Der Anblick ist spektakulär: Ein riesiger Frachter treibt auf offener See, während dichte Rauchschwaden aus dem hinteren Teil des Schiffs aufsteigen und sich wie ein grauer Vorhang über das Wasser legen. Das Schiff, die „Morning Midas“, war auf dem Weg nach Mexiko, als es am Dienstag in Brand geriet.
Medienberichten zufolge befinden sich rund 3000 Autos verschiedener chinesischer Hersteller an Bord, darunter auch Elektroautos. Die genaue Ursache ist noch unklar, ebenso zu welcher Marke die Autos gehören, die zuerst Feuer fingen. Den 22 Mitgliedern der Besatz geht es gut. Niemand sei verletzt, teilte der Schiffseigner nach einer Evakuierung durch die Küstenwache mit.
Sicherheitsexperte: Löschssysteme veraltet
Der Vorfall macht erneut anschaulich, welche Gefahren mit dem Transport von Fahrzeugen auf hoher See verbunden sind. In den letzten Jahren kam es vermehrt zu schweren Bränden auf Autofrachtschiffen. Besonders problematisch sind dabei Elektroautos mit ihren großen Batterien, die sich auf hoher See kaum oder gar nicht löschen lassen.
Experten kritisieren unter anderem den mangelnden Brandschutz auf vielen Schiffen: Die Löschsysteme seien immer noch die gleichen wie vor 50 Jahren und hätten mit der Größenentwicklung und den Brandlasten der Schiffe nicht Schritt gehalten, sagte Uwe-Peter Schieder vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft schon vor zwei Jahren. Man müsse sowohl die Branderkennung als auch die Löschsysteme auf und unter Deck grundlegend ändern. Andernfalls blieben die meisten Brände unbeherrschbar.
Nicht nur für die Seeleute sind solche Feuer gefährlich. Autohersteller, Reedereien und Versicherungen haben große finanzielle Risiken. Die Schäden an Schiffen oder den Fahrzeugen selbst können rasch in den dreistelligen Millionenbereich gehen. Diese Brände auf Autotransportern gab es in den vergangenen Jahren:
Brennende Autofrachter
Am 25. Juli 2023 geriet der Autofrachter Fremantle Highway in der Nordsee in Brand, während er etwa 27 Kilometer nördlich der niederländischen Insel Ameland unterwegs war. Das Schiff war mit rund 3800 Fahrzeugen beladen, darunter knapp 500 Elektroautos. Das Feuer brach in den späten Abendstunden aus und breitete sich schnell über mehrere Decks aus. Ein Besatzungsmitglied kam dabei ums Leben, mehrere weitere wurden verletzt, einige sprangen in Panik ins Meer. Das Feuer wütete über eine Woche, bis das schwer beschädigte Schiff schließlich in den Hafen von Eemshaven geschleppt werden konnte. Erste Spekulationen richteten sich auf die Elektrofahrzeuge an Bord, doch spätere Untersuchungen schlossen sie als Brandursache aus.
Ein schweres Feuer brach am 5. Juli 2023 auf dem Autofrachter Grande Costa D’Avorio im Hafen von Newark (USA) aus. Auslöser war ein überhitzter Jeep Wrangler, der als Schiebefahrzeug an Bord genutzt wurde – obwohl er nicht für den industriellen Einsatz vorgesehen war. Zwei Feuerwehrleute kamen beim Einsatz ums Leben, sechs weitere wurden verletzt. Der Brand dauerte mehrere Tage und verursachte Sachschäden von über 23 Mio. Dollar. Ein späterer Untersuchungsbericht stellte erhebliche Mängel beim Brandschutz an Bord sowie bei der Einsatzvorbereitung der Feuerwehr fest.
Am 16. Februar 2022 brach auf dem Autofrachter Felicity Ace ein verheerendes Feuer aus, während das Schiff etwa 170 Kilometer südwestlich der Azoren unterwegs war. An Bord befanden sich rund 3965 Fahrzeuge des Volkswagen-Konzerns, darunter zahlreiche Luxusmodelle von Porsche, Audi, Bentley und Lamborghini. Die 22-köpfige Besatzung konnte sich rechtzeitig in Sicherheit bringen und wurde von der portugiesischen Marine evakuiert. Trotz intensiver Löschversuche breitete sich das Feuer weiter aus, wobei die Lithium-Ionen-Batterien einiger Elektrofahrzeuge die Löscharbeiten erheblich erschwerten. Nach fast zwei Wochen trieb das Schiff führerlos im Atlantik, bevor es sank. Der geschätzte Schaden belief sich auf über 400 Mio. Dollar. Infolge des Vorfalls reichten die Reederei und der Versicherer Klagen gegen Volkswagen ein.
Auf dem Weg von Hamburg nach Casablanca geriet am 10. März 2019 der Autofrachter Grande America in schwere See, als ein Containerbrand auf dem Wetterdeck ausbrach. Das Feuer griff rasch auf andere Teile des Schiffes über und konnte trotz intensiver Bemühungen nicht eingedämmt werden. Einen Tag später wurde die 27-köpfige Besatzung von einer britischen Fregatte gerettet. Am 12. März sank das brennende Schiff rund 180 Seemeilen westlich der französischen Küste in der Biskaya. An Bord befanden sich über 2200 Fahrzeuge, davon mehr als 1200 Neuwagen, sowie Container mit Gefahrgut. Der Untergang verursachte eine erhebliche Ölverschmutzung, da rund 2000 Tonnen Schweröl austraten.
Am 24. Februar 2017 brach auf dem unter US-Flagge fahrendem Autofrachter Honor während der Fahrt von Southampton nach Baltimore ein Feuer auf dem oberen Fahrzeugdeck aus. Nachdem es aufgrund dichter Rauchentwicklung nicht mit tragbaren Löschmitteln bekämpft werden konnte, aktivierte die Crew das bordeigene CO₂-Löschsystem, das den Brand erfolgreich eindämmte. Ein Besatzungsmitglied erlitt dabei eine Beinverletzung. Der Schaden am Schiff und an der Ladung – etwa 5000 Fahrzeuge – wurde auf über 700.000 US-Dollar geschätzt. Eine Untersuchung ergab, dass der Brand durch einen Defekt im Anlassermagnetschalter eines der transportierten Privatfahrzeuge verursacht wurde.