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Handelskonflikt „Für eine Entwarnung im Handelsstreit ist es zu früh“

Bei einem Telefonat mit seinem mexikanischen Amtskollegen verkündete US-Präsident Trump die Einigung im Handelsstreit
Bei einem Telefonat mit seinem mexikanischen Amtskollegen verkündete US-Präsident Trump die Einigung im Handelsstreit
© dpa
Die Einigung zwischen den USA und Mexiko im Handelsstreit ist für Andreas Rees ermutigend. Der Chefvolkswirt Deutschland der Unicredit sieht aber noch erhebliche Risiken für den Welthandel - vor allem wenn der Streit mit China eskaliert

Nach dem Nafta-Deal zwischen den USA und Mexiko: Verändert dieser ein wenig die Bewertung der Handelsstreitigkeiten? Kommt es am Ende für den Welthandel vielleicht doch gar nicht so schlimm?

Die Aussicht auf eine Einigung – hoffentlich auch bald mit Kanada – ist ermutigend, wenngleich die Vereinbarung mehr Restriktionen im Handel vorsieht. Eine solche Einigung ist aber allemal besser als eine Eskalation. Schlimmstenfalls wären dann die Wertschöpfungsketten in der Nafta unterbrochen worden – mit erheblichen Folgen für die Weltwirtschaft. Die zumindest vorübergehende Beruhigung im Streit zwischen den USA und der EU ist natürlich auch erst einmal positiv. Die Risiken für einen Handelskonflikt, insbesondere zwischen USA und China, bleiben aber hoch. Für eine Entwarnung ist es deshalb zu früh.

Der Handelsstreit begleitet uns ja nun schon seit einigen Monaten, mit vielen Ankündigungen und Wortgefechten. Wagen wir mal eine kurze Bestandsaufnahme: In welchem Ausmaß hat die Unsicherheit bereits der Wirtschaft geschadet? Und wie stark ist der Welthandel ganz konkret bislang von US-Zöllen und Gegenmaßnahmen betroffen?

Bislang wurden auf globaler Ebene höhere Zölle auf Güter im Umfang von rund 180 Mrd. US-Dollar erhoben. Das schließt Stahl und Aluminium, die amerikanischen Importe aus China und die entsprechenden Gegenmaßnahmen Chinas, der EU und anderer Länder ein. Damit sind weniger als ein Prozent des Welthandels mit zusätzlichen Zöllen belegt worden. Die Bremsspuren sind deshalb bislang überschaubar geblieben. An der Unternehmensstimmung weltweit lässt sich aber ablesen, dass die Unternehmen unsicherer geworden sind. Sollte das in den nächsten Monaten weitergehen, könnten die Unternehmen Investitionsprojekte auf den Prüfstand stellen. Die negativen Wachstumswirkungen verstärkten sich dann.

Wie groß sind die Risiken für den Welthandel durch eine weitere Eskalation des Handelsstreits? Was sind die möglichen Folgen eines eskalierenden Handelsstreits für die deutsche Wirtschaft?

Eine Eskalation des Handelsstreits zwischen den USA und China zieht erhebliche Risiken nach sich. Die zwei größten Volkswirtschaften der Welt, die rund 40 Prozent des globalen BIP ausmachen, wären dann unmittelbar betroffen. Das würde auf die restliche Weltwirtschaft und gerade auf exportorientierte Länder wie Deutschland stark ausstrahlen. Die Wachstumswirkungen genau zu beziffern, halte ich für sehr schwierig. Es hängt insbesondere auch davon ab, ob der Handelskonflikt möglicherweise auch auf den Finanzmärkten fortgeführt wird, etwa durch einen „Währungskrieg“ zwischen den USA und China.

Wie sollte sich Deutschland und die EU gegenüber der amerikanischen Regierung in dieser Sache verhalten? Ist es richtig mit Gegenmaßnahmen zu drohen?

Es gibt kein Patentrezept, wie man mit US-Präsident Trump in Handelsfragen am besten umgeht. Die Beruhigung im Konflikt zwischen den USA und der EU spricht dafür, dass es von der EU richtig war, mit Gegenmaßnahmen auf die Stahl- und Aluminiumzölle zu reagieren. Andernfalls hätten die USA möglicherweise einfach weitergemacht und höhere Autozölle eingeführt. Drohungen und Gegenmaßnahmen bergen natürlich aber auch immer Risiken einer Eskalation in sich. Es ist ein Balanceakt.

Andreas Rees ist Chefvolkswirt Deutschland der Großbank Unicredit.

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