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Pro + Contra Hayek vs. Keynes

Sollen Straßennamen verkauft werden? Ein fiktiver Briefwechsel zwischen den Ökonomen John Maynard Keynes und Friedrich August Hayek.

Sehr geehrter Herr Keynes,

jüngst fiel mir auf, dass Ihre sonst so marktfreundlichen Landsleute eine große Einnahmechance vertun: Da gibt es immer
noch das Wembley-Stadion. In Deutschland gibt es längst einen Signal-Iduna-Park. Auch der Staat sollte dem Beispiel der Fußballvereine folgen: Warum nicht einfach die Namen von Straßen, Plätzen oder Städten verkaufen? Das könnte eine Einnahmequelle eröffnen, ohne dass wieder einmal die Steuern erhöht würden. In den Schuldenkrisen dieser Erde hätte ein solches Vorgehen mit Sicherheit lindernde Wirkung.

Ihr F. A. Hayek

Mein lieber Hayek,

manchmal frage ich mich ernsthaft, ob Sie nicht auch Ihre Forschung privatisiert und an den meistbietenden Finanzlobbyisten versteigert haben. Sie würden es also tatsächlich begrüßen, wenn Ihre Geburtsstadt Wien sich in Spar und Salzburg in Red-Bull-Burg umbenennt? Das können Sie nicht ernst meinen, Hayek. Bevor wir anfangen, selbst die letzten Reste identitätsstiftender Kultur zu veräußern, sollten wir vielleicht eher versuchen, Red Bull mehr Dosen bei Spar verkaufen zu lassen, so den Konsum anzukurbeln und damit die Steuereinnahmen zu erhöhen. Zum Beispiel mit staatlichen Konsumgutscheinen. Wenn Sie darauf einschlagen, könnte man sie von mir aus auch Hayek-Coupons nennen.

Ihr John Maynard

Sehr geehrter Herr Keynes,

ich bin schmerzlich berührt, dass Sie für eine sinnvolle Idee offenkundig nur Spott übrig haben. Bevor Sie jemandem Eigeninitiative zumuten, wird er lieber mit einem sogenannten Konjunkturpaket überzogen, dessen Wirkung Sie meinen bis ins Kleinste berechnen zu können. Dass hingegen Politiker und Herrscher immer wieder Städte mit ihren Namen verunstaltet haben (Washington, Leningrad, Turkmenbaschi), stört Sie offenbar nicht.

Erschüttert, Ihr F. A. Hayek

PS: Ich gehe davon aus, dass Sie nichts dagegen hätten, wenn Ihre Heimat Cambridge in Keynesbridge umbenannt würde.

Hayek,

wenn jemand Großes leistet, warum ihm dann kein Denkmal setzen? Aus Ihnen spricht nur der Neid, weil Ihre Ideen im letzten Jahrhundert nicht so erfolgreich waren wie meine und es daher auch kein Hayekingen geben wird. Jetzt, wo die von Ihrer kalten Ideologie ermutigten Banker die Staaten in den Schuldensumpf gezogen haben, will niemand mehr auf Sie hören. Nun auch noch Namen zu privatisieren klingt mir sehr nach der ebenfalls von Ihnen inspirierten Frau Thatcher (möge sie in Frieden ruhen).

Ihr John Maynard

Sehr geehrter Herr Keynes,

Ihnen sind ja bereits einige Denkmäler gesetzt worden – in Form staatlicher Investitionsruinen auf der ganzen Welt. Wissen Sie übrigens, welche Projekte der Staat am liebsten mit den Namen seiner Vertreter schmückt? Flughäfen! Kennedy, de Gaulle, Strauß, sie alle wurden auf diese Weise verewigt. In gewisser Hinsicht ist dies konsequent: Aus mir unverständlichen Gründen sind Flughäfen Bauvorhaben, die nicht der Privatwirtschaft, sondern der völlig überforderten Politik anvertraut werden. Das jüngste Desaster aus Berlin ist Ihnen ja vermutlich bekannt.

Und nach wem soll es benannt werden, wenn es einmal fertig sein sollte? Nach Willy Brandt. Einem Sozialisten.


Ihr F. A. Hayek

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