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Deutsche Bank Chinesischer Großaktionär entzweit Cryan und Achleitner

CEO-John Cryan (l.) und Aufsichtsratschef Paul Achleitner bei der Hauptversammlung im Mai
CEO-John Cryan (l.) und Aufsichtsratschef Paul Achleitner bei der Hauptversammlung im Mai
© Getty Images
Deutsche Bank-Chef Cryan düpiert den Aufsichtsratsvorsitzenden Achleitner. Der CEO geht dem chinesische Investor HNA aus dem Weg, um den der Chefkontrolleur geworben hatte.

Die meisten CEOs sind eifrig darum bemüht, ihren größten Aktionär zu treffen und ihn zu umgarnen. Nicht so Deutsche-Bank-Chef John Cryan. Er weicht einem Treffen mit einem Großaktionär aus. Dieser Eigentümer ist zufällig der chinesische Mischkonzern HNA Group , ein umstrittener Akteur auf der Weltbühne, der im Frühjahr seinen Anteil an der deutschen Kreditgeberin auf fast zehn Prozent aufstockte.

Cryan sagte zu Mitarbeitern, er wolle nichts mit dem chinesischen Konglomerat zu tun haben. Die Abfuhr habe bei Mitgliedern des Aufsichtsrats und Kunden der Deutschen Bank für Aufsehen gesorgt, so Bank-Insider. Und sie verärgerte den Aufsichtsratsvorsitzenden Paul Achleitner, der sich um die HNA-Investition bemüht hatte. Achleitner mag es nicht, wenn sich Führungskräfte negativ über einzelne Aktionäre äußern, sagen die Insider.

Die Spannungen zwischen HNA, Cryan und Achleitner fallen in eine Zeit, in der die Deutsche Bank seit nunmehr fast einem Jahrzehnt darum kämpft, wieder auf den Erfolgspfad zurückzukehren und Stabilität in die oberste Führungsetage zu bringen. Unterminiert werden die Comebackbemühungen durch die nur langsam fortschreitende Trendwende und interne Auseinandersetzungen über Stil und Strategie, die auch auf Treffen mit Kunden und Aufsichtsbehörden abfärbt, wie Kenner der Bank sagen.

Entscheidungen an Cryan vorbei

Im Zentrum steht der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, John Cryan, ein Brite, der die Geschichte von Deutschlands größtem Kreditgeber lenkt. Cryan muss zwischen deutschen und britischen Managern vermitteln, die bei der Rekonfiguration der Bank für die Post-Brexit-Ära um Geld und Personal rangelten. Unter dem Druck der Investoren liegt es in der Verantwortung des Bank-Chefs Kosten zu senken, die Technik zu erneuern und das Investmentbanking wieder profitabel zu machen. Die HNA hat er gemieden.

Achleitner war aus der aktuellen Führungsriege der Deutschen Bank der Architekt dieser Verbindung; er gilt als aktiver Aufsichtsrat. Einige Führungskräfte wenden sich manchmal unter Umgehung Cryans an Achleitner, um Unterstützung für wichtige Entscheidungen zu erhalten, sagen Bankkenner.

Schon bald habe diese Vorgehensweise Cryans Managementaufgabe erschwert, sagen Personen, die mit den beiden Männern vertraut sind. Ein Bankensprecher sagt, es sei normal, dass ein deutscher Aufsichtsratschef „regelmäßig mit allen Vorstandsmitgliedern in Kontakt stehe“Achleitner unterstütze Cryan, und es sei gut für beide, wenn sie manchmal anderer Meinung seien, sagen einige ihnen nahestehenden Personen.

Im vergangenen Jahr überstand die Deutsche Bank Rechtsstreitigkeiten, die in den Augen von Investoren und Kunden ihre Stabilität gefährdeten. Zudem beschaffte sie sich 8,5 Mrd. Dollar frisches Kapital . Sie hat sich auch durch wichtige strategische Entscheidungen laviert wie die Aufteilung und den Umbau des Handelsgeschäfts und des Investmentbankings.

Wer ist die HNA-Group?

Dieses Jahr brachte wieder neue Komplikationen mit sich. Achleitner umwarb die HNA, als die Deutsche Bank im März und April mit ihrer Kapitalerhöhung beschäftigt war, sagen Bank-Insider. Cryan und HNA-Chef Adam Tan hätten sich noch nie getroffen, so Kenner der Materie. Achleitner und HNA-Vertreter versuchten, die beiden zusammenzubringen, aber Cryan ziehe es vor, sich auf Kunden und Aufsichtsbehörden zu konzentrieren, sagen Personen, die dem CEO der Deutschen Bank nahe stehen. „Ja, er hat ihn nicht getroffen, aber das wird er natürlich noch“, sagte ein Sprecher der Deutschen Bank.

Die HNA Group steht nicht nur wegen der Deutschen Bank unter Beobachtung. Deutsche und europäische Regulierungsbehörden prüfen derzeit das chinesische Unternehmen, seine Finanzen und die Deutsche-Bank-Beteiligung, einschließlich des Einflusses der HNA auf die Bank als ihr größter Aktionär. Das nach außen hin verschlossene Unternehmen sieht sich angesichts wachsender Investitionen im Ausland mit Fragen über seine Eigentümerverhältnisse und mögliche Verbindungen zur chinesischen Regierung konfrontiert

In den USA und anderswo hätten einige Investmentbanken, die bei Finanzierung und Beratung weiterer HNA-Investitionen profitieren wollten, erstmal eine Pause, sagen den Unternehmen nahestehende Personen.

HNA setzt Derivate ein, um Verluste und Gewinne aus der Deutsche-Bank-Beteiligung zu begrenzen. Cryan betrachte die HNA-Methode in Kreditgeber zu investieren als spekulativ, wodurch Risiken für Kreditgeber und Investoren entstünden, sagen Bankkenner.

HNA bekennt sich zu langfristigem Engagement

Ein HNA-Sprecher erklärte, dass „die Deutsche Bank weiterhin als attraktive Investitionsmöglichkeit“ angesehen werde und sich HNA verpflichtet habe, einen langfristigen Beitrag zum Erfolg der Deutschen Bank zu leisten. HNA hat Schritte zur Umstrukturierung ihrer Eigentümerstruktur unternommen einschließlich der Gründung einer New Yorker Stiftung, die ihr größter Aktionär werden soll. Eine mit dem Unternehmen vertraute Person sagte, dass die chinesische Regierung keine HNA-Anteile besitze und keiner ihrer Aktionäre Aktien für chinesische Regierungsbeamte halte.

Mitte Februar meldete die HNA erstmals, dass sie über den österreichischen Vermögensverwalter C-Quadrat Investment AG einen Anteil von 3,04 Prozent an der Deutschen Bank halte. Am 5. März verkündete die Deutsche Bank Pläne, dass sie sich 8,5 Mrd. Dollar durch eine Kapitalerhöhung beschaffen wolle. Das weithin bekannte Interesse von HNA an einer Aufstockung ihrer Beteiligung trug dazu bei, dass die Kapitalerhöhung reibungslos vonstatten ging, weil der neue Großaktionär seine Unterstützung signalisiert habe, sagen Banker und Investoren. Dies kann andere potenzielle neue Investoren dazu ermutigen, dem Beispiel zu folgen.

Am 14. März war Tan mit Achleitner, dem damaligen Finanzvorstand der Deutschen Bank, Marcus Schenck, und einem C-Quadrat-Vorstand in Frankfurt zum Abendessen verabredet, wie mit dem Termin vertraute Personen berichten. Die HNA-Vertreter hätten Cryan erwartet, sagen einige der Personen. Doch der Vorstandschef sei an diesem Abend nicht in Frankfurt gewesen.

Alexander Schütz vertritt die HNA im Aufsichtsrat
Alexander Schütz vertritt die HNA im Aufsichtsrat (Foto: dpa)
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Zwei Tage später gab die Deutsche Bank bekannt, dass ihr Aufsichtsrat zwei neue Mitglieder nominieren werde, darunter Alexander Schütz, CEO von C-Quadrat, der von HNA vorgeschlagen wurde. Schütz beriet HNA bei weiteren Geschäften und hat einen Teil seiner Firma an die Gruppe verkauft.

Anfang Mai veröffentlichte HNA in einem Zulassungsantrag Details zu ihrer fast zehnprozentigen Beteiligung an der Deutschen Bank. Dabei stellte sich heraus, dass die Chinesen zu diesem Zeitpunkt mehr als 2,8 Mrd. Dollar an Finanzierungen - hauptsächlich von der UBS - für den Kauf von Aktien im Wert von etwa 3,8 Mrd. Dollar verwendet hatten. Sie tätigte auch ein Derivategeschäft mit der UBS. Ein Teil davon schützte die HNA, sollte die Aktie unter 15 Euro fallen. Seit Anfang August liegt der Aktienkurs unter 15 Euro - am vergangenen Freitag schloss er bei 14,72 Euro.

Die meisten Führungskräfte der Deutschen Bank hätten von der Beteiligung durch die Mitteilung an die Regulierungsbehörde erfahren, sagen Bank-Kenner. HNA erwarb den größten Teil der Aktien am Markt und limitierte damit die Kontrolle der Deutschen Bank über den Prozess, was die amtlichen Zulassungsanmeldungen und Bank-Insider bestätigen.

Der frühere UBS-Finanzchef Cryan erzählte einigen der Bank nahestehenden Personen, die Finanzierung der HNA sei undurchsichtig und es habe ihm nicht gefallen, dass der Investor die Aktien der Bank gekauft habe und gleichzeitig gegen sie gewettet habe.

Cryan ziert sich weiter

Am 18. Mai wählten die Aktionäre bei der Hauptversammlung der Deutschen Bank Schütz mit überwältigender Mehrheit in den Aufsichtsrat. In Frankfurt versammelte sich die Führungsriege zum Abendessen. Danach warteten die Chauffeure darauf, sie nach Hause und in die Hotels zu bringen.

Schütz war überrascht, dass ihm kein Auto zur Verfügung gestellt wurde. Er musste mit einem Aufsichtsratskollegen mitfahren, wie er selbst und andere berichteten. Bei der Deutschen Bank wurde darauf hin gescherzt, irgendjemand bei der Bank müsse gewollt haben, dass der HNA-Mann zu Fuß laufen muss. Eine andere Version der Geschichte besagt, dass Schütz ein Auto abgelehnt habe, so dass die Deutsche-Bank-Planer auch keins für ihn gebucht hatten.

Copyright The Wall Street Journal 2017

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