Am 26. Juli legt der BASF-Konzern seine Halbjahreszahlen vor. Zugleich tritt Markus Kamieth zum ersten Mal in seiner neuen Funktion als Vorstandsvorsitzender vor die Investoren. Sie erwarten eine Antwort auf die Frage, in welche Richtung der neue Chef marschiert. Bisher hält sich die Hoffnung allerdings in Grenzen: Seit dem Amtsantritt Kamieths ist der Kurs der BASF-Aktie von 51 auf 45 Euro gefallen – ein weiteres Minus von sechs Euro und damit mehr als 10 Prozent.
Die Marktkapitalisierung spiegelt natürlich zu allererst die schwierige objektive Lage des Unternehmens wider: Im Inland gibt es weiter keine Wachstumsimpulse, im Ausland verschärft sich der Wettbewerb. Für BASF bleibt es sehr schwierig, höhere Preise durchzusetzen. Gleichzeitig aber hält der Kostendruck an – vor allem auf der Rohstoff- und Energieseite. Hinzu aber kommen bei dem Chemiekonzern viele hausgemachte Probleme und fehlgeleitete Investitionen. Die Jahre unter Kamieths Vorgänger Martin Brudermüller waren im Ganzen gesehen verlorene Jahre. Und die Jahre unter Brudermüllers Vorgänger, dem heutigen Aufsichtsratschef Kurt Bock, waren es auch.
BASF hat 18 Mrd. Euro Schulden
Die Netto-Finanzschulden des Konzerns lagen zuletzt bei gut 18 Mrd. Euro. An sich ist das kein Wert, der allzu große Sorgenfalten in das Gesicht des BASF-Chefs schneiden sollte. Aber angesichts steigender Zinsen und eines niedrigen (zuletzt sogar negativen) Cashflows auch kein Grund zur Sorglosigkeit. Zumal der Konzern weiterhin sehr viel Geld braucht – für Investitionen, etwa für das gigantische Projekt eines zweiten Verbundstandorts in China, sowie Restrukturierungen vor allem im Stammwerk in Ludwigshafen.
Mit einer Weiter-So-Strategie setzt sich der Niedergang von BASF fort. Eigentlich bräuchte der Konzern einen Mann von außen, der überkommene Strukturen nicht nur in Frage stellt, sondern konsequent zerstört. So wie es der neue Bayer-Chef Bill Anderson in Leverkusen vormacht. Doch Kamieth steht für Kontinuität. Der neue Vorstandsvorsitzende verbrachte die letzten 25 Jahre, seine gesamte Karriere nach der Promotion in Chemie, bei der BASF. Seit 2017 war er als Mitglied des Vorstands an allen Weichenstellungen beteiligt. Durch Widerspruch gegen Bock und Brudermüller ist Kamieth dabei nicht aufgefallen. Anders als andere Kollegen und Kolleginnen, die vergeblich auf einen anderen Kurs drangen wie etwa Saori Dibourg.
Es wäre ein Wunder, wenn sich Kamieth als Radikalreformer erweisen würde. Zumal ihm mit seinem Aufsichtsratschef Bock jemand im Nacken sitzt, der so stark wie niemand sonst für die Fehler der Vergangenheit steht und jede Kritik am strategischen Kurs der Vergangenheit als Majestätsbeleidigung versteht.
Als Kräfte der Beharrung dürften sich weiterhin auch die Betriebsräte und Aufsichtsräte der IG Chemie erweisen. Sie werden alles tun, um vor allem ihre Machtpositionen im Stammwerk Ludwigshafen zu verteidigen. Gerade dort aber wäre ein harter Schnitt besonders notwendig. Und solange sich Kamieth nicht mit den Mächten der Beharrung anlegt, besteht wenig Hoffnung für die Aktionäre, dass ihre Aktie wieder in alte Höhen zurückkehrt.