Das traditionsreiche Hollywoodstudio Warner Bros. hat dieses Jahr einige echte Knaller im Angebot: „Godzilla vs. Kong“ ist bereits Ende März in den USA gestartet, die Neuauflage von „Dune“ folgt im Herbst, kurze Zeit später dann auch der vierte „Matrix“-Film. Alle diese Filme haben, anders als früher üblich, keine exklusive Kinopremiere mehr, sie wurden und werden gleich zu Beginn im hauseigenen Streamingdienst HBO Max verfügbar gemacht. Als Warner-Chef Jason Kilar diese gewagte Strategie Ende vergangenen Jahres – angeblich pandemiebedingt – ankündigte, nämlich das sämtliche 21 Warner-Filme direkt online gingen, da fuhr ein Aufschrei durch Hollywood. Derlei hatte noch niemand gewagt.
Aber was sollte man erwarten, bei dem noch relativ neuen Eigentümer von Warner? Der Telekommunikationskonzern AT&T hatte sich das Filmimperium – zu dem auch der News-Sender CNN und das Abo-Fernsehen HBO gehören – erst 2018 für 85 Mrd. Dollar gesichert. Und für den Telekomkonzern scheint es nur logisch, dass er Abos verkaufen und Bündelangebote mit Netzzugängen und Abo-Paketen promoten will – und nicht etwa das Filmerbe voranbringen. Sonst hätte ja der aufsehenerregende Deal von 2018 gar keinen Sinn gemacht.
Jetzt steht dieser drei Jahre später trotzdem bei AT&T schon wieder in Frage. AT&T will Warner abspalten und mit dem Konkurrenz-Medienkonzern Discovery fusionieren. Die Pläne, schreibt etwa Bloomberg, könnten noch scheitern, aber sie seien schon weit gediehen. Die beiden Konzerne haben das Vorhaben mittlerweile bestätigt. Eines der Ziele könnte sein, ein mächtiges Streaming-Portfolio aufzubauen, um Disney und Netflix im Kampf um diesen Markt Paroli bieten zu können.
Aber es würde eben auch die eben vollzogene Integration von Warner in AT&T rückgängig machen. Von Anfang an hatte der Telekommunikationsriese viele nicht davon überzeugen können, dass dieses Konzept ihn weiterbringt. Dabei folgte er einem populären Trend in der US-Netz- und Medienindustrie . Die Logik lautete etwa so: Telekom-Anschlüsse allein bringen auf Dauer nicht mehr das Geld ein, das der ständig notwendige Ausbau der Netze verschlingt. In Koppelangeboten mit Inhalten aber liege das Heil der Zukunft. Und auch für reine Medienhäuser, so lautete die Theorie, werde es immer schwieriger, weil ihnen der direkte Zugang zum Endkunden oft fehle – schließlich verkaufen sie in der Regel ihre Filme und Programme an Sender und Plattformen, den Kundenkontakt halten in den USA traditionell die Kabelfirmen. Schon zwischen 2009 und 2013 hatte sich der Kabelanbieter Comcast das Fernsehimperium NBC und das Hollywoodstudio Universal gesichert, die ihrerseits in einem Konzern verbunden waren.
Jetzt aber ist die Begeisterung für das vermeintliche Zukunftskonzept schon wieder abgekühlt. Viele AT&T-Investoren verlangten zuletzt, der Telekom-Riese solle sich wieder auf sein Kerngeschäft konzentrieren. Die Großfusion habe die Erwartungen nicht erfüllt und beide Teile wären separat mehr wert als zusammen, so lautete die Kritik. Zu den härtesten Kritikern gehört der berüchtigte Aktivisten-Investor Paul Singer mit seiner Firma Elliott Management. Wenn es zu der Abspaltung von Warner kommt, hätte Singer mal wieder eine Firmenzerschlagung durchgedrückt und seinen eigenen Mythos gestärkt.
Der Plan zeigt, wie vergänglich die vermeintlich zwingenden Logiken im Mediengeschäft sind. Viele dieser Logiken spiegeln sich in der Geschichte von Warner der vergangenen 25 Jahre, die nicht arm an filmreifen Wendungen ist: Erst wurde das Filmimperium mit dem Zeitschriftenverlag Time fusioniert, weil angeblich die Verbindung von audiovisuellen Inhalten und Print zwingend jede Menge Synergien schaffe. Dann übernahm der Internetzugangsanbieter AOL, weil man vermeintlich Web-Anschlüsse besser zusammen mit Inhalten verkaufen konnte. Beide Fusionen wurden dann mit viel Mühe wieder aufgelöst, ebenso wie die Verbindung von Warner Bros. und dem Musikanbieter Warner Music. Zwischendurch wollte der Medien-Großunternehmer Rupert Murdoch WarnerMedia übernehmen, aber das Vorhaben scheiterte.
Schließlich griff AT&T zu. Die Abspaltung und Verknüpfung mit Discovery könnte nun auch diese Verbindung wieder lösen und eine neue, angeblich unumgängliche Überzeugung im Mediengeschäft etablieren. Aber auch diese dürfte nicht die letzte sein und der nun diskutierte Schritt nicht die letzte filmreife Wendung.

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