Steueroasen haben längst ihren paradiesisch anmutenden Klang verloren. Denn was nach lebensrettender Labsal klingt, ist meist doch nur Gier, nicht selten gepaart mit krimineller Energie. Die Täter – egal ob Multimillionäre oder Megakonzerne – „schlüpfen“ durch die Löcher im Fundament, auf denen die Sozialstaaten ruhen. Skandale um die Paradise Papers oder die Panama Papers haben weltweit für Aufsehen gesorgt. Doch die Steuerflüchtlingskrise weitet sich trotzdem aus.
Zu diesem ernüchternden Ergebnis kommt das Tax Justice Network (TJN) in seinem diesjährigen Schattenindex. Das Netzwerk für Steuergerechtigkeit hat 112 Länder und Rechtssubjekte untersucht. Es ist der erste Report nach den Paradise und den Panama Papers. Diese Skandale hätten stärker denn je die zersetzende Wirkung der im verborgenen ablaufenden Steuerflucht verdeutlicht, teilte das TJN zur Veröffentlichung des Financial Secrecy Index 2018 mit. „Sie haben aufgedeckt, wie die Reichen, die Geschäftswelt und ihre politischen Cheerleader(...) systematisch die globale Wirtschaft, Menschenrechte und möglicherweise die Demokratie in reichen wie armen Ländern untergräbt.“
Der Financial Secrecy Index 2018 wurde von Steuerexperten von Universitäten aus England, Tschechien und Israel erstellt. Vorsitzender und Mitgründer des TJN ist der Brite John Christensen. Er gehört zum Vorstand von Tax Inspectors Without Borders. Die Organisation wurde 2015 von der OECD und dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP ins Leben gerufen.
Die Untersuchung legt besonderes Augenmerk auf den Grad der Verschwiegenheit und Verschleierung in den Steueroasen. Dazu wurden nach Angaben des TJN jeweils 20 Indikatoren untersucht – vom Bankgeheimnis bis zu internationaler Zusammenarbeit bei Geldwäsche.
Dies sind die sieben größten Zufluchtsorte für Steuerflüchtlinge weltweit.
Die 7 größten Steueroasen der Welt
Deutschland liegt auf Platz sieben des Financial Secrecy Index 2018 – einen Rang höher als beim vorherigen Report aus dem Jahr 2015. Dazu trägt stark die Bedeutung Deutschlands auf dem Weltmarkt für Offshore-Finanzdienstleistungen bei. In puncto Verschleierung wird die Bundesrepublik allerdings sehr viel positiver bewertet als die nächsten 13 Länder, die im Gesamtindex hinter ihr liegen.
Luxemburg hält seine Position aus dem Jahr 2015. Der Verschleierungswert wird mit 58 beziffert. Deutschlands Wert liegt bei 59. Dafür aber ist das Herzogtum nach Ansicht der Steuerexperten beim globalen Handel mit Finanzdienstleistungen mehr als doppelt so umtriebig. 12,13 Prozent der weltweiten Offshore-Finanzdienstleistungen werden Luxemburg zugesprochen.
Kommen nach Panama und Paradise die Cayman Papers? Die karibische Inselgruppe lag 2015 noch auf dem fünften Rang der Negativliste. Der Verschleierungswert des britischen Überseegebiets erhöhte sich um ganze sieben Punkte auf 72. Die Kanalinsel Guernsey liegt übrigens auf Platz zehn des Rankings. Die Studienmacher betonen: Würden alle Gebiete unter britischer Souveränität zusammengefasst, läge das Vereinigte Königreich auf Platz eins. Für das Mutterland reicht es „nur“ für Rang 23.
Die USA sind nach Ansicht der Experten der aktuell zweitgrößte Übeltäter in Sachen Steuergerechtigkeit. Das Land kletterte im Vergleich zum Report 2015 einen Platz nach oben. Der Grad der Verschleierung blieb gleich. Dafür steigerten die USA laut der Untersuchung ihren Anteil am globalen Offshore-Finanzhandel. Der erhöhte sich von 19,6 auf 22,3 Prozent.
Die Schweiz bleibt unangefochten Zufluchtsort Nummer eins für reiche Steuerflüchtlinge. Der Verschleierungswert liegt bei 76. Das ist in den Top Ten der zweithöchste Wert hinter den Vereinigten Arabischen Emiraten (gleichauf mit Taiwan) – und nur ein Punkt unter dem Verdunkelungswert von Panama.