Am Freitag treffen sich Bund und Länder, um über die nächsten Schritte in der Corona-Pandemie zu beraten. Schon jetzt läuft die Diskussion darüber, ob die Quarantänezeiten für Infizierte verkürzt werden.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat eine kürzere Quarantäne vor allem für Beschäftigte in Betrieben der kritischen Infrastruktur ins Spiel gebracht, um dort massenhafte Personalausfälle zu verhindern. Davon betroffen wären Feuerwehr, Polizei, Krankenhäuser aber auch Rettungsdienste, Telekommunikationsfirmen sowie Strom- und Wasserversorger.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler warnen allerdings vor einer Aufweichung der Quarantänevorschriften. Der Vorsitzende des Weltärztebunds, Frank Ulrich Montgomery, sagte der „Passauer Neuen Presse“: „Hier darf nicht nach dem Opportunitätsprinzip dergestalt verfahren werden, dass man Menschen, auch wenn sie noch ansteckend sind, arbeiten lässt, weil wir sonst nicht genug Leute haben.“
Nur wenn wissenschaftlich nachgewiesen werde, dass bestimmte Menschen nach vier oder fünf Tagen nicht mehr so ansteckend seien, halte er eine kürzere Quarantäne-Zeit für richtig.
So bereiten sich Feuerwehr, Kliniken und Co. auf die Omikron-Welle vor:
Kritische Infrastruktur
Prof. Dr. Derk Frank, Leiter der Klinik für Kardiologie, Angiologie und internistische Intensivmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel: „Wir sind vorbereitet. Damit im Falle eines Falles genügend trainierte Pflegekräfte für die Intensivbetten zur Verfügung stehen, haben wir ein Viertel der planbaren Eingriffe verschoben und angefangen, Intensivpersonal zu schulen. Dafür haben wir extra einen Kurzlehrgang entworfen und einen Übungsraum eingerichtet mit den Geräten der Intensivmedizin, Beatmungsmaschinen, Infusionen, Defibrillatoren, Monitoranlagen. Dort können wir Pflegekräfte beispielsweise aus der Anästhesie oder dem Herzkatheter-Labor strukturiert ausbilden. So können wir das aktuell trainierte fitte Intensiv-Personal auf die Covid-19-Stationen verschieben. Dort brauchen Sie Leute, die auf sich selbst achten und sich gut schützen können. Wir müssen immer auch an unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter denken – sonst können wir irgendwann auch den Kranken nicht mehr helfen.“
Ein Sprecher der Deutschen Telekom: „Beschäftigte im Innendienst arbeiten mittlerweile wieder zu Hause. Das gilt auch für den Betrieb der Infrastruktur oder die Kundenbetreuung. Im technischen Außendienst haben wir Teams aufgestellt, die unabhängig voneinander arbeiten. Außerdem arbeiten diese Kolleginnen und Kollegen – soweit möglich – allein, und sie verfügen über entsprechende Schutzausrüstung.“
Franc Schütz, Vorstand der ZEAG Energie AG in Heilbronn: „Betriebskritisches Personal muss sich bei uns absondern. Das sind Mitarbeiter der Leitstelle, aber auch der Netzbetriebs-Teams. Sie kommen mit dem Dienstwagen zur Arbeit. Außerdem müssen sie sich vorher testen, auch die Geimpften und Genesenen. In den Schichtplänen trennen wir die Beschäftigten in Gruppen, damit sie sich im Zweifel vertreten können.“
Stephan Natz, Berliner Wasserbetriebe: „Alle Mitarbeiter, deren Tätigkeit es erlaubt, sind im Homeoffice. Schichten arbeiten versetzt, um Kontakte zu reduzieren. Zudem werden Tests und Masken bereitgestellt, und die Impfquote ist – auch durch eigene Impfangebote – sehr hoch. Zudem ist die Wasserversorgung weitgehend automatisiert, sodass auch der Ausfall etlicher Mitarbeiter die Versorgung nicht gefährden würde.“
Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels: „Versorgungs-probleme sehen wir bei Lebensmitteln, Getränken, Drogerieartikeln, Wasch-, Putz- und Reinigungsmitteln momentan nicht. Aufgrund des Weihnachtsgeschäfts haben sich die Handelsunternehmen zusätzlich mit Waren bevorratet. Vor allem haltbare Lebensmittel wie Nudeln, Reis, TK-Produkte oder Konserven sind in großer Menge vorproduziert worden.“
Tobias Thiele, Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft: „Es werden mehrere Havariestufen definiert. Ziel ist die maximale Gesunderhaltung aller Kolleginnen und Kollegen, die in der kritischen Infrastruktur tätig sind. Dafür werden Notfalldienstpläne vorbereitet, bis hin zu einer im Worst Case vorstellbaren ‚Kasernierung‘ der Kolleginnen und Kollegen über mehrere Tage.“
Dr. Ursula Sellerberg, Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V. (ABDA): „Engpässe befürchten wir derzeit nicht – gesetzlich sind die Apotheken verpflichtet, einen Arzneimittelvorrat für eine Woche vorzuhalten. Diese Wochenration ist also immer gesichert. Selbst wenn ein bestimmtes Markenpräparat einmal nicht vorrätig sein sollte, kann Ersatz gefunden werden: Zwar haben Krankenkassen Rabattverträge geschlossen, die bestimmte Hersteller vorgeben. Wäre die Lieferung dieser Marke aber nicht möglich, können die Apotheken auch ein gleichwertiges Ersatzpräparat ausgeben. Sicherlich ist es für Patienten dennoch beruhigend, Rezepte frühzeitig einzulösen und einen etwas längerfristigen Vorrat anzulegen.“
Frank Viereckl, Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft: „Momentan stehen uns nur gut 80 Prozent der Fahrer zur Verfügung. Der Krankenstand ist etwas erhöht, es fehlen aber auch Mitarbeiter aufgrund von Quarantäneanordnungen oder weil sie ihre Kinder betreuen müssen. Daher haben wir, wie viele ÖPNV-Unternehmen in Deutschland, unseren Fahrplan angepasst. So verkehren viele Linien statt im Zehn- derzeit im 15-Minuten-Takt.“