Vor kurzem hat eine Studie über ein KI-System zur Brustkrebsfrüherkennung weltweit für ein erhebliches Medienecho gesorgt. Google-Wissenschaftler behaupten in einer Studie, dass sie mit Hilfe künstlicher Intelligenz Brustkrebs besser diagnostizieren können. Die trainierten und testeten künstliche neuronale Netzwerke mit Röntgenbildern der Brust von insgesamt über 28.000 Frauen aus Großbritannien und den USA. Das Ergebnis: Tatsächlich erzielte die KI überwiegend bessere Ergebnisse als Radiologen. Von bahnbrechenden Erfolgen war in den Medien die Rede.
Doch die entscheidende Frage wird nach Ansicht der Unstatistik nicht gestellt: Bedeuten die Ergebnisse, dass die technischen Fortschritte auf lange Sicht Krebsdiagnosen verbessern werden? Oder anders formuliert: Was haben eigentlich die Frauen davon? Hier sei Vorsicht angeraten, sagen die Statistik-Experten vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (RWI).
Die KI-Diagnose-Systeme seien so präzise, dass sie auch kleine und klinisch irrelevante Krebsformen entdeckten. Dabei handle es sich zwar streng genommen um Krebs – negative Auswirkungen auf die Gesundheit sind aber nicht damit verbunden. Eine Behandlung ist deshalb überflüssig. Bereits heute würden sich deshalb aber viele Frauen unnötigen Strahlen- oder Chemotherapien unterziehen.
Ferner, so die Unstatistiker, sei das Mammographie-Screening für Patientinnen selbst nur von geringem Nutzen. Statistisch gesehen sterben von 1000 Frauen 22 an einer Art von Krebs . Das Screening ändert daran nichts. Die KI-Diagnostik sei zwar in der Lage, Krebsgewebe immer früher zu erkennen; die Diagnostik zur Früherkennung allein reiche aber nicht aus, die Krebsleiden auch verlässlich zu heilen. Fazit der Unstatistik: „Das heißt, AI wird zwar immer mehr Krebse frühzeitig erkennen, aber man sollte auch einen Schritt weiter denken und ehrlich sagen, dass all dieser technische Erfolg den Frauen wohl wenig helfen wird.“
Mit der „Unstatistik des Monats“ hinterfragen der Berliner Psychologe Gerd Gigerenzer, der Dortmunder Statistiker Walter Krämer und RWI-Vizepräsident Thomas Bauer jeden Monat sowohl jüngst publizierte Zahlen als auch deren Interpretationen.
Alle „Unstatistiken“ finden Sie im Internet unter www.unstatistik.de . Im Campus Verlag erschienen ist das Buch „Warum dick nicht doof macht und Genmais nicht tötet – Über Risiken und Nebenwirkungen der Unstatistik“