Als Asoka Wöhrmann im Jahr 2018 den Chefposten bei der DWS übernahm, atmeten viele bei der Fondstochter der Deutschen Bank auf. „Der Asoka“, wie der nun zurückgetretene Chef intern genannt wird, ging nicht nur ganz unprätentiös in der Kantine in der Mainzer Landstraße zum Mittagessen, auf ihm ruhte seinerzeit die Hoffnung auf Rückkehr der Fonds-Ikone zu altem Glanz. Wöhrmanns Antrittsspruch „Die Treppe wird von oben gekehrt“ wurde zum geflügelten Wort. Nun, nach vier Jahren, tritt Wöhrmann ab. Und die Umstände deuten darauf hin, dass dies nicht ganz ohne Grund geschieht und eine Treppenstufe über ihm zum Besen gegriffen wurde.
Offensichtlich wurden die Probleme der DWS am Dienstag dieser Woche, als rund 50 Mitarbeiter von Staatsanwaltschaft, Finanzaufsicht Bafin und Bundeskriminalamt die Räume der DWS und der Konzernmutter Deutsche Bank durchsuchten. Es ging um den Verdacht des Greenwashings, also dem Vorwurf, einige der Fonds hätten sich nachhaltiger gegeben als sie es sind. Laut der Staatsanwaltschaft Frankfurt hätten sich „zureichende tatsächliche Anhaltspunkte ergeben, dass entgegen der Angaben in Verkaufsprospekten von DWS-Fonds ESG-Faktoren nur in einer Minderheit der Investments tatsächlich berücksichtigt worden sind”. Nur wegen ein paar falsch deklarierten Fonds wären wohl keine 50 Ermittler zur Razzia angerückt. Im Raum steht der Vorwurf des Betruges und dafür trägt letztlich Wöhrmanns Treppenstufe die Verantwortung.
Bemerkenswert ist auch die Wortwahl bei Wöhrmanns Ausscheiden. So spricht Karl von Rohr, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank und Aufsichtsratsvorsitzender der DWS, von Verantwortungsbewusstsein in Zusammenhang mit dem Rücktritt, der mit Hauptversammlung am 9. Juni wirksam werden soll. Eine Entlastung ist das nicht. Und auch Wöhrmann selbst spricht vom Schutz des Unternehmens und seiner Familie. In seiner Erklärung fehlt, dass er die Vorwürfe der Ermittler zurückweist. Stattdessen heißt es: „Gleichzeitig sind die Vorwürfe, die in den vergangenen Monaten gegen die DWS und mich persönlich erhoben wurden, eine Belastung für das Unternehmen und auch für meine Familie und mich persönlich geworden. Um die Institution und auch meine Familie zu schützen, möchte ich daher den Weg für einen personellen Neuanfang frei machen.“
Der Glanz der DWS ist verblasst
Doch Wöhrmann war nicht nur von den Greenwashing-Vorwürfen angeschlagen. Er produzierte Schlagzeilen zu Dingen, die in vergangenen Zeiten wohl nicht mal öffentlich geworden wären. Doch angesichts der geltenden Governance-Regeln irritierten seine Rolle beim Börsengang von Auto1, der dienstlichen Nutzung eines privaten Mail-Kontos und die Umstände eines Kredites beim Erwerb eines Porsche-Panamera. Es ist jedenfalls arg ungewöhnlich, dass jemand mit einer Gesamtvergütung von gut 6 Mio. Euro in den Jahren 2020 und 2021 nicht einfach ins Autohaus geht und sich einen Porsche kauft.
Drittens, und auch darauf gibt es Hinweise in der offiziellen Darstellung, ist der Glanz der DWS zuletzt etwas verblasst. Die Gesellschaft hat, so wird von Rohr zitiert, „in einem zuletzt schwierigen Umfeld ihre Marktposition weiter gut behauptet.“ Wachstum klingt definitiv anders. Im ersten Quartal hatte die DWS zwar den zweithöchsten Gewinn in einem Drei-Monatszeitraum erzielt, musste aber Nettomittelabflüsse von 1 Mrd. Euro verbuchen. Kein Wunder also, dass Wöhrmanns Nachfolger Stefan Hoops als sein Ziel verkündete, „unsere Marktposition und -relevanz weiter auszubauen“. Und sein künftiger Aufsichtsratschef von Rohr bescheinigt ihm: „Sein strategischer Weitblick und seine Digitalisierungserfahrung werden wichtige Impulse für die Weiterentwicklung der DWS liefern.“
Aha, es scheint bei der Fondsgesellschaft strategische Probleme zu geben. Hierzu zählt wohl insbesondere, dass die DWS mit Übernahmen nicht vorankommt. In einer durch harte Konkurrenz zwischen aktiven und passiven Fonds wie auch den Anbietern selbst geprägten Branche gewinnt der Faktor Größe immer mehr an Bedeutung – jedenfalls für Vollsortimenter wie die DWS. Doch die seit Jahren laufende Konsolidierung ging bislang an den Frankfurtern vorbei. Während sie sich am Dienstag mit einer Razzia in den eigenen Räumen herumplagten, schlug der US-Konkurrent Franklin Templeton zu und verleibte sich den britischen Vermögensverwalter Alcentra ein. Damit holte er sich weitere 38 Mrd. Dollar verwaltetes Vermögen ins Haus.
Missglückte Zukäufe
Medienberichten zufolge hatte Wöhrmann vom Deutsche Bank-Vorstand und dessen Boss Christian Sewing grünes Licht für einen Zukauf bekommen. Passiert ist hingegen nichts. Im Gegenteil, die Konkurrenz konnte sogar reüssieren. Die Vermögensverwaltung von Goldman Sachs schnappte sich die niederländische NN Investment Partners, an der die DWS wohl ebenfalls interessiert war. Gleiches soll für die Fondstochter der UBS gegolten haben, doch hier ging es nie über die Gerüchte-Stufe hinaus. Zuletzt war in Frankfurt über einen Zusammenschluss mit der angeschlagenen Allianz-Fondstochter Allianz Global Investors spekuliert worden. Selbst im passiven Geschäft, in dem die DWS mit der Marke Xtrackers agiert, musste man dem französischen Konkurrenten Amundi den Vortritt beim Verkauf des ETF-Anbieters Lyxor lassen.
Der neue DWS-Chef Hoops, der seit 2003 für die Deutsche Bank arbeitet und zuletzt die Unternehmensbank leitete, wird also seine durch von Rohr angepriesene „Kapitalmarktexpertise als auch seine exzellenten Führungsqualitäten“ benötigen. Er hat offenbar schwere Compliance-Probleme zu lösen, muss die DWS wieder auf Wachstumskurs bringen und dafür einen mutigen Zukauf wagen. Klar ist, bevor das Greenwashing-Thema nicht vom Tisch ist, wird ihm eine Akquisition nicht gelingen. Doch bewältigt Hoops, der in Frankfurt als Sewings Kronprinz gehandelt wird, seine drei Aufgaben, dann empfiehlt er sich für höhere Aufgaben im Konzern.