Das letzte Mal, als das skandalumwitterte IT-Unternehmen Augustus Intelligence groß in den Schlagzeilen war, gab es einen besonders traurigen Anlass. Im Oktober 2021 starb Wolfgang Haupt, der Gründer des New Yorker Start-ups, das mit Software auf Basis künstlicher Intelligenz die Branche aufmischen wollte, mit 34 Jahren bei einem Hubschrauberabsturz in Baden-Württemberg. Anfangs wurde spekuliert, Haupt sei bedroht worden, sogar von Morddrohungen war die Rede. Nach Ermittlungen von Behörden hieß es später, die Ursache des tödlichen Absturzes sei ein Pilotenfehler gewesen.
Schon zu diesem Zeitpunkt hatte das amerikanisch-deutsche Start-up für jede Menge Furore gesorgt – wenn auch nicht mit einer eigenen KI-Software, mit der es die Branche aufmischen wollte, aber die es niemals auf den Markt brachte.
Für sein Unternehmen hatte der aus Fürth stammende Mediziner Haupt auch mithilfe politischer Kontakte vor allem in konservativen Kreisen eine Reihe prominenter Privatinvestoren angelockt. Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, der Privatbank-Erbe August François von Finck, ein Mitglied der Liechtensteiner Fürstenfamilie, zwei Erben der österreichischen Diamanten-Dynastie Swarovski, Ex-Roland-Berger-Chef Charles-Édouard Bouée, Ex-„Bild“-Chef Kai Diekmann und weitere Unternehmer aus Deutschland und den USA pumpten zusammen rund 35 Mio. Dollar in das Start-up ohne eigene Produkte – auf Basis einer irrwitzigen Bewertung von mehr als 250 Mio. Dollar.
Auch die früheren Chefs von Verfassungsschutz und BND, Hans-Georg Maaßen und August Hanning, unterhielten Verbindungen zu Haupts Unternehmen. Ein Foto aus dem Sommer 2019 zeigt Haupt mit Maaßen, Beraterikone Roland Berger und dem CDU-Bundestagsabgeordneten Philipp Amthor in einem Luxushotel in Sankt Moritz.
Mitte 2020 wurde das KI-Start-up, das repräsentativ im 77. Stock des neuen World Trade Centers in New York residierte, schlagartig bekannt. Der „Spiegel“ enthüllte, wie Amthor bei dem damaligen Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) für Augustus Intelligence lobbyierte. Amthor saß damals auch im Board of Directors der Firma, entlohnt mit Aktienoptionen. Nach der Lobbyaffäre verließen Amthor und Guttenberg, der zeitweise ebenfalls einen Sitz im Board of Directors hatte, das Management. Auch Firmenchef Haupt zog sich zurück. Im April 2021 beantragte die in Delaware registrierte Firma, um die sich bis heute viele Spekulationen ranken, Gläubigerschutz nach Chapter 11, ein Insolvenzverfahren light.
Brisante Vorwürfe auf 41 Seiten
Zwei Jahre nach der Pleite gibt es nun Neuigkeiten: Wie aus US-Gerichtsdokumenten hervorgeht, hat der Treuhänder, der das Firmenvermögen von Augustus Intelligence in einem Abwicklungsfonds verwaltet und die Ansprüche der Gläubiger sichern soll, Klage gegen mehrere frühere Manager des Start-ups eingereicht. Die Ende April eingegangene Zivilklage und weitere Dokumente aus dem Verfahren am United States Bankruptcy Court for the District of Delaware liegen Capital vor.
Demnach führt der Treuhänder die Klage auch als Anspruchsberechtigter für 15 Aktionäre mit teils prominenten Namen, die zusammen 30 Mio. Dollar in das Start-up investiert haben. Nach der Pleite traten sie etwaige, damals noch unbestimmte Ansprüche an den sogenannten Augustus Litigation Trust ab. Dessen gerichtlich bestellter Verwalter namens Brian Ryniker kann nun alleine entscheiden, wann und gegen wen er mögliche Ansprüche geltend macht.

Zu den Aktionären, die in Rynikers 41-seitigem Schriftsatz aufgeführt sind, zählen unter anderem Firmen von Ex-Minister Guttenberg, Finck, Prinz Stefan von Liechtenstein, dem Berliner Immobilienunternehmer Ulrich Weber und Ex-Klöckner-Chef Gisbert Rühl sowie zwei Angehörige der Familie Swarovski. Die Klage zielt in erster Linie auf Haupt und dessen Nachlass, einen Geschäftspartner von Haupt aus einer US-Milliardärsfamilie sowie weitere Ex-Augustus-Manager. Verlangt wird die Rückzahlung von mindestens 30 Mio. Dollar. Unter den Beklagten findet sich wegen seiner früheren Funktion im Board of Directors der Firma auch der CDU-Hoffnungsträger Amthor. Er bestreitet die Vorwürfe.
Treuhänder Ryniker war nach der Pleite von Augustus Intelligence zunächst als Chief Restructuring Officer eingesetzt worden war. In dem Chapter-11-Verfahren soll er als Treuhänder (Trustee) nun auch die Ansprüche der Geschädigten sichern. Im Insolvenzantrag des Start-ups vom 24. April 2021 hatte die damalige Firmenspitze um CEO Haupt die Ansprüche externer Gläubiger auf weniger als 7,5 Mio. Dollar beziffert. Dabei handelt es sich vor allem um Mietverpflichtungen und Honorare von Beratern und Anwälten. Die Vermögenswerte fielen laut dem Antrag in die Spanne 10 bis 50 Mio. Dollar.