Tesla hatte in den vergangenen Monaten in China mit deutlichen Problemen zu kämpfen. Weil die Fabrik in Schanghai vom großen Lockdown betroffen war, verkaufte der US-Autobauer laut Schätzungen 80.000 bis 100.000 Autos weniger als eigentlich geplant.
Dies war auch der maßgebliche Grund dafür, dass der Konzern von Elon Musk bei seinen weltweiten Verkäufen erstmals seit drei Jahren wieder hinter den chinesischen Elektro-Platzhirschen BYD zurückgefallen ist. Während Tesla in der ersten Jahreshälfte weltweit 564.000 Autos absetzte, konnte der Shenzhener Konzern 641.000 Fahrzeuge verkaufen — das sind 300 Prozent mehr als im Vorjahresvergleich.
Ganz gerecht ist der Vergleich von Tesla und BYD freilich nicht. Denn während Tesla ausschließlich Premium-Elektroautos produziert, handelt es sich bei rund der Hälfte der von BYD produzierten Fahrzeuge noch um Plug-in-Hybride. Die haben neben einer großen Batterie auch einen Verbrennungsmotor. Hinzu kommt geografisches Glück. BYD baut den Großteil seiner Fahrzeuge im südchinesischen Shenzhen, das weniger von harten Corona-Maßnahmen betroffen war als Schanghai.
Warren Buffett stieg früh ein
Unter Autoexperten gibt es dennoch kaum Zweifel, dass BYD seine steile Erfolgsgeschichte fortsetzen wird und auch außerhalb Chinas sowohl für Tesla als auch für die deutschen Premium-Hersteller in Zukunft die wohl größte Herausforderung darstellen wird. US-Investor Warren Buffett hatte anscheinend den richtigen Riecher, als er sich bereits 2008 mit acht Prozent an BYD beteiligte. Der Aktienkurs des an der Hongkonger Börse gelisteten Unternehmens hat sich seitdem mehr als verzwanzigfacht. Erst Ende Juni markierten die Papiere ein neues Allzeithoch.
Mitte der 1990er Jahre vom ehemaligen Universitätsprofessor Wang Chuanfu gegründet, begann BYD als Hersteller von wiederaufladbaren Batterien, bevor es Anfang der 2000er-Jahre in die Automobilindustrie expandierte. Davon, dass BYD seine eigenen Batterien herstellt und viel in Forschung investiert hat, profitiert das Unternehmen immer spürbarer.
Die Batterie macht den Unterschied
„BYD hat sich in den letzten fünf Jahren deutlich weiterentwickelt und nach oben positioniert“, so der deutsche Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. Die Fahrzeuge seien modern, „state of the art“ und damit auch deutliche Wettbewerber für die deutschen Premium-Hersteller in China.
Ein wesentlicher Punkt sei das große Batterie-Knowhow von BYD, das etwa in der sogenannten Blade-Batterie zum Ausdruck komme. Dabei handelt es sich um großformatige prismatische Zellen, die deutlich höhere Energiedichten auf gleichem Volumen erlauben. „BYD bildet hier die Spitze der Entwicklung ab“, sagt Dudenhöffer.
Auch bei der Batterie-Integration ins Fahrzeug sei BYD sehr innovativ und nutze bereits die sogenannte Cell-to-Chassis-Technik. Hierbei werden die Batterien direkt mit dem Fahrgestell verbunden, womit das Gewicht des Autos reduziert werden kann (China.Table berichtete). Cell-to-Chassis macht zwar auch Tesla — BYD sei hier aber Mercedes und BMW deutlich voraus.
Expansion ins Ausland läuft an
Die steigenden Verkaufszahlen, so Dudenhöffer, seien daher keine Eintagsfliege. „BYD wird bald auch in Europa auf sich aufmerksam machen“, schlussfolgert der Autoexperte, der aber auch anderen chinesischen Herstellern gute Chancen einräumt. SAIC, FAW, XPeng, Nio, Geely, Lynck & Co, Polestar zeigten, wie stark die Chinesen sind und sich Stück für Stück in den westlichen Automärkten nach oben entwickelten. „Wir kommen in die Phase, in der die Teslas von China lernen“, ist Dudenhöffer überzeugt.
BYD verkauft bereits heute Elektrobusse in Europa, Japan und Indien und unternimmt Schritte, um auch PKW in Europa, Australien, Lateinamerika und den Philippinen auf den Markt zu bringen. Erst Anfang des Monats unterzeichneten die Chinesen einen Vertrag mit dem niederländischen Autohändler Louwman. Auch in Südostasien prüft BYD derzeit seine Möglichkeiten.
Dieser Artikel erschien zuerst auf Table Media.