Die Corona-Pandemie hat schlagartig das Wirtschaftssystem auf den Kopf gestellt . Viele Geschäfte müssen schließen, Autobauer stellen die Produktion ein. Auf der anderen Seite sorgen Hamsterkäufe und gerechtfertigte Großeinkäufe im Einzelhandel für Umsätze, die selbst das Weihnachtsgeschäft weit in den Schatten stellen. Der ökonomische Ausnahmezustand produziert etliche Verlierer und einige Gewinner. Aber auch für Letztere hat das Riesengeschäft eine Schattenseite.
Wenn von „Profiteuren“ der Krise die Rede ist, hat das einen unguten Beigeschmack. Denn hier geht es um ganz alltägliche Branchen und Geschäftsfelder, im Gegensatz etwa zur Rüstungsindustrie. Die Krise sorgt schlicht für eine Nachfrage, die von einigen Unternehmen exakt bedient werden kann. Diese extreme Verschiebung der Kräfte in der plötzlich gar nicht mehr freien Marktwirtschaft kann den „Profiteuren“ von heute womöglich morgen aber schon wieder auf die Füße fallen. Trotzdem aktuell gilt:
Diese Unternehmen verdienen während der Corona-Krise besonders gut
Diese Unternehmen profitieren von Corona
Auf den ersten Blick scheint klar zu sein: Amazon ist der große Gewinner der Covid-19-Krise. Während die meisten Einzelhandelsgeschäfte schließen müssen, kann der Online-Riese seine Kunden rund um die Uhr mit allen erdenklichen Waren versorgen. Durch das mittlerweile gut ausgebaute Netz an eigenen Lieferdiensten ist Amazon zudem weitgehend unabhängig von DHL und Hermes. Der Marktwert von Amazon soll Medienberichten zufolge innerhalb von zehn Tagen um 100 Mrd. Euro gestiegen sein. Allein Gründer und Hauptaktionär Jeff Bezos ist demnach um gut 10 Mrd. Euro reicher geworden. Da erscheint es wie ein Luxusproblem, dass Amazon beim Ausliefern nicht hinterherkommt und mittlerweile Waren, die für den täglichen Gebrauch wichtig sind, bevorzugt abwickelt.
Die aktuelle Krise könnte für Amazon aber auch in negativer Hinsicht einen Wendepunkt markieren. Die Börsen sind derzeit unberechenbar. So schnell wie der Marktwert gestiegen ist, kann er auch wieder sinken. Noch Anfang März hatte Bezos quasi über Nacht wegen eines Kurssturzes 7 Mrd. Dollar verloren, wie CNBC berichtete. Die Lieferengpässe führen zudem zu Klagen von Prime-Kunden. Die müssen in den USA bereits auf eigentlich lieferbare Artikel bis zu einen Monat warten. Viele schreiben auf Twitter, Prime deswegen gekündigt zu haben oder fordern zumindest einen Teil der Abokosten ein. Neben so kurzfristigen Effekten könnte Corona bei einigen Verbrauchern zu einem grundlegenden Umdenken führen. Viele unterstützen derzeit bewusst lieber kleine Händler in der Umgebung. Amazon macht den Umstieg leicht, wenn eh keine Produkte geliefert werden können. So hatte der Lebensmitteldienst Amazon Fresh in Berlin Ende März für die nächsten vier Wochen keine freien Lieferkapazitäten. Außerdem ruft das extreme Wachstum bei Amazon Wettbewerbshüter auf den Plan.
Digitale Dienste werden in der Quarantäne oder selbst gewählten sozialen Isolation für viele Menschen zum Rettungsanker. Hier gibt es keine Lieferengpässe und leeren Regale, Ablenkung ist auf Knopfdruck verfügbar. Ein Abo bei einer Streamingplattform wurde deshalb spätestens im März 2020 für viele Deutsche zum Muss. Ausgerechnet in diesem Monat wurde zudem die Auswahl unter den Anbietern größer. Neben Netflix, Amazon Prime Video, Youtube oder Sky steht nun auch in Deutschland der mit Spannung erwartete Konkurrent Disney+ zur Verfügung.
In der Krise darf sich nicht jeder selbst der nächste sein. Das Gebot der Stunde lautet Rücksicht. Das gilt auch für den digitalen Raum im Allgemeinen und Videostreaming-Plattformen im Besonderen. Die stark gestiegene Nachfrage nach ihren Inhalten strapaziert die jetzt so wichtigen Datennetze zusätzlich. Denn Videodateien sind riesig, insbesondere in hoher Auflösung. Die großen Anbieter folgten daher dem Aufruf der EU-Kommission, ihre Datennutzung freiwillig zu drosseln. Disney und Netflix versprachen einen Rückgang um 25 Prozent, Youtube spielt Videos standardmäßig nur noch in SD ab. Bei manchen Anbietern können Kunden im Menü aber weiterhin die höchste Bildqualität wählen. Dafür wurde der Start von Disney+ in Frankreich auf den Wunsch der Regierung vom 24. März auf 7. April verschoben.
Gesunder Geschäftssinn oder schamlose PR-Aktion – der Unterschied ist in Zeiten von Corona manchmal schwer zu ziehen. Der Pornoanbieter Pornhub jedenfalls versteht es vortrefflich, sich mit vermeintlich guten Taten in den Schlagzeilen zu halten. Erst machte er seinen Premiumdienst für die besonders von Covid-19 betroffenen Italiener am 12. März vorübergehend gratis. Dann folgten erst Frankreich und Spanien und am 24. März schließlich die ganze Welt. Die darf bis 23. April kostenfrei Pornos in HD-Qualität und ohne Werbung schauen.
Allerdings lässt es sich Pornhub nicht nehmen, zumindest die E-Mail-Adresse bei der Registrierung für den Dienst abzugreifen. Vor Beginn der Gratisaktionen verzeichnete Pornhub nach eigenen Angaben weltweit eine leicht gestiegene Nachfrage von einigen Prozent. Am 17. März lag das globale Plus bereits im zweistelligen Bereich, in Spanien stiegen die Zugriffszahlen gar um 61 Prozent. Da dürfte damit zu rechnen sein, dass viele Nutzer auch nach Ablauf der Gratiszeit dem dann kostenpflichtigen Dienst treu bleiben. Es gab aber auch einen Backlash. Im katholischen Italien etwa meinten Nutzer auf Twitter: Wir wollen eure Pornos nicht.
Digitale Homeoffice-Lösungen waren schlagartig weltweit gefragt. Dienste wie der Chat-Dienst Slack oder auch die deutsche Fernwartungssoftware Teamviewer verzeichneten in den Anfangstagen der sich zuspitzenden Krise stark steigende Nutzerzahlen. Dennoch brach Mitte März der Aktienkurs von Slack um 20 Prozent ein. Analysten waren enttäuscht von der Umsatzprognose für das laufende Quartal. Derzeit scheint Microsoft Teams als Sieger aus der Krise hervorzugehen. Das Videokonferenz-Tool soll im März binnen einer Woche fast 40 Prozent mehr Nutzer verzeichnet haben. Laut Microsoft wurden im November 2019 noch täglich 20 Millionen aktive Nutzer gezählt. Im März 2020 waren es bereits 44 Millionen. Kein Wunder, dass da Konkurrent Google plötzlich bei seiner G Suite Premiuminhalte für Videokonferenzen für alle Abonnenten freischaltete.
Der Homeoffice-Trend führt auch zu einer steigenden Nachfrage nach Notebooks und PCs. Allerdings können wegen der unterbochenen Lieferketten nicht alle Wünsche erfüllt werden. Der Versandhändler Notebooksbilliger.de berichtete von einer sark steigenden Nachfrage nach Laptops, PC-Systemen und Monitoren. Zugleich schränkte das Unternehmen die Bestellmöglichkeiten ein: Pro Kategorie können nur noch zwei Geräte gekauft werden - und systemrelevante Kunden (Polizei, Feuerwehr etc.) werden bevorzugt bedient. Von langer Dauer wird die hohe Nachfrage wohl nicht sein: Analysten gehen davon aus, dass sich die Verkäufe nach der Krise wieder normalisieren werden.