Der Chef der Agrarsparte Cropscience von Bayer, Liam Condon, will künftig stärker auf Kritiker des Konzerns zugehen. „Die größte Erkenntnis für mich ist, dass wir als Bayer und als Industrie insgesamt viel mehr erklären müssen, was wir tun, warum wir das tun“, sagte Condon in einem Streitgespräch mit dem Vorsitzenden der Grünen, Robert Habeck, das in der neuen Capital-Ausgabe (Ausgabe 4/2018, EVT 22. März 2018) erscheint. „Wir waren lange fixiert auf den Landwirt und haben dem Verbraucher zu wenig erklärt, warum wir Innovationen in der Landwirtschaft brauchen. Wir müssen mehr den Dialog suchen, ansonsten werden wir das Vertrauen der Menschen nicht gewinnen“, sagte Condon.
Die EU-Kommission hat die Übernahme von des US-Konkurrenten Monsanto durch Bayer an diesem Mittwoch genehmigt – wenn auch unter strengen Auflagen. So will Bayer große Teile seines Saatgutgeschäfts an BASF verkaufen. Gleichwohl steigt Bayer durch die 60 Mrd. Dollar teure Übernahme zum größten Agrarkonzern der Welt auf.
Das Gespräch zwischen Habeck und Condon wurde vor einer Woche in Berlin geführt. Es war das erste direkte Aufeinandertreffen eines hochrangigen Vertreters von Bayer und eines prominenten Grünen-Politikers. Die Grünen haben die geplante Übernahme seit Monaten immer wieder scharf kritisiert.
Im Streitgespräch versprach Condon, künftig noch stärker auf die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln durch Landwirte zu achten: „Wir versuchen, durch Schulung und Beratung die sachgerechte Anwendung unserer Produkte sicherzustellen, und werden das auch in Zukunft verstärkt tun. Und ich sage: Wir werden liefern und uns an unseren Taten messen lassen.“ Dennoch blieb Grünen-Chef Habeck in dem Streitgespräch bei seiner grundsätzlichen Ablehnung der Fusion: „Ich höre aus der Industrie das ‚Wir haben verstanden, wir müssen etwas ändern‘. Das freut mich. Nur passt dazu nicht die Übernahme von Monsanto“, sagte Habeck. „Politisch spricht alles gegen die Fusion.“
Durch den Zusammenschluss entstehe noch mehr Marktmacht und gerieten Bauern weltweit in noch größere Abhängigkeit eines einzigen Konzerns, warnte der Grünen-Chef. „Weizen ist kein Produkt von Bayer oder Monsanto, sondern der Evolution. Die Konzerne haben es nur verändert, so sind sie immer weitergewachsen - und mit ihrer Marktmacht dominieren sie alles“, kritisierte Habeck.
Der Grünen-Chef räumte allerdings auch ein, dass es auf der Seite der Öko-Bewegung nach wie vor „eine falsche Sozialromantik gibt“. Auch Kleinbauern müssten die Möglichkeit haben, sich zu entwickeln und innovativere Anbaumethoden zu nutzen. „Ich will nicht zurück zu einer Bullerbü-Landwirtschaft mit drei Schweinen und zwei Hühnern. Wir wollen auch den Bauern in Afrika nichts vorschreiben. Ich möchte aber, dass unsere Fehler anderen erspart bleiben“, sagte Habeck.
Die größten Übernahmen deutscher Unternehmen
Die größten Übernahmen deutscher Unternehmen
#5: Die Merck KGaA (Kommanditgesellschaft auf Aktien) kaufte im November 2015 den US-Laborausrüster Sigma-Aldrich Chemie GmbH. Kostenpunkt: 17 Milliarden Dollar. Der deutsche Pharma- und Chemiekonzern geht auf die Eröffnung einer Apotheke 1668 in Darmstadt durch Friedrich Jacob Merck zurück. Das Wissenschafts- und Technologieunternehmen ist immer noch mehrheitlich im Besitz seiner Nachkommen. Merck beschäftigt rund 50.000 Mitarbeitern in 66 Ländern.
#3: Die Deutsche Telekom ging im Jahr 2000 in den USA in die Offensive. Sie kaufte für etwa 50,7 Milliarden Dollar den US-Mobilfunkanbieter VoiceStream. Durch die Übernahme entstand T-Mobile US Inc., das drittgrößte Unternehmen seiner Art in den Vereinigten Staaten.
#1: Das Jahr 2000 war nur wenige Tage entfernt, da erschütterte diese feindliche Übernahme nicht nur die Wirtschaft in Deutschland. Das britische Mobilfunkunternehmen Vodafone legte am 14. November 1999 überraschend ein Übernahmeangebot vor. Die erste Offerte in Höhe wurde noch abgelehnt. Im April 2000 stimmte der Mannesmann-Aufsichtsrat schließlich dem Verkauf für 199 Milliarden Dollar zu. Es war die bis dato teuerste Übernahme weltweit.
Plus: Das böse Wort „Übernahme“ sollte unbedingt vermieden werden. Lieber sprachen die Beteiligten von einer „Fusion unter Gleichen“. Im September 1998 beschlossen die Aktionäre von Daimler-Benz und des US-Autobauers Chrysler den Zusammenschluss. Das Kräfteverhältnis in der DaimlerChrysler AG war jedoch von Anfang an klar. Daimler-Benz-Aktionäre konnten ihre Wertpapiere 1:1 umtauschen. Chrysler-Aktionäre bekamen für eine ihrer Aktien lediglich 0,6235 der neuen Papiere. Die Liaison war von kurzer Dauer. Der US-Partner geriet während der Finanzkrise in akute Nöte, Daimler trennte sich 2009 endgültig von Chrysler. 2014 wurde der US-Autohersteller von Fiat übernommen.