Und jetzt? Der kluge Philipp Lahm hat die Frage schnell und konsequent beantwortet und ist am Ende dieser Woche einfach als Nationalspieler abgetreten. Für einen, der mit 30 gerade Weltmeister geworden ist, kann es schließlich besser kaum noch werden.
„Es wird nach einem Happy End/ im Film jewöhnlich abgeblendt“, konstatiert Kurt Tucholsky in seinem ernüchternden Gedicht „Danach“. Eigentlich könnte man das ganze deutsche Sommermärchen jetzt so langsam bei romantischer Musik abblenden.
Besser kann es ja wirklich kaum werden. Nicht bloß, weil die Nationalelf endlich den vierten Stern hat und uns Jogi Löw persönlich auf der Fanmeile attestierte, dass „wir alle“ Weltmeister sind.
En Film endet, das Leben geht weiter
Auch in Politik und Wirtschaft sind es gefühlt die Tage des Happy End. Angela Merkel feierte diese Woche ihren 60. Geburtstag und eigentlich das ganze Land scheint rundum glücklich mit dieser Bundeskanzlerin, die auf der Höhe ihres Ruhmes steht.
Die Gewerkschaften vermelden zufrieden, dass die Reallöhne in Deutschland so kräftig steigen wie seit 15 Jahren nicht. Und am Dienstag endete sogar das Gehakel in Europa mit einem offiziellen „Ende gut, alles gut“: Jean-Claude Juncker ist vom Europaparlament als neuer EU-Kommissionspräsidenten bestätigt worden. (Auch wenn die Behauptung der „Tagesschau“ falsch war, er und seine EVP hätten zuvor bei der Europawahl „die meisten Stimmen erhalten“.)
Der Unterschied zwischen einem Filmmärchen und dem Leben ist freilich, dass das Leben weitergeht. Nationalspieler (und irgendwann vielleicht auch Kanzlerinnen) können zurücktreten. Aber in Wirtschaft und Politik wird niemals abgeblendet.
Zeitbombe Altkredite
Wenn Juncker und Merkel sich nicht bloß irgendwie über die Zeit retten wollen, dann sollten sie deshalb diesen Moment nutzen. Und sie sollten das große Tabuthema Europas angehen: Die Altkredite, von denen viele wissen, dass sie niemals zurückgezahlt werden können. Die aber trotzdem immer weitergewälzt werden und damit ein finanzieller Sprengsatz für Europa bleiben.
Die aktuelle Krise um die portugiesische Banco Espirito Santo ist dafür nur das jüngste Beispiel. Sollte Europas schwächlicher Aufschwung abbrechen – etwa weil der Ukraine-Konflikt weiter eskaliert -, dann werden die ungelösten Schuldenprobleme mit noch größerer Explosivkraft zurückkehren.
Dass es für Griechenland einen weiteren Schuldenschnitt geben muss, ist seit Langem klar – nicht nur aus der Sicht Athens, sondern sogar nach Meinung von AfD-Chef Bernd Lucke. Die Gelegenheit wäre günstig, diese Bereinigung zum Anlass für einen größeren Schritt zu nehmen.
Ökonomen wie Hans-Werner Sinn plädieren schon länger dafür, eine europäische „Schuldenkonferenz“ einzuberufen, auf der ein realistischer Plan zur Bereinigung aller faulen Altkredite vereinbart wird. Einfach würde das selbstverständlich nicht. Denn es geht darum, endlich die finanziellen Verluste offenzulegen und abzuschreiben, die bisher nur kaschiert und verschoben werden.
Aber wann soll man damit anfangen, wenn nicht jetzt?