Die Fondsgesellschaft DWS hat jahrelang das von ihr tatsächlich verwaltete Vermögen höher ausgewiesen als es war. Grund dafür war, dass Beratungsmandate (Advisory Assets) in die Assets under Management (AuM) und die Nettoflüsse eingerechnet und dies nur in Fußnoten verschiedener Berichte etwa zum Börsengang vermerkt wurde. Darüber hatte zuerst die „Financial Times“ (FT) berichtet.
Diese Praxis hat die Deutsche Bank-Tochter nun selbst beendet und weist die Beratungsmandate nun transparent aus. Sie schreibt dazu auf Anfrage von Capital: „Wir haben daran gearbeitet, die Transparenz bezüglich der Natur unseres verwalteten Vermögens und unserer Mittelflüsse zu erhöhen, zum Beispiel durch eine detailliertere Beschreibung der Methodik zur Bestimmung des verwalteten Vermögens und der Mittelflüsse ab dem vierten Quartal 2022, oder durch getrennten Ausweis der Advisory Assets ab dem ersten Quartal 2024, einschließlich der Historie für 2022 und 2023.“
Die DWS weist gegenüber Capital darauf hin, dass es keine allgemeinen Rechnungslegungsstands für die Behandlung der Advisory Assets gebe und ihr Vorgehen in der Branche üblich sei.
Den Angaben zufolge werden von den gesamten verwalteten Mitteln rund 97 Prozent tatsächlich selbst verwaltet (aktiv und passiv). Die restlichen drei Prozent der Gelder verwaltet die DWS nicht selbst, sondern Mitarbeiter beraten Anleger, wie diese ihr Geld am besten investieren.
Die AuM in Beratungsmandaten entsprachen den Angaben zufolge im ersten Quartal 2024 einem Anteil von rund 3,1 Prozent des gesamten verwalteten Vermögens. Beratungsmandate sind niedrigmargiges Geschäft und tragen somit weniger zu Einnahmen bei als klassische AuM in Fonds oder Verwaltungsmandaten. Bei Beratungsmandaten erhalten die Kunden unter anderem Hinweise wie sie ihre Mittel auf verschiedene Anlageklassen verteilen könnten, während etwa bei Fonds die DWS im Namen der Kunden die Gelder investiert.
Die DWS hat laut dem FT-Bericht bis Ende 2022 nicht ausdrücklich offengelegt, dass ihre verwalteten Vermögenswerte auch die Beratungsmandate enthalten, sondern diese nur in Fußnoten berichtet. Die DWS selbst weist in diesem Zusammenhang unter anderem auf den Prospekt zum Börsengang hin – ein Dokument, dass Anleger typischerweise nicht studieren.
Der Umfang des Beratungsvermögens sei in den vergangenen Jahren überproportional gewachsen, schreibt die Zeitung und beruft sich dabei sowohl auf die jetzt von der DWS veröffentlichten Daten wie auch auf Personen, die mit den historischen Daten vertraut seien.
Drei Personen mit direkter Kenntnis der internen Diskussionen bei der DWS hätten erklärt, dass der Vermögensverwalter seit dem Amtsantritt seines früheren CEO Asoka Wöhrmanns Ende 2018, wenige Monate nach dem Börsengang des Unternehmens, großen Wert auf die Akquisition neuer Beratungsmandate gelegt habe. Die DWS war im Frühjahr 2018 an die Börse gegangen, wobei die Deutsche Bank aktuell 79,49 Prozent der Anteile hält.
Boni hängen an Mittelflüssen
Laut der FT sind seit dem Börsengang die Boni für Führungskräfte und andere Mitarbeiter direkt an die Nettomittelflüsse gekoppelt. Die Vergütungspolitik der DWS habe vorgesehen, dass die Führungskräfte die Nettomittelzuflüsse als Prozentsatz des verwalteten Vermögens um drei bis fünf Prozent pro Jahr steigern sollten, als eines von vier Zielen in ihren langfristigen Anreizplänen. Im Jahr 2021 – dem ersten Jahr, für das Daten vorliegen – erreichte das Management der DWS laut dem Bericht 150 Prozent der angestrebten Mittelzuflüsse. Wöhrmann war vor zwei Jahren zurückgetreten, nachdem die Staatsanwaltschaft Frankfurt Büros der Gesellschaft wegen Greenwashing-Vorwürfen durchsucht hatte.
Die FT suggeriert in ihrem Bericht, dass die aufgeblähten AuM es dem Management unter Wöhrmann ermöglicht haben, seine Boni zu erhöhen. „Die Nettomittelflüsse sind – neben anderen – einer dieser Faktoren und können die variable Vergütung in beide Richtungen beeinflussen“, schreibt die DWS in ihrer Stellungnahme. Allerdings hätten die Nettoflüsse keinen starken Einfluss auf die Boni. „Die Advisory Services-Zuflüsse, und insbesondere die Berücksichtigung von Marktbewegungen bei ihrer Berechnung, hatten in keinem Jahr einen wesentlichen Effekt auf die Management-Vergütung.“ Offen bleibt allerdings, was „wesentlich“ ist und welche Bedeutung der Bestand für die Vergütung hat.
Transparenzhinweis: Gegenüber einer früheren Version des Textes wurde klargestellt, dass die DWS die Advisory Assets nicht verschwiegen, sondern in verschiedenen Berichten wie etwa dem Prospekt zum Börsengang berichtet hat. Außerdem wurde die Aussage der DWS ergänzt, wonach es keinen allgemeinen Rechnungslegungsstand für den Ausweis von Advisory Assets gebe.