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Kolumne Marktsättigung

Tyler Cowen hat zwei Leidenschaften: Ökonomie und gutes Essen. Hier bringt er beide zusammen. Diesmal: Die Gastwirtschaftsmacht China
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© Jindrich Novotny

Tyler Cowen gilt als einer der einflussreichsten ­Ökonomen der USA. 2011 sorgte er mit seinem Buch „The Great Stagnation“ für Aufsehen. Unter marginalrevolution.com bloggt er über Märkte und Finanzen – oder auch vegane Stripclubs.

Welches Essen, glauben Sie, ist auf der Welt am weitesten verbreitet? McDonald’s? Weit gefehlt. Chinesisch! Allein in den USA gibt es 43 000 China-Restaurants – mehr als dreimal so viele wie McDonald’s-Filialen. Nicht nur Chinas Wirtschaft ist eine globale Großmacht – auch sein Essen.

In China leben 1,3 Milliarden Menschen, und jede Region hat ihre eigene Küche. Chinesen sind in fast alle Länder der Welt eingewandert und haben oft lokale Gerichte beeinflusst – etwa in Malaysia, Vietnam oder Thailand.

Doch auch das chinesische Essen selbst hat sich im Ausland entwickelt. Fast jedes Land hat seine eigene Version – mit unterschiedlicher Qualität. In Tansania, Indien oder Kanada etwa schmeckt es hervorragend. Warum? Weil dort viele chinesische Auswanderer leben. Die Restaurants haben viele chinesische Kunden, denen sie gefallen müssen. Etwa den Expats und Hilfsarbeitern in Daressalam, die ihr Heimweh gern an einem authentischen Huhn Gong Bao kühlen. Oft sind die Köche außerdem selber Expats, die noch engen Kontakt zur Heimat und ihren Rezepten pflegen.

Tyler Cowen
Tyler Cowen
© Tyler Cowen

Eine besonders schlechte Version der chinesischen Küche findet man dagegen in Italien und Deutschland, Costa Rica, Argentinien oder Chile. In Costa Rica sind die meisten Chinesen schon im 19. Jahrhundert eingewandert und haben offenbar alle Verbindungen zu den Rezepten des Mutterlands verloren. Das Ergebnis: eine kuriose lateinamerikanische Interpretation der chinesischen Küche.

In Italien behandelt man China-Nudeln einfach als eine Form von Pasta mit Sojasoße. Und in Deutschland ist chinesisches Essen oft fad, mit sehr viel Fleisch, zu viel Stärke und uninspirierten Soßen – was verdächtig an die schwächeren Seiten der deutschen Küche erinnert. Aber es wird eben für den konservativen Gaumen der deutschen Hauptkundschaft gekocht. Nur in den größeren Städten, speziell in Berlin, findet man auch bessere Res­taurants. Oder man fährt gleich ein Stück aus dem Land heraus: nach Holland oder England zum Beispiel.

Die chinesische Küche wird auch außerhalb der Volksrepublik häufig noch mal unterteilt: kantonesisch, Hunan, Sichuan, nach Peking- oder Schanghai-Art. Allerdings sollte man nicht davon ausgehen, dass ein Hunan-Restaurant in Amerika unbedingt Originalrezepte aus der Hunan-Provinz serviert. Stattdessen zaubert man meist nur eine andere Version der amerikanischen China-Küche. Wahres chinesisches Essen außerhalb Chinas findet man aber häufig in Sichuan-Res­taurants. Denn die typischen Gewürze und Zutaten aus der Region lassen sich trocknen und leicht transportieren – der Sichuan-Pfeffer etwa.

Gutes kantonesisches Essen dagegen braucht frisches Gemüse und Meeresfrüchte. Die gibt es nicht überall. Darum bedeutet kantonesisch in den meisten Ecken der Welt: glibbrige Nudeln, öde Soßen, Speisestärke.

Es gibt allerdings einen Trick, mit dem man den Glutamatbomben bei schlechten Chinesen entkommen kann: Sagen Sie einfach dem Küchenchef, dass Sie gerne das hätten, was er für sich selbst kocht. Ich habe es unzählige Male ausprobiert. In mindestens 50 Prozent der Fälle hat es funktioniert. Ein, zwei Worte auf Chinesisch helfen dabei ebenso wie ein wenig geografische Kenntnisse des Landes. Dabei sollten Sie am besten nach einem Gericht fragen, das nicht viele extravagante Zutaten benötigt. Gut funktioniert Mapo Doufu, das aus zwei einfachen Rohstoffen besteht: Tofu und Schweinefleisch.

Mehr Marktsättigungen: Wie ein Ökonom ein gutes Restaurant findet

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