Mit dem Impfstoff von Johnson & Johnson könnte in Europa bald ein vierter Impfstoff zugelassen sein. Am Mittwoch hatte der US-Konzern bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) eine Zulassung beantragt. Bis Mitte März soll feststehen, ob neben den Vakzinen von Biontech/Pfizer, Moderna und Astrazeneca bald auch ein weiterer Wirkstoff zur Verfügung steht.
Gibt die EMA grünes Licht, könnten schon bald die ersten der 200 Millionen bestellten Impfstoffdosen innerhalb der EU ausgeliefert werden. Bisherigen Prognosen zufolge könnte die Hälfte der Menge bis Juni geliefert werden. So viel hat die EU-Kommission bereits beim US-Konzern vorbestellt mit der Option auf weitere 200 Millionen Dosen.
Um die Impfstoffversorgung zusätzlich auszuweiten, setzt die EU-Kommission außerdem auf Nachbestellungen unter anderem vom US-Konzern Moderna. Demnach sollen bis Ende 2022 300 Millionen zusätzliche Dosen an die EU geliefert werden, rund 150 Millionen davon in der zweiten Jahreshälfte.
Damit regiert die EU-Kommission auf die jüngste Kritik an der schleppenden Impfkampagne. Zwar hatte die Kommission2020 mit sechs Konzernen Verträge über bis zu 2,3 Milliarden Impfdosen abgeschlossen. Insbesondere die jüngsten Lieferschwierigkeiten sorgen allerdings für Engpässe bei den einzelnen Impfkampagnen. Nach der Ankündigung von Biontech/Pfizer im Januar vorüber weniger Impfstoffe als zugesagt zu liefern, kündigte Ende Januar auch Astrazeneca an, im ersten Quartal nur die Hälfte der versprochenen Menge – rund 40 Millionen Impfdosen – liefern zu können.
Diese EU-Standorte wirken bei der Impfstoffproduktion mit
An den einzelnen Produktionsstandorten läuft die Herstellung indes auf Hochtouren. Eine Übersicht über die deutschen Standorte der Corona-Impfstoffproduktion hat Capital bereits in einer eigenen Bilderstrecke vorgestellt. Außerhalb Deutschlands wird an diesen europäischen Standorten Impfstoff produziert.
Recipharm, Monts
Ende Dezember schloss Moderna einen Vertrag mit Recipharm über die Produktion und Abfüllung des Corona-Impfstoffes. Demnach soll aus dem Werk in Monts nahe der Loire ab März ein Teil der Moderna-Lieferungen verschickt werden. Der schwedische Auftragshersteller hat insgesamt vier Werke in Frankreich. Im Frühjahr sollen noch andere Produzenten in die Impfstoffproduktion einsteigen. Ab April will Delpharm mit seinem Werk Saint-Rémy-sur-Avre für Biontech/Pfizer produzieren, Fareva will ab Mai in den Werken in Pau und Val-de-Reuil für Curevac die Abfüllung und Verpackung übernehmen.
Lonza, Visp
Der Pharmahersteller Lonza ist einer der ersten europäischen Partner des US-Konzerns Moderna. Schon im Mai 2020 hatten sich beide Unternehmen auf eine Kooperation geeinigt. Neben dem Produktionsstandort in den USA, wird dabei vor allem im schweizerischen Visp produziert. Das Pharma-Unternehmen mit Sitz in Basel wächst bereits seit einigen Jahren kontinuierlich, hat durch die Kooperation mit Moderna aber noch einmal einen bedeutenden Schub erhalten. Bislang hat Lonza in Visp etwa 300 Millionen und in den USA zusätzliche 100 Millionen Impfdosen produzieren. Zuletzt wollte der Pharmazulieferer die Produktion steigern, hat aber keine konkreten Zahlen bekannt gegeben.
Janssen, Leiden
Der US-Pharmakonzern Johnson & Johnson steht mit seinem Impfstoff kurz vor der Zulassung durch die europäischen Behörden. Bei der Konzern-Tochter Janssen im niederländischen Leiden ist die Impfstoffproduktion dabei schon angelaufen, denn pünktlich zur Zulassung will der US-Konzern lieferfähig sein. Anders als bei den bisherigen Vakzinen reicht dabei eine Impfdosis für die Immunisierung aus.
Reig Jofre, Barcelona
Auch in Barcelona steht die Impfstoffproduktion für Johnson & Johnson in den Startlöchern. Dort ist das spanische Pharmaunternehmen Reig Jofre an der Abfüll- und Endfertigungsphase beteiligt. Pünktlich zur neuen Produktionslinie soll auch das neue Werk in Barcelona fertig sein. Nach eigenen Angaben sollen hier 50 Millionen Impfstoffdosen vom Band rollen, zusätzlich zur bestehenden Produktion anderer Impfstoffe und Medikamente.
Rovi, Madrid
Anfang Januar hat Rovi die erste Charge des Moderna-Impfstoffes produziert. Das Pharmaunternehmen in Madrid ist für den letzten Schritt der Impfstoffproduktion, das sogenannte „Fill & Finish“ zuständig. Damit ist Rovi einer von drei Standorten in Spanien, die an der Impfstoffproduktion mitwirken.
Polymun, Klosterneuberg
Unverzichtbare Bestandteile bei der Impfstoffproduktion sind Lipide, die die mRNA schützen und stabilisieren. Hersteller dieser Lipide sind daher sehr gefragt. Einer davon ist das Biotech-Unternehmen Polymun Scientific im österreichischen Klosterneuburg. Bereits seit 2018 arbeitet Polymun mit Biontech zusammen, und formuliert auch den Impfstoff von Biontech/Pfizer. Auch Curevac, Arcturus Therapeutics aus den USA und das Imperial College in London zählen zu den Kunden des Unternehmens.
Puurs, Pfizer
Das Pfizer-Werk in der belgischen Gemeinde Puurs-Sint-Amands war zuletzt wegen umbaubedingten Lieferverzögerungen in den Schlagzeilen. Nach Angaben von Pfizer dienen die Umbauten dazu, die Kapazitäten ab Mitte Februar zu erhöhen. Bislang hatte der Standort nach eigenen Angaben 400 Millionen Impfdosen und Medikamente pro Jahr verarbeitet. Dazu gehört seit 2020 auch der eigene Corona-Impfstoff. In Puurs wird der mRNA-Impfstoff etikettiert, verpackt und in speziellen Gefrierschränken gelagert.
Thermo Fisher, Seneffe
Wegen der Verzögerungen bei der Impfstoff-Lieferung von Astrazeneca geriet zuletzt auch die Fabrik des französischen Pharmaherstellers Novasep, die seit dem 15. Januar zu Thermo Fisher gehört, in die Schlagzeilen. Belgien hatte daraufhin Ermittler in das Werk in Seneffe, 40 Kilometer von Brüssel entfernt, entsandt. Sie sollten überprüfen, ob tatsächliche Produktionsschwierigkeiten im Werk vorlagen. Die Vereinbarung über die Produktion in Seneffe wurde bereits im Juni 2020 geschlossen.
GSK, Wavre
Nachdem der eigene Impfstoff, den GSK zusammen mit Sanofi entwickelt hat, hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist, unterstützt der britische Pharmakonzern die Produktion des Curevac-Vakzins. An seinem Standort im belgischen Wavre sollen insgesamt 100 Millionen Dosen pro Jahr vom Band rollen. Wavre gehört zu einem der größten Produktionsstandorte weltweit.
Wacker Chemie, Amsterdam
Neben Johnson & Johnson hofft auch das Tübinger Biotechunternehmen Curevac bei seinem Impfstoff auf eine baldige Zulassung. Dabei arbeitet Curevac in der Herstellung unter anderem mit Wacker Chemie zusammen. Demnach soll der Standort in Amsterdam an der Produktion der mRNA-Wirkstoffsubstanz beteiligt sein. In Amsterdam sollen pro Jahr mehr als 100 Millionen Dosen des Impfstoffs hergestellt werden. Die Vorbereitungen für den Produktionsstart in Amsterdam, für den Technologietransfer und die Testläufe haben schon Ende 2020 begonnen. Der Standort bietet außerdem Erweiterungsoptionen, so dass zukünftig auch ein steigender Bedarf gedeckt werden könnte.
Catalent, Anagni
Der US-Auftragsfertiger Catalent produziert gleich mehrere Impfstoffkandidaten. Neben den bereits zugelassenen Impfstoffen von Moderna und Astrazeneca gehört dazu auch das Vakzin von Johnson & Johnson. Neben zwei Standorten in den USA läuft auch im Werk im italienischen Anagni die Vorbereitung von Millionen von Impfstoffdosen auf Hochtouren. Dort füllt Catalent vor allem den Astrazeneca-Impfstoff ab. Italienischen Medien zufolge könnten bald aber auch andere Impfstoffe in Anagni produziert werden.