wähler momentan ohnehin nicht leiden. Und besonders gut klingen natürlich 45 Mrd. Euro zusätzliche Steuereinnahmen in den Ohren der Politik.

Nimmt man die Begründung der Sozialdemokraten ernst, dass die Verursacher der Krise an deren Kosten beteiligt werden müssten, sollten zunächst die Kosten bestimmt werden, die die deutsche Finanzbranche verursacht hat. Wurde dieser Betrag durch die Finanztransaktionssteuer eingenommen, sollte sie danach wieder abgeschafft werden. Das hat in der Vergangenheit ja immer gut funktioniert etwa beim Solidaritätsbeitrag oder der Sektsteuer.

Steuer darf nur die Finanzbranche treffen

Unbestritten treten Banken in ihrem Eigenhandel als Käufer oder Verkäufer von Wertpapieren und Derivaten auf. Eine zielgenaue Besteuerung dieser Geschäfte wäre gut möglich. Alle Geschäfte, denen kein Kundenauftrag zu Grunde liegt, sind Eigengeschäfte der Banken und damit steuerpflichtig. Könnte das DIW bitte mal ausrechnen, wie hoch die Steuereinnahmen wären, wenn tatsächlich nur die Finanzbranche und nicht alle Käufer und Verkäufer belastet würden. Die Einnahmen aus dieser Steuer würden zwar wesentlich geringer ausfallen, aber zumindest die Begründung wäre korrekt.

Die Idee einer Finanztransaktionssteuer ist nicht neu. Bereits in den 1970er-Jahren entwickelte der Ökonom James Tobin das Modell einer Lenkungsabgabe auf spekulative Devisentransaktionen, das unter seinem Namen als Tobin-Steuer bekannt wurde. Dieses Modell besitzt zwei wesentliche Probleme: Einerseits werden eben nicht nur Spekulationsgeschäfte besteuert, sondern auch realwirtschaftliche Transaktionen werden durch die Steuer verzerrt. Andererseits funktioniert eine solche Abgabe nur, wenn sie von möglichst vielen Ländern eingeführt wird, im Optimum weltweit. Als Steuervermeidungsstrategie tätigt man seine Wertpapiergeschäfte einfach in einem Land, das diese Steuer nicht erhebt. Diese beiden Gründe sind ausreichend, um gegen die Einführung der Finanztransaktionssteuer in lediglich elf EU-Ländern zu stimmen.

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