Zu Fußballweltmeisterschaften erscheint der Gedanke, die Niederländer könnten ein Vorbild für uns sein, geradezu absurd. Ist doch wohl klar, wer die bessere Mannschaft hat... Steht der Weltmeister aber erst einmal für die kommenden vier Jahre fest, lohnt sich ein unaufgeregter Blick auf das kleine Nachbarland. Denn dort ist man schon einen Schritt weiter als hierzulande – zumindest, was die Erfahrungen mit restriktiven Maßnahmen für den Wohnimmobilienmarkt angeht.
Bei uns will man eine so genannte Mietpreisbremse noch mit aller Macht einführen. Im Oranje-Land soll sie schleunigst weg. Weder dort noch in Frankreich, Österreich, Großbritannien, Portugal oder Spanien hat es funktioniert, mit Hilfe staatlich regulierter Mieten dauerhaft günstigen und modernen Wohnraum zu schaffen.
In den Niederlanden ist schon passiert, was manche Kritiker für den deutschen Markt befürchten: Wohnungen sind verwahrlost, weil kaum investiert wurde, gemeinnützige Wohnungsunternehmen standen kurz vor der Pleite und mussten mit Steuergeld gerettet werden. Privatwirtschaftliche Unternehmen haben sich längst zurückgezogen, weil sie nicht mehr konkurrenzfähig bauen können.
Inzwischen ist man auch in Deutschland nicht mehr so sicher, ob das alles eine so gute Idee ist. Bei einigen Politikern wächst die Sorge, dass Projektentwickler sich vom Markt zurückziehen könnten, weil sich Mietwohnungsbau einfach nicht mehr rechnet. Das würde den gerade in Fahrt gekommenen Wohnungsneubau ausbremsen und das Versprechen der Koalitionspartner an das Wahlvolk konterkarieren, noch mehr Wohnungen zu schaffen. Dumm gelaufen, nennt man das dann wohl.
schlecht gemacht, juristisch angreifbar
Die Union bemängelt handwerkliche Fehler beim vorliegenden Gesetzentwurf, der noch vor der Sommerpause durch den Bundestag gepeitscht werden soll: Im Gesetz fehlt etwa nicht nur die im Koalitionsvertrag vereinbarte Befristung auf fünf Jahre, sondern auch die Bezugsgröße für die Mietpreisbremse.
Nimmt man die privaten Vermieter an die Kandare und zwingt sie, künftig zu ortsüblichem Mietniveau zu vermieten, könnten mehr Menschen preisgünstiger wohnen, so das Kalkül. Aber, was ist eine ortsübliche Vergleichsmiete? Das ist nicht überall gleich geregelt. Bei laufenden Mietverträgen dürfte die Miete nur noch um maximal zehn Prozent innerhalb von drei Jahren steigen, bei Mieterwechsel könnte der Vermieter maximal zehn Prozent auf die ortsübliche Miete obendrauf schlagen.
Nur bei Erstvermietung gilt das alles nicht. Experten raten in solchen Fällen: Vermiete so teuer, Du kannst. Später kommst Du nicht mehr auf Deine Kosten. Und damit wären wir wieder am Ausgangspunkt: teurer Wohnraum.
Problem auf wenige Ballungsräume beschränkt
Auch in SPD-Kreisen mehren sich die Zweifel, ob man das Gesetz überhaupt braucht. Ob es nicht sogar eine Klagewelle auslösen könnte, bei der sich Vermieter und Mieter über ortsübliche Mieten streiten. Vermutlich ganz umsonst. Denn selbst im SPD-geführten Düsseldorfer Justizministerium ist man inzwischen der Ansicht, dass sich das Problem des sündhaft teuren Wohnraums höchstens in den angesagten Quartieren von Köln, Düsseldorf, Bonn und Münster stellt. Überall sonst in Nordrhein-Westfalen, dem bevölkerungsreichsten Bundesland, gäbe es nicht mal Wohnungsmangel.
Außerdem wurden laut NRW-Ministerium Daten über Mietpreisanstiege so manipuliert, dass sie besser in das Argumentationsmuster für die Einführung einer Mietpreisbremse passten. Wenn zu solchen Mitteln gegriffen wird, sollte jeder Abgeordnete hellhörig werden und prüfen, woher die Informationen, auf die er sich verlässt, eigentlich stammen, wie sie aufbereitet wurden – und vor allem, zu welchem Zweck? Mit purem Populismus, Koalitionsgehorsam oder Faktenignoranz verscherzt man sich auf lange Sicht das Vertrauen der Wähler. Und man schafft so auch nicht mehr bezahlbaren Wohnraum. Denn darum geht es doch den angeblich so besorgten Politikern, oder?