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Capital erklärt Alles was man über Libra wissen sollte

Mit Libra will Facebook die Finanzwelt aufmischen
Mit Libra will Facebook die Finanzwelt aufmischen
© Getty Images
Facebook will mit der Kryptowährung Libra zum globalen Finanzplayer aufsteigen. Wir erklären, wie die neue Währung funktioniert, welche Chancen sie birgt – und welche Gefahren

Unsere Reihe Capital erklärt macht aktuelle Wirtschaftsthemen schnell verständlich. Diesmal erfahren Sie alles über die neue Kryptowährung Libra – Ein Gespräch mit Capital-Redakteur Niklas Wirminghaus

Ist Libra eine neue Kryptowährung?

Ja. Libra wird auf einem Blockchain-ähnlichen System basieren. Man kann sich das als eine Art verteiltes Register vorstellen, auf dem alle Transaktionen gespeichert werden und das nicht veränderbar ist. Für die allermeisten Nutzer wird das aber keine Bedeutung haben, für sie wird die Währung einfach eine bequeme und billige Möglichkeit zum Bezahlen sein. Und das hat wiederum viel mit Facebook zu tun.

Welche Rolle spielt Facebook?

Facebook ist der Initiator des ganzen Projektes. Auch wenn zum Start insgesamt 28 große Unternehmen und Institutionen in der Libra Association vertreten sind und in Zukunft gemeinsam entscheiden werden – es war Facebook, das die Idee hatte und das die grundlegende Technologie geprägt hat. Den größten Einfluss hatte in den letzten anderthalb Jahren vermutlich der Facebook-Manager David Marcus. Er ist seit 2014 bei Facebook und hat jahrelang das Messenger-Produkt gemanagt. Für Facebook geht in erster Linie darum, den Zukunftsmarkt Payment nicht zu verpassen.

Es gab in der Vergangenheit schon einige Versuche mit Bezahllösungen im Messenger, die sich aber nicht durchsetzen konnten. Mit dem Facebook-Projekt soll das jetzt gelingen. Mit der Libra Association, zu der bereits Spotify, Mastercard und die Non-Profit-Organisation Kiva gehören , sichert sich Facebook einen breiten Kreis an Beteiligten – und potenziell Milliarden von Nutzern. Bis zum Start 2020 soll die Association auf 100 Mitgliedern anwachsen.

Entscheidend ist, dass Facebook nicht selbst Teil des Kreises sein wird. Stattdessen hat es die Tochterfirma Calibra gegründet, die ein sogenanntes Wallet – also eine digitale Geldbörse – für die Währung entwickeln und diese in Whatsapp, den Messenger und so weiter integrieren soll. Die Entscheidung war offensichtlich eine Reaktion auf die Vertrauenskrise, unter der Facebook aktuell leidet. Calibra, so wird versprochen, soll auch nicht automatisch Daten mit dem Mutterkonzern teilen.

Was ist der Unterschied zwischen der Facebook-Währung und Bitcoin?

Bitcoin, die wichtigste und älteste Kryptowährung, kommt aus einer idealistischen Tradition: Niemand kontrolliert das Ganze, es gibt kein Machtzentrum, sondern alles ist dezentral; Transaktionen sind zwar öffentlich, aber die Nutzer können anonym bleiben.

Bei Libra werden bei diesen Idealen Abstriche gemacht. Dezentralität gibt es in Ansätzen durch die Verteilung der Autorität und Kontrolle auf die Konsortiumsmitglieder. Nutzer können wohl Pseudonyme haben, aber letztlich werden sie sich bei Wallet-Anbietern wie Calibra identifizieren müssen – sonst werden die Aufsichtsbehörden nicht mitmachen. Und im Zweifel bekommen auch Strafverfolger diese Informationen.

Ein wichtiger Unterschied ist, dass Libra an einen Währungskorb gebunden sein wird und damit einigermaßen stabil bleiben soll. Das ist eine Voraussetzung dafür, dass die Währung sich als Zahlungsmittel etablieren kann. Bitcoin hingegen ist kein solcher Stablecoin, sein Wert wird allein durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Weil er im wesentlichen ein Spekulationsobjekt geworden ist, gibt es bisweilen kräftige Preisschwankungen.

Dass Bitcoin kaum zum Bezahlen genutzt wird, liegt auch daran, dass die technologischen Voraussetzungen dafür fehlen. Die Blockchain-Technologie des Bitcoin kann nur sieben Transaktionen pro Sekunde abwickeln. Bei der Facebook-Währung sollen mehrere tausend möglich sein, so wie es auch bei Kreditkartenanbietern wie Visa üblich ist.

Welchen Wert hat Libra und wer legt diesen Wert fest?

Der Wert von Libra soll ungefähr einem US-Dollar, Euro oder Schweizer Franken entsprechen. Die neue Kryptowährung wird an einen Währungskorb gebunden, der von der Libra Association verwaltet wird. Jede Geldsumme, die in Libra getauscht wird, wird dort hinterlegt.

Gibt es Parallelen zu Zahlungsdienst wie dem chinesischen Wechat oder dem US-Anbieter Paypal?

Ja, wie bei Wechat ist die Idee, in Messengerdiensten und an möglichst vielen Stellen im Internet mit Libra zahlen zu können. Gleichzeitig wird Wechat Pay und Paypal jedoch von jeweils einem Unternehmen kontrolliert – bei Libra ist die Macht wie gesagt auf die unterschiedlichen Partner der Libra Association verteilt.

Läuft alles nach Plan, könnte das Potenzial von Libra noch einmal deutlich größer sein. Facebooks Plan ist es, damit zunächst vor allem Nutzer in Entwicklungs- oder Schwellenländern zu gewinnen. Dort haben Facebook beziehungsweise Whatsapp bereits Milliarden von Nutzern, was eine gute Ausgangsposition ist. Der Anteil der Menschen ohne Bankkonto ist dort hoch – ohne Konto kann man einen Dienst wie Paypal nicht nutzen. In diese Lücke soll Libra stoßen.

Wieso sitzt die Stiftung in der Schweiz?

Zum einen assoziiert man mit der Schweiz Neutralität und Unabhängigkeit, das hilft Facebook, das gerade ein großes Imageproblem hat. Zweitens hat sich die Schweiz als Krypto-Hotspot etabliert. Zug dürfte mittlerweile zu den drei wichtigsten Standorten für Blockchain-Firmen zählen, neben Berlin und Singapur. Der dritte Grund ist, dass der Kopf hinter dem Projekt, David Marcus, einen Schweizer Pass besitzt, in Genf aufgewachsen ist und in der Schweiz seine ersten Firmen gegründet hat.

Welche Auswirkungen hat Libra auf die Geldpolitik – und auf die etablierten Banken?

Libra ist die erste Kryptowährung, die wirklich das Potenzial hat, eine globale Akzeptanz zu erlangen und eine weltweite Nutzerbasis aufzubauen. Es ist noch vollkommen offen, was auf der regulatorischen Seite passieren wird, aber Zentralbanken und Finanzaufseher werden das sicher nicht einfach so hinnehmen . Ich glaube nicht, dass es ein Verbot von Libra geben wird, sondern dass man sich arrangieren wird. Nach Aussagen der Libra Association steht sie schon in Kontakt mit Aufsichtsbehörden. Aufseiten der Banken wird Libra sicherlich als Gefahr wahrgenommen. Beim Thema Kundenkontakt verlieren die Banken schon jetzt massiv. Libra wäre dann der endgültige Todesstoß.

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