Die „Blauen“, wie die Deutsche Bank in Frankfurt heißt, sind hierzulande unumstrittener Branchenführer. Doch im ersten Quartal hat der kleinere Konkurrent Commerzbank dem deutschen Branchenprimus die Show gestohlen. So sieht es auch die Börse. Daumen hoch für die „Gelben“, also die Commerzbank, Daumen runter für die „Blauen“. Die im MDax gelistete Commerzbank-Aktie stieg am Mittwoch nach Veröffentlichung vorläufiger Quartalszahlen – in einem leicht positiven Gesamtmarkt – um rund 3,5 Prozent, das im Dax enthaltene Papier der Deutschen Bank fiel um knapp vier Prozent.
Die Commerzbank verbuchte in den ersten drei Monaten nach vorläufigen Berechnungen einen operativen Gewinn von 544 Mio. Euro. Das war deutlich mehr als Analysten erwartet hatten (282 Mio. Euro) – und auch mehr als das Institut selbst vorhergesagt hatte. Deshalb musste die Commerzbank auch die Kapitalmärkte per Ad-hoc-Meldung von der Überraschung in Kenntnis setzen. Die kam am Dienstag kurz nach 18 Uhr vom Kaiserplatz in Frankfurt.
Gute Zahlen auch von der Deutschen Bank
Zu diesem Zeitpunkt dürfte ein paar Straßen weiter in der Taunusanlage noch gearbeitet worden sein. Dort, bei der Deutschen Bank, feilte man wohl noch an den letzten Details zur Kommunikation der endgültigen Quartalszahlen. Immerhin hat die Bank ja nach eigenen Angaben „den höchsten Quartalsgewinn nach Steuern seit 2013“ erzielt.
In Zahlen: Den Nachsteuergewinn gibt die Bank mit 1,2 Mrd. Euro an, ein Plus von 18 Prozent zum Vorjahreszeitraum. Spannend ist, welche Nachsteuerrendite sich daraus ergibt. Die Bank hat sich für dieses Jahr ein Ziel von acht Prozent gesetzt und hatte daran schon seit Jahren gearbeitet. Ziel erreicht im ersten Quartal? Kommt darauf an: Die „Nachsteuerrendite auf das durchschnittliche Eigenkapital“ beziffert die Bank auf 7,2 Prozent, die auf das „durchschnittliche materielle Eigenkapital“ (RoTE) mit 8,1 Prozent. Weil die Bank selbst eine RoTE-Prognose angibt, scheint sie ihr selbstgesetztes Ziel also im ersten Quartal erreicht zu haben.
Zwei Fragen, die die Bank selbst umtreiben, lauten: Ist die Rendite über das ganze Geschäftsjahr hinweg nachhaltig und kann sie ihr großes Versprechen von acht Prozent in 2022 halten. Probleme räumte Bank-Chef Christian Sewing in einer Analystenkonferenz ein: Der Ukraine-Krieg habe das Potenzial, „sich in unserem wichtigen Messjahr auf das Gesamtjahresergebnis auszuwirken.“ Die Bank erklärte zwar, an ihren Zielen festzuhalten, warnte jedoch, dass „das derzeitige Umfeld zunehmend schwieriger wird und der Kostendruck zugenommen hat“. Die Verluste aus Krediten würden in diesem Jahr aufgrund des Krieges und des langsameren Wachstums voraussichtlich „erheblich“ steigen.
Finanzvorstand James von Moltke sagte zudem, „der Wettlauf um Talente“ könne ebenfalls Druck auf die Kosten ausüben. Offenbar kommt also die Bank nicht so stark mit der Senkung der Personalkosten voran wie geplant.
Sollte Sewing die acht Prozent in diesem Jahr schaffen, wäre das ein großer persönlicher Erfolg. In einem anderen Punkt wird er sein gesetztes Ziel aber wohl verfehlen – nämlich, die Abhängigkeit vom Investmentbanking zu verringern. Noch immer stammen gut 90 Prozent des Konzerngewinns aus dieser Sparte – und das, obwohl die Umbauarbeiten weitgehend abgeschlossen sind, zum Beispiel die Trennung vom Aktienhandel. Außerdem verbraucht die Capital Release Unit, die die Bank nicht als interne Bad Bank verstanden haben will, fast so viel Geld wie die Private Bank verdient (399 vs 419 Mio. Euro.)
Beide bauen Investmentbanking ab
Am Kaiserplatz hat man mit Investmentbanking nicht mehr ganz so viel am Hut. Die Commerzbank hat das Geschäft über die Jahre verringert und setzt viel stärker auf klassisches Brot&Butter-Banking, also Einlagen- und Kreditgeschäft. Damit war sie im ersten Quartal überraschend erfolgreich, so dass in der Branche bereits darüber diskutiert wird, ob der neue Vorstandschef Manfred Knof tatsächlich schon die Trendwende beim lange dahin siechenden Geldhaus bewerkstelligt hat.
Die vorläufigen Quartalsdaten signalisieren: Ja, Knof hat es geschafft. Jedenfalls vorläufig, denn Analysten fragen auch, ob die für dieses Jahr geplanten 700 Mio. Euro an Risikoergebnis (also Vorsorge für ausfallende Kredite) ausreichend sind angesichts des Ukraine-Krieges und eines sich abzeichnenden Wirtschaftsabschwungs. Immerhin hat die Bank schon im ersten Quartal 464 Mio. Euro oder rund zwei Drittel davon verbucht.
Doch trotz dieser hohen Belastung erreichte die Commerzbank den hohen operativen Quartalsgewinn von voraussichtlich mehr als einer halben Mrd. Euro., der ein Konzernergebnis von 284 Mill. Euro (Vorjahr: 133 Mio. Euro) ermöglicht. Hinter dem Gewinnanstieg steht ein deutlicher Anstieg der Erträge, also der Einnahmen der Bank. Sie stiegen „dank eines starken Kundengeschäfts in allen operativen Bereichen“ um zwölf Prozent auf rund 2,8 Mrd. Euro.
Commerzbank rechnet mit Ergebnis über 1 Mrd. Euro
Trotz des starken Quartalsergebnisses rechnet die Commerzbank für das Gesamtjahr unverändert mit einem Konzernergebnis von mehr als einer Mrd. Euro. „Das gilt auch für das Risikoergebnis, das weiterhin bei weniger als 700 Millionen Euro für das Gesamtjahr 2022 unter Berücksichtigung der gebildeten Top-Level-Adjustments erwartet wird“, heißt es in der Mitteilung. Voraussetzungen dafür sei allerdings, dass „die wirtschaftlichen Auswirkungen des Russland-Ukraine-Kriegs begrenzt bleiben.“
Trotz der Unterschiede eint beide Banken eines: Sie profitieren von den jüngst deutlich gestiegenen Kapitalmarktzinsen. Bei der Deutschen Bank erreichte das Segment Private Bank mit einem Vorsteuergewinn von 419 Mio. Euro deutlich mehr als Analysten erwartet hatten (291 Mio. Euro). Die Commerzbank wiederum steigerte ihren Zinsüberschuss um zwölf Prozent auf rund 1,2 Mrd. Euro und führte dies unter anderem auf die bereits erhöhten Leitzinsen in Polen zurück. Die Commerzbank ist mit ihrer Tochter mBank in Polen aktiv. Chance und Risiko liegen hier allerdings eng beieinander, wie die Bank einräumt. Denn noch immer steht im Raum, dass die mBank Kunden für Verluste mit Franken-Krediten entschädigen muss, was wohl der Commerzbank ein Loch in die Bilanz reißen würde.
Bislang profitieren beide deutsche Großbanken jedoch davon, dass sie Kredite zu höheren Zinsen als noch im Vorjahr ausreichen können. So haben sich die Zinsen für Immobilienkredite – grob gesagt – mehr als verdoppelt. Zugleich sind die Einlagezinsen jedoch unverändert niedrig geblieben und die Banken erheben weiterhin als Vewahrentgelte bezeichnete Negativzinsen auf größere Sparguthaben – obwohl die Rendite kurzlaufender deutscher Staatsanleihen wieder positiv ist. Die Deutsche Bank hatte jüngst auf Anfrage von Capital erklärt, die Zinsen auf Bankeinlagen würden erst dann steigen, wenn die Europäische Zentralbank die Leitzinsen anhebt. Im Juli könnte es möglicherweise schon soweit sein, was den Banken ab dem dritten Quartal einen weiteren Gewinn-Booster bescheren könnte.