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Chefwechsel Merz geht, López Borrego kommt: Endkampf bei Thyssenkrupp

Warmbandspaltanlage WSA der Thyssenkrupp Steel in Duisburg
Die Stahlsparte ist der große Belastungsfaktor für den Industriekonzern Thyssenkrupp
© Stefan Ziese / picture alliance/imagebroker
Der angeschlagene Konzern verliert sich in immer neuen inneren Querelen. Der Fortbestand von Thyssenkrupp steht auf dem Spiel

Seit fast 15 Jahren schwebt über jedem Chefwechsel bei dem Essener Thyssenkrupp-Konzern der schweflige Geruch von Intrigen, Machtkämpfen und persönlichen Abrechnungen. So war es bei Ekkehard Schulz, bei Heinrich Hiesinger, bei Guido Kerkhoff – und so ist es jetzt bei Martina Merz. Warum sie scheiterte und weshalb sie gerade jetzt gehen muss, darüber könnte man viel erzählen. Aber diese Geschichte ist nahezu irrelevant für die Zukunft des Unternehmens.

Thyssenkrupp hat inzwischen so gut wie jede Strategie ausprobiert – und das Gegenteil von jeder Strategie auch. Vom Vabanque-Kurs des „eisernen Ekkis“ über die harte Zentralisierung des „guten Heinrichs“ bis zu den mannigfaltigen Aufspaltungsplänen ihrer Nachfolger. Doch die Kernfrage bleibt seit mittlerweile einem Vierteljahrhundert ungelöst: die Sanierung der Stahlsparte. Deshalb steht mittlerweile der Fortbestand des gesamten Konzerns auf dem Spiel.

Wer sich die Zahlen der Stahlsparte etwas genauer anschaut, der sieht: Man hat viel an den Randbereichen herumgedoktert, dieses und jenes kleinere Werk verkauft oder geschlossen, hier und da Personal abgebaut. Aber die Stahlsparte verbrennt nach wie vor Geld – genau wie vor vielen Jahren auch. Und die Herausforderungen sind nicht kleiner, sondern eher größer geworden: Die Umstellung der Hochöfen auf Wasserstoff zur Erzeugung von „grünem Stahl“ erfordert Milliarden Euro, die man sich eigentlich gar nicht leisten kann. Die Konkurrenten (zum Beispiel in Skandinavien) sind dabei, Thyssenkrupp auf diesem Feld abzuhängen. Und wer zuerst grünen Stahl in großen Mengen anbieten kann, der dürfte Sondergewinne einstreichen. Die Zeit arbeitet also wieder einmal gegen den Essener Konzern.

Thyssenkrupp muss die Stahlsparte unbedingt loswerden

Alle Versuche, die Stahlsparte irgendwie zu verkaufen oder mit Konkurrenten zu verschmelzen, sind gescheitert. Selbst mit den windigsten Gesellen wie dem Briten Sanjeev Gupta hatte man sich vor zwei Jahren vergeblich eingelassen, um den Bereich loszuschlagen. Ein Verbleib im Konzern zerstört jede Hoffnung auf eine nachhaltige Ertragswende. Deshalb soll die Sparte jetzt um jeden Preis selbstständig werden, das ist offenbar der Auftrag für den neuen Chef, den Spanier Miguel Ángel López Borrego. Wir nähern uns damit dem Endkampf bei Thyssenkrupp.

Um voranzukommen, muss sich der neue Konzernchef mit Beharrungskräften aller Art anlegen. IG Metall, Krupp-Stiftung und einige alteingesessene Manager bilden ein eisernes Dreieck des Widerstands gegen eine Ausgliederung. Und die Lage wird nicht gerade einfacher durch die irrsinnige Entscheidung, ausgerechnet den SPD-Politiker Sigmar Gabriel an die Spitze des Aufsichtsrats der Stahlsparte zu berufen, der zur Not jeder Zeit seine politischen Hilfstruppen in die Schlacht rufen kann.

López Borrego kennt sich zwar gut in der deutschen Konzernlandschaft aus, aber man kann schon jetzt bezweifeln, dass er in seiner bisherigen Karriere jemals mit einer ähnlich komplizierten Gemengelage wie bei Thyssenkrupp konfrontiert war. Ein Unternehmen mit vergleichbarer Größe hat der Spanier noch niemals geleitet – so wie Martina Merz vor ihrer Berufung auch nicht. Zuletzt amtierte er als Interim-CEO der mittelständischen Norma Group, davor als Landeschef von Siemens in Spanien. Zur Garde der Topmanager gehört der Spanier nicht. Männer und Frauen aus der ersten Reihe lassen sich gar nicht erst auf das Abenteuer Thyssenkrupp ein. Auch das zeigt, wie es um den Konzern steht.

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