Geschichte der Künstlichen Intelligenz

Die „Beseelung“ toter Materie fasziniert die Menschheit seit langem. Nach Untoten wie Vampiren oder Zombies regten von Wissenschaftlern erschaffene Wesen à la Frankensteins Monster oder Goethes Homunkulus die Fantasie an. Das führte zu dem Gedanken, dass Maschinen zu einem eigenständig intelligenten Verhalten fähig sein könnten. Begünstigt wurde diese Idee von der Vorstellung, dass auch der menschliche Körper nur eine höchst komplexe Maschine ist. Im Gegenzug wurde der Arbeiter im Zuge der Industrialisierung häufig nur noch als Rädchen im Getriebe betrachtet.

Der britische Mathematiker Alan Turing ist als Code-Knacker der NS-Chiffriermaschine Enigma bekannt. Er gehört aber auch zu den Gründungsvätern der künstlichen Intelligenz (KI) im digitalen Zeitalter. Nach ihm ist der bekannte Turing-Test benannt. Mit ihm soll festgestellt werden, ob eine Maschine als Mensch durchgehen kann. Dazu „unterhält“ sich ein Proband per Tastatur und Bildschirm mit einem Menschen und mit einem Computerprogramm. Kann er nicht sagen, wer von beiden der Mensch war, gilt der Test für die Maschine als bestanden.

KI gehört zu den großen Zukunftsversprechen der Moderne. Zwar mahnten Autoren und Filmemacher immer wieder vor der potenziell zerstörerischen Macht dieser Technologie, siehe „Terminator“ oder „2001 – Odyssee im Weltraum“. Zugleich führten Klassiker wie „Star Wars“ und insbesondere „Star Trek“ vor Augen, wie sehr gute KI die Menschheit zivilisatorisch voranbringen könnte. „Star Trek“ offenbarte dabei auch die Bandbreite der KI, vom Sprachassistenten-Bordcomputer bis zum Crew-Mitglied Commander Data (Foto).

Der Begriff „Artificial Intelligence“ (künstliche Intelligenz) mag naheliegen. Geprägt wurde dieser Begriff aber offiziell im Sommer 1956. Die Konferenz am Dartmouth College im US-Bundesstaat New Hampshire gilt als „Gründungsveranstaltung“ der KI als akademisches Fachgebiet. Deren Organisator, der Programmierer John McCarthy (Foto aus dem Jahr 1966), schlug den Begriff „Künstliche Intelligenz“ vor. Bei dem Treffen wurde auch das erste KI-Programm geschrieben.

Zehn Jahre nach der Dartmouth-Konferenz sorgte „ELIZA“ für Aufsehen. Der deutsch-amerikanische Informatiker Joseph Weizenbaum (er wurde 1923 in Berlin geboren und starb dort 2008) vom Massachusetts Institute of Technology hatte einen der ersten Chatbots der Geschichte kreiert. Das Programm konnte verschiedene Arten von Gesprächspartnern simulieren. Besonders überzeugend war die Performance als Psychotherapeut. „ELIZA“ gehörte zu den ersten Programmen, die sich an dem Turing-Test versuchen konnten, war allerdings leicht zu enttarnen. Dennoch zeigte sich sein Erfinder überrascht davon, wie einfach ein Programm menschliches Gesprächsverhalten nachahmen kann.

Experten hatten erwartet, dass KI bereits Ende der 60er Jahre einen Schachweltmeister wird schlagen können. Tatsächlich erwies sich dies als schwerer als gedacht. 1997 war es jedoch soweit und sorgte für eine weltweite Sensation. Das Programm „Deep Blue“ von IBM besiegte den damals amtierenden Schachweltmeister Garry Kasparow. Allerdings stellte sich rasch die Frage, wie „intelligent“ der Schachcomputer tatsächlich war oder ab er „einfach“ alle möglichen Züge in Windeseile berechnet hat.

Knapp 20 Jahre nach „Deep Blue“ war laut Experten mit „AlphaGo“ eine neue Ebene der KI erreicht. Das System des Unternehmens DeepMind, das seit 2014 zu Google gehörte, besiegte 2016 den Go-Meister Lee Sedol. Dieser weltweit medial begleitete Triumph galt in mehrfacher Hinsicht als wegweisend: Go ist ungleich komplexer als Schach und erfordert mehr „Kreativität“. Tatsächlich schockte die KI in einer Partie mit einem derart unkonventionellen Spielzug, dass Lee kurzzeitig seinen Platz am Brett verlassen musste. Ein solches Manöver habe es wohl noch nie von einem menschlichen Spieler gegeben, meinte ein Kommentator. Außerdem berechnete „AlphaGo“ nicht einfach mögliche Spielzüge, sondern nutzte „Deep Learning“, um von Partie zu Partie immer besser zu werden.

2011 hielt KI endgültig Einzug in den Alltag. Apple machte mit „Siri“ den Anfang. Microsoft stellte 2014 seine Software „Cortana“ vor, Amazon folgte 2015 mit der Assistentin „Alexa“ auf dem Amazon Echo. Allein vom Hörverständnis des Bordcomputers der USS Enterprise sind diese Systeme aber auch über zehn Jahre später noch Welten entfernt.

Im November 2022 brach eine neue Ära der für den direkten Nutzerkontakt zugeschnittenen KI an. Das US-Unternehmen OpenAI, zu dessen Gründern Elon Musk gehörte, veröffentlichte seinen Chatbot ChatGPT. Die Anwendung verzeichnete laut offiziellen Angaben binnen fünf Tagen eine Million registrierte Nutzer. Im Januar 2023 soll die Marke von 100 Millionen Nutzern erreicht worden sein.