Capital: Was genau macht Ihr Unternehmen mit den Häusern?
EMANUEL HEISENBERG: Wir haben sehr ineffiziente Mehrfamilienhäuser aus den 60er-und 70er-Jahren, die dringend renovierungspflichtig sind. Und wir legen eine zweite Haut um diese Gebäude mit Holzfassaden, in denen schon alles integriert ist. Fenster, Dämmung, Leitungen. Dann können wir diese Gebäude in wenigen Wochen von einem sehr schlechten Zustand auf einen A+-Zustand bringen.
Wenn das so einfach ist, wie Sie es schildern – warum wird es nicht schon längst auf breiter Front so gemacht?
Das Verfahren bedarf eines hohen Maßes an Technologie und Planung, die erst entwickelt werden muss – damit das im großen Stil funktioniert. Bisher läuft es ja so: Es gibt viele Handwerkerinnen und Handwerker auf der Baustelle. Man hat sehr viel Material. Und dann werden in einem recht chaotischen Prozess über viele Monate Fenster, Dämmungen und Leitungen an die Gebäude angebracht. Irgendwann ist das Gebäude dann einigermaßen dicht und energieeffizient. Diese ganze Arbeit von der Baustelle in die Fabrik zu verlagern, bedeutet einen immensen Technik- und Planungsaufwand.
Was ist dann überhaupt der Vorteil?
Wenn 80 bis 90 Prozent der Wertschöpfung in einer Fabrik stattfinden, also mit Robotern und in sehr strukturierter Form, dann wird es günstiger und qualitativ hochwertiger.
Insgesamt geht es der Bauwirtschaft derzeit nicht gut. Ist das nicht ein schlechter Moment, um mit einem Unternehmen wie dem Ihren zu expandieren?
Die Sanierung ist zum Glück nicht so stark betroffen. Aber es stimmt: Wir erleben gerade die größte Bau- und Immobilienkrise der letzten 30 bis 40 Jahre. Es ist ein perfekter Sturm: 15 Prozent Anstieg von Materialkosten in den letzten zwei Jahren. Mangel an Arbeitskräften. Stark steigende Bauzinsen und damit Finanzierungskosten. Es ist ein Umfeld, in dem die Wohnungsunternehmen ihre Investitions-Budgets fast auf Null heruntergefahren haben. Das Gute für uns ist: Die Sanierung ist in einer solchen Abschwungphase für Neubauten immer sehr beliebt. Es ist ja im Grunde die weniger risikoreiche Alternative zum Neubau.
Von den hohen Materialkosten sind Sie aber auch betroffen. Und im Moment liegen Ihre Kosten ja noch über der traditionellen Sanierung. Müssten die nicht eigentlich niedriger sein?
Wir haben das gerade mit einer kleinen Wohnungsgesellschaft getestet. Wir sind nach Förderung günstiger als wenn die Gesellschaft die Aufträge einzeln an Handwerker vergibt. Der staatliche Zuschuss ist immens, weil mit einer CO2-neutralen Sanierung ja viele Ziele erreicht werden. Aber natürlich geht es darum, die Kosten herunterzubekommen. Wir stecken seit Jahrzehnten Milliarden in die Sanierung, aber eigentlich verändert sich nichts, und es wird immer teurer. Wir brauchen also einen technischen Ansatz, um die Sanierung besser und günstiger zu machen.
Warum ist da bisher so wenig passiert?
Das hat strukturelle Gründe. Die Architekten freuen sich, wenn Projekte teuer werden, weil sie nach Volumen bezahlt werden. Die Baustoffhändler freuen sich auch. Bisher bringt es nur den Wohnungsgesellschaften etwas, wenn Bauen günstiger wird. Und die investieren nur 0,1 Prozent ihres Umsatzes in Forschung und Entwicklung. In diesem Dilemma stecken wir seit Jahrzehnten. Aber es wäre absurd, die Sanierung weiter allein in einem manuellen Prozess auf der Baustelle umzusetzen.
Sie haben Ende des vergangenen Jahres in einer Finanzierungsrunde noch einmal 40 Mio. Euro eingesammelt. Was soll damit geschehen?
Es sind große Spieler wie der World Fund oder Haniel bei uns eingestiegen, ja. Unser Ziel ist es, auf eine Milliarde Umsatz in Deutschland zu kommen. Die Werke müssen weitgehend automatisiert werden, die ganze Versorgungskette muss besser funktionieren. Diese Industrie muss arbeitsteiliger und klüger organisiert werden.
Wenn Sie expandieren, stoßen Sie ja an die gleichen Grenzen wie die anderen auch: Kostendruck, Personal. Softwareingenieure, Bauexperten. Woher holen Sie die?
Wir haben sehr viele Bewerbungen. Aber es ist klar, dass wir die Leute auch selber ausbilden müssen. Die müssen mit einer hohen Grundkenntnis ins Unternehmen kommen, aber dann auch anderthalb Jahren weitergebildet werden. Mit Headhuntern jemanden zu holen, der das so schnell kann, ist schwer.
Hören Sie in der neuen Folge von „Die Stunde Null“
- Welche neuen Technologien Ecoworks einsetzt
- Was Heisenberg von Wirtschaftsminister Habeck hält
- Wie Deutschland aus der Baukrise herauskommen könnte
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