Die abgelaufene Bundesligasaison hat nochmals gezeigt: Für sportliche Erfolge brauchen Fußballvereine nicht nur gewiefte Taktiker, brillante Techniker und treffsichere Schützen, sondern auch unternehmerisch denkende Strategen abseits des Spielfelds. Wettbewerbsfähigkeit und Finanzstärke gehen Hand in Hand. Und sie sind unter den Clubs immer ungleicher verteilt, in Deutschland und mehr noch in den anderen europäischen Fußballligen. Deshalb droht in Europas Stadien die große Langeweile. Fast nur noch der Abstiegskampf verspricht Dramatik, wie Fans des Hamburger SV wissen. Das Meisterschaftsrennen hingegen wird immer öfter vorzeitig entschieden.
National wie international gilt der Saisonverlauf inzwischen als so vorhersehbar wie die Weißbierdusche auf der Meisterfeier des FC Bayern. So standen im diesjährigen Champions-League-Achtelfinale insgesamt zehn Clubs, die schon im Vorjahr die Runde der letzten 16 erreicht hatten.
Und bei der spanischen Premiera División handelt es sich nur auf dem Papier um einen Wettbewerb unter 20 chancengleichen Fußballteams. Tatsächlich spielen die zwei Topvereine Real Madrid und FC Barcelona seit Jahren quasi außer Konkurrenz (o.k., in dieser Saison schnappte ihnen ausnahmsweise der finanziell ebenfalls hochgerüstete Emporkömmling Atlético Madrid den Landesmeistertitel weg – in den anderen Wettbewerben stellten die Königlichen aber sogleich die alte Hackordnung wieder her). Egal ob Real, Barca oder nun Atlético: Spaniens Spitzenteams setzen sich regelmäßig klar vom Hauptfeld der Ligakonkurrenz ab.
Auf gute Führung kommt es an
Auch in der Bundesliga machen die Topmannschaften immer häufiger die Titel unter sich aus. Die letzten fünf Meisterschaften gingen nach München oder Dortmund – Überraschungen wie 2006 (Stuttgart) oder 2008 (Wolfsburg) werden immer seltener. Im Champions-League-Endspiel 2013 oder in den Pokalfinals 2012 und 2014 blieben die beiden deutschen Branchenführer gleich ganz unter sich. Im Unterschied zu Spanien, England oder Frankreich mit ihren oft fremdfinanzierten und teils überschuldeten Spitzenclubs ist diese anhaltende Erfolgsserie aber vor allem auf einen Faktor zurückzuführen: gutes Management.
Ja, es ist wahr: Geld schießt Tore, wie die Erfolgsgeschichten von Manchester City, Paris Saint-Germain oder eben Atlético Madrid verdeutlichen, deren Aufstieg in den europäischen Fußballadel großzügige Sponsoren aus Abu Dhabi, Katar und Aserbeidschan ermöglichen. Doch auch ohne reiche Mäzene (oder dubiose Deals) können Vereine international wettbewerbsfähig bleiben, wenn sie über einen intakten Markenkern verfügen, eine starke Fanbasis besitzen, tief in ihrem Umfeld verwurzelt sind, seriöse Partner haben und vor allem: gut geführt werden. Neben den beiden deutschen Beispielen beweist das in England seit Jahren der FC Arsenal mit seinem auf Kontinuität und Stabilität angelegten Geschäftsmodell.
Für mehr Chancengleichheit und spannendere Wettbewerbe braucht es also zweierlei. Erstens muss der vom europäischen Fußballverband UEFA geschaffene Stresstest des Financial Fair Play breit umgesetzt werden, wozu auch scharfe Sanktionen bis hin zum Ausschluss von allen europäischen Wettbewerben gehören. Das striktere Vorgehen ist gut und richtig, weil es Schuldenbergen, Bilanztricks und Gehaltsexzessen einen Riegel vorschiebt und einen verlässlichen Ordnungsrahmen schafft.
Eintönigkeit ist schlecht fürs Geschäft
Wunder sollte aber niemand erwarten, denn der Abstand zwischen den intergalaktischen Starensembles und den Zaungästen internationaler Wettbewerbe ist schon viel zu groß geworden, als dass sich die Lücke allein durch einen Finanz-TÜV verkleinern ließe: Wie eine Roland-Berger-Analyse der fünf führenden europäischen Fußballligen über zehn Spielzeiten zeigt, können sich die Spitzenteams von ihren Verfolgern immer weiter absetzen – am stärksten in England und Spanien, zunehmend aber auch in den relativ ausgeglichenen Ligen in Frankreich und Deutschland.
Eintönigkeit aber ist langfristig schlecht fürs Geschäft, weil sich die Zuschauer von Spielen mit vorhersehbarem Ergebnis abzuwenden drohen. Es liegt also im Interesse aller Marktteilnehmer, die Wettbewerbsintensität zu erhöhen und die Ligen wieder spannender zu machen. Die Änderung der finanziellen Spielregeln durch die UEFA reicht nicht aus, um einen Kampf unter Gleichen sicherzustellen. Denn vom neuen Reglement werden vor allem Teams mit starken Marken und hohen Erlösen aus dem Fußballgeschäft wie Manchester United, Real Madrid und der FC Bayern profitieren. Aber eben nicht die Underdogs.
Deshalb müssen ambitionierte Vereine ihr Glück selbst in die Hand nehmen. Gutes Management ist der entscheidende Hebel, um aus vermeintlichen Punktelieferanten geheime Titelaspiranten zu formen. Der Zusammenhang zwischen ökonomisch umsichtiger Vereinsführung und sportlichem Erfolg ist nachweisbar. Deswegen muss ein finanziell angeschlagener Traditionsclub wie der HSV auch nicht auf Dauer ein Dasein im Tabellenkeller fristen, sondern hat die reelle Chance, an bessere Zeiten anzuknüpfen. Mit der Ausgliederung der Profiabteilung und ihrer Umwandlung in eine AG wurde der erste Schritt getan.
sportlicher und ökonomischer Sachverstand
Dank professionalisierter Strukturen und neu gewonnener finanzieller Solidität könnte der Verein auf Sicht von zwei bis drei Jahren zumindest die nationale Wettbewerbsfähigkeit zurückerlangen. Schalke 04, einst Tollhaus der Liga, macht gerade vor, wie man mit kluger Positionierung, konsequenter Entschuldung und guter Jugendarbeit den Anschluss wiederherstellen kann.
Es ist richtig: Geld schießt Tore – weil Spitzenspieler teuer sind und nur dauerhafte Einnahmen aus internationalen Wettbewerben Investitionen in Kader und Infrastruktur ermöglichen. Aber die finanzielle Basis dafür können nicht nur Scheichs oder Oligarchen schaffen, sondern auch Führungskräfte mit sportlichem wie ökonomischem Sachverstand und einer klaren Strategie. Und just von denen braucht der deutsche Fußball viel mehr, als er heute schon hat. Denn, um im Bild zu bleiben: Gute Manager schießen zwar selbst keine Tore. Aber sie geben die entscheidenden Assists.