Die OPEC treibt mit geringen Fördermengen nicht nur die Ölpreise in die Höhe. Das Ölexportkartell verlängert mit dieser Strategie auch die Lebensdauer der Ölvorkommen in ihren Mitgliedsstaaten. Allerdings könnte der letzte Tropfen Erdöl bald aus den Wüsten in Saudi-Arabien oder den Vereinigten Arabischen Emiraten gepumpt werden, wie der Ölkonzern BP in der Analyse „ Statistical Review of World Energy 2021 “ errechnet hat.
Die zehn der Länder mit den größten Erdölvorkommen spaltet sich den Daten zufolge in zwei Lager: Exportriesen, die sich dringend auf die Zeit nach dem Erdöl vorbereiten müssen sowie erdölreiche Länder, in denen die bekannten Reserven im Boden noch mindestens hundert Jahre reichen werden. Bei zwei Ländern sind es sogar mehrere Jahrhunderte, weil der Rohstoffreichtum noch vergleichsweise schwach ausgebeutet wird.
Diese Länder verfügen über die größten Erdölreserven:
Diese Länder haben am meisten Erdöl
Libyen verfügte laut BP Ende 2020 über 48,4 Milliarden Barrel an nachgewiesenen Erdölvorkommen. Das entsprach 6,3 Milliarden Tonnen oder 2,8 Prozent der weltweit bekannten Reserven im Erdboden. In nur einem der 49 Staaten, die BP für diese Statistik untersucht hat, würden die Vorkommen bei den aktuellen Fördermengen noch länger reichen als in Libyen. Die Experten errechneten für das nordafrikanische Land einen Zeitraum von 339 Jahren. Ein Grund: Libyen lag 2020 auf der Liste der größten Erdölproduzenten der Welt nur auf Platz 31.
Ganz anders sieht die Lage in den USA aus. Kein Land hat 2020 mehr Erdöl gefördert als die Vereinigten Staaten. Sie haben ihre Produktionsmengen im vergangenen Jahrzehnt um jährlich durchschnittlich 8,9 Prozent gesteigert. Das war der höchste Wert in der BP-Statistik. Die bekannten Ölvorkommen konnten in den vergangenen 20 Jahren – auch dank des umstrittenen Frackings – von 30,4 auf 68,8 Milliarden Barrel gesteigert werden. Allerdings wären die Vorräte angesichts des hohen Verbrauchs laut BP bereits in etwa elf Jahren erschöpft.
Die bekannten Ölreserven in den Vereinigten Arabischen Emirate sind seit der Jahrtausendwende gleich geblieben. 97,8 Milliarden Barrel entsprachen zuletzt 5,6 Prozent der weltweiten Reserven und bedeuteten Platz acht im Länder-Ranking. Das Ende des Erdöl-Zeitalters ist beim aktuell siebtgrößten Produzenten der Welt absehbar. Die aktuellen Vorkommen der VAE würden laut BP bei den aktuellen Fördermengen nur noch 73 Jahren reichen.
Nur Reserven für knapp 28 Jahre prophezeiten die BP-Analysten Russland, sollte es keine weiteren Ölreserven erschließen. Das Mitglied der OPEC+ lag 2020 auf Platz drei der größten Erdölproduzenten. Bei den bekannten Vorkommen kam es mit 107,8 Milliarden Barrel auf Rang sechs. Etwas über ein Viertel (27,6 Prozent) der weltweit noch vorhanden Vorkommen lagerten demnach in russischem Boden.
Saudi-Arabien war 2020 hinter den USA der zweitgrößte Erdölproduzent der Welt. Auch bei den bekannten Reserven kam der OPEC-Primus mit 297,5 Milliarden Barrel oder 40,9 Milliarden Tonnen auf Platz zwei. Allerdings wäre hier nach aktuellem Stand das Ende ebenfalls absehbar, ähnlich wie in den VAE. BP ging in der Analyse von knapp 74 Jahren aus.
Das goldene Erdölzeitalter könnte Venezuela hingegen noch bevorstehen. Das krisengeschüttelte Land kam 2020 nur auf Platz 27 der größten Fördernationen der Welt. Dabei verfügt es über gewaltige Mengen des begehrten Bodenschatzes. Venezuela lag mit 303,8 Milliarden Barrel (17,5 Prozent der weltweiten Vorkommen) knapp vor Saudi-Arabien auf Platz eins. Im Jahr 2000 hatten sich die bekannten Vorkommen noch auf lediglich 76,8 Milliarden Barrel summiert. Angesichts der geringen Fördermengen würden die aktuellen Vorräte laut BP mehr als 500 Jahre reichen. China, der sechstgrößte Produzent von Erdöl 2020, kam bei den Reserven lediglich auf Platz 13. Laut der BP-Prognose würden die Vorräte nur rund 18 Jahre reichen – ein Grund, warum China so stark auf erneuerbare Energien und Atomkraft setzt.