Online-Glücksspiele werden Anfang Juli in ganz Deutschland weitgehend legal. Dann tritt der neue Glücksspielstaatsvertrag in Kraft: Online-Poker und Automatenspiele im Internet sind nach bundesweit einheitlichen Regeln erlaubt. Oberstes Ziel der Neuregelung zwischen den Ländern ist der Spieler- und Jugendschutz. So ist für Glücksspiel im Netz künftig ein Spielkonto zwingend, für das Spieler sich identifizieren und ausweisen müssen. Das monatliche Einsatzlimit liegt bei maximal 1000 Euro.
Bisher wurde das virtuelle Glücksspiel von Anbietern außerhalb Deutschlands quasi geduldet. Legal war es nur in Schleswig-Holstein. Eine neue Aufsichtsbehörde soll bis 2023 Überwachungsstrukturen und Datenbanken aufbauen, die die Aktivitäten und Limits von Spielern nachvollziehen. Anbieter sind auch verpflichtet, ein Spielsuchtfrüherkennungssystem und einen Panik-Knopf einzurichten, mit dem sich Spieler selbst sperren können. Andernfalls können Bundesländer im Erlaubnisverfahren Anträge abweisen.
Haltelinien
Ziel der Legalisierung ist es, unerlaubte Glücksspiele in Schwarzmärkten zu bekämpfen und den natürlichen Spieltrieb in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken. Auch so wurden mit Online-Wetten und Games schon geschätzt bis zu 3 Mrd. Euro verdient – etwa 20 Prozent aller deutschen Glücksspielerträge. Reguliert waren bislang die staatlichen Lotterien oder Spielhallen. Der Schwarzmarkt wird häufig gesteuert von asiatischen Playern.
Weltweit konnte im Corona-Jahr 2020 das Online- Glücksspiel den drastischen Ertragseinbruch auf 366 Mrd. Dollar in Casinos, Spielhallen und Wettstuben nur bedingt abfedern. Aber es macht nach Branchenberichten mit Erträgen zwischen 60 und 67 Mrd. Dollar inzwischen 17 bis 22 Prozent des Gesamtmarktes aus, nach zwölf Prozent vor Corona und etwa die Hälfte davon in Europa. Und es werden zweistellige Wachstumsraten erwartet.
Hier ist ein Überblick über die Top 10 Glücksspielmärkte nach Erträgen:
Das sind die zehn größten Glücksspiel-Märkte der Welt
Südkorea – mit 10,8 Mrd. Dollar auf Platz zehn der Bestenliste – ist eines der wenigen Länder, in denen noch legal auf Pferdekämpfe gewettet werden kann. Einheimischen stehen Sportwetten und lokale Lotterien offen, während sie legal nur ein einziges Casino besuchen dürfen. Eine Vielzahl gewerblicher Casinos sind allein Touristen vorbehalten. Das digitale Glücksspiel ist verboten, und die Regierung versucht, ausländische Seiten zu sperren. Nach Untersuchungen hat besonders unter Jugendlichen die Spielsucht über die Teilnahme an Online-Games in den vergangenen Jahren stark zugenommen.
Der französische Glücksspielmarkt ist noch immer streng reglementiert, setzte dafür aber 2019 stolze 13,6 Mrd. Dollar um, was Frankreich auf Weltrang neun platziert. Derzeit dürfen private Sportwettenanbieter operieren. Auch landbasierte Casinos, wie hier das Golden Palace Casino Boulogne-sur-Mer, dürfen mit staatlicher Erlaubnis privat betrieben werden. Online-Casinos sind in der Regel verboten, aber Anbieter von Sportwetten, Online-Poker und lotterie-ähnlichen Spielen werden lizenziert. Seit vergangenem Jahr gibt es eine einheitliche Aufsichtsbehörde.
Kanadier zocken wie ihre amerikanischen Nachbarn bevorzugt in Spielbanken und -hallen, wie hier auf der kanadischen Seite der Niagarafälle in Ontario, einer Provinz mit lebhafter Glücksspielszene. Nach dem Strafgesetzbuch ist es illegal, eine Glücksspiel-Website in Kanada zu hosten. Jede Provinz darf jedoch bestimmte Spielarten legalisieren. Manche haben auch eigene Online-Casinos, und vergeben dann keine Lizenzen. Das tut vor allem der Stamm der Mohawk Council of Kahnawake, und so gibt es mindestens 250 Online-Casinos, die Spieler aus ganz Kanada legal aufnehmen. Im Online-Poker ist die kanadische The Stars Group führend, die zwei der beliebtesten Seiten der Welt betreibt. Nach Branchenangaben liegt der Glücksspielumsatz in Kanada bei 15 Mrd. Dollar.
Deutsche lassen mehr Geld in Lottoeinsätzen als im Casino, wie hier im Berliner Viertel Kreuzberg. Nach einer Studie des Handelsblattinstituts haben drei Viertel der deutschen Bevölkerung schon gewerbliche Glücksspieldienste in Anspruch genommen. Der Markt umfasst laut den Analysten von H2 Gambling rund 16 Mrd. Euro – Weltrangplatz 7. Online-Spiele waren bis auf Schleswig-Holstein bislang verboten, als legale Alternativen boten sich digitale Casinos ohne deutsche Lizenz mit Sitz im Ausland an, die über eine EU-weit gültige Lizenz verfügen. Lizenzgeber sind häufig Malta, Gibraltar, Zypern oder Großbritannien.
Die Australier haben 2019 mehr als 18 Mrd. Dollar im Glücksspiel gelassen – bevorzugt in Lotterien und Rubbelartikeln. Nach Umfragen spielen 70 Prozent der Erwachsenen mindestens einmal im Jahr. Der Markt wurde zuletzt von Ermittlungen rund um den Casino-Betreiber Crown Resorts erschüttert, dem unter anderem Geldwäsche mithilfe von Spielautomaten nachgewiesen wurde. Die Aufsichtsbehörde entzog dem Anbieter auch die Lizenz für das Barangaroo Casino in Sydney, einem für VIP-Spieler reservierten neuen Prestigeprojekt. Insgesamt weist vieles darauf hin, dass Kriminelle zum Geldwaschen zunehmend die in Australien Pokies genannten Spielautomaten missbrauchen.
Die Briten denken seit 2020 über eine Neuregulierung des Online-Glücksspiels nach, da das geltende Glücksspielgesetz von 2005 das digitale Geschäft nicht ausreichend abdeckt. Mit 19,5 Mrd. Dollar Umsatz steht die Insel auf Platz fünf weltweit. Sie beheimatet auch einige der global erfolgreichsten Glücksspielkonzerne: darunter den Weltmarktführer im Online Gambling, die International Game Technology, besser bekannt unter dem Kürzel IGT, die auf der Isle of Man ansässige GVC Holding, zu der auch die Wettkette Ladbrokes gehört, sowie bet365 und William Hill. In der Spielkultur der Briten dominieren Pferde- und Sportwetten.
Vor der Corona-Krise, die Italiens Wettbüros, Spielhallen und Casinos schwer getroffen hat, gaben die Italiener jährlich rund 20 Mrd. Euro für Glücksspielprodukte aus. Der Staat kassiert davon etwa die Hälfte. In einer Verschärfung der Gesetze wurde zuletzt die Zahl von Spielautomaten reduziert und Werbung verboten. Einer der größten Wettanbieter ist die maltesische SKS365 Group, die unter dem Namen Planetwi365 knapp 1.000 Shops betreibt. Online-Glücksspiel ist legal und zieht Einsätze im einstelligen Milliardenbereich an, vor allem in Online-Casinos und für Sportwetten.
Über grünes Wasser führt der Weg in die im Cyberpunk-Stil gebaute Spielhalle in der Stadt Kawasaki. Der japanische Glückspielmarkt ist trotz einiger Restriktionen mit 50,5 Mrd. Dollar Einsätzen der drittgrößte weltweit. Neben der staatlichen Lotterie sind seit 2018 auch einige Casinos zugelassen. Private Anbieter betreiben ein dichtes Netz von Spielhallen. Vor allem das Pachinko-Spiel ist dort Volkssport. Jedes Jahr verzocken Japaner an den Flipper-ähnlichen Kugelautomaten rund 200 Mrd. Dollar, ein Vielfaches des Casino-Umsatzes in Las Vegas. Online-Glücksspiele sind in Japan verboten. Aber es gibt zahlreiche ausländische Anbieter, die sich auf den Markt spezialisiert haben.
Das legendäre City of Dreams Casino in Macau ist die Spielwiese privilegierter Chinesen. In der Volksrepublik selbst ist das Glücksspiel verboten – nicht so in ihrer Sonderverwaltungszone. Die Stadt gilt als das Mekka des Glücksspiels weltweit oder das Monte Carlo des Ostens. Die Hälfte der Wirtschaft hängt am Tropf der Touristen, die in Casinos und Spielhallen Vergnügung suchen. Das Geschäft explodierte, nachdem 2001 das Monopol des Milliardärs Stanly Ho aus Hongkong abgeschafft wurde. Die Statistik von H2 Gambling Capital platziert China mit 70,8 Mrd. Dollar Glücksspieleinnahmen 2019 auf Weltrang zwei. Auch digitale Spielhallen verbietet die Kommunistische Partei, die Glückspiel für sozial aufrührerisch und verwerflich hält. Über Plattformen ausländischer Anbieter ist aber auch das ein Millionengeschäft.
Las Vegas bleibt spektakulär. Für 4,3 Mrd. Dollar wurde vor kurzem das neue Resorts World fertiggestellt – das erste neue Luxusobjekt auf dem legendären Strip seit 2010 und zugleich das teuerste der Stadt. Es umfasst drei Hotels der Hilton-Gruppe und eine große Casino-Etage. In Las Vegas ist auch mit Scientific Games einer der Weltmarktführer im Online- und Offline-Gambling ansässig. In den USA, wo für knapp 120 Mrd. Dollar laut H2 Gambling global am meisten gezockt wird, hat jeder Bundesstaat seine eigene Glücksspiel-Gesetzgebung. Digitale Casinos und Sportwetten operieren aber vor allem mit jährlichen Umsätzen von rund 300 Mio. Dollar aus New Jersey heraus.