Okay, die „Arrival Experience“ hatte ich mir etwas, nun ja, ausgefeilter vorgestellt. Nach der Landung mit Eurowings fehlt von dem Fahrer, der mich abholen soll, jede Spur. Erst nachdem ich meine Assistentin anrufe und die wiederum im „The Peninsula“ in London durchklingelt, taucht ein Chauffeur auf samt improvisiertem Schild mit meinem Namen. Der AMG-Mercedes-Bus vor der Ankunftshalle ist dann zwar luxuriös, das Passwort für das WLAN an Bord findet der Fahrer allerdings nicht.
Halb so wild, natürlich. Für die so oft erwähnte „Customer Journey“ allerdings, die es in nahezu allen Branchen konsequent zu optimieren gilt, wäre jedoch besser jemand kurz eingestiegen, um alle Funktionen zu überprüfen. Damit erschöpft sich allerdings auch schon die sehr kurze Liste an Fehlerchen, denn insgesamt wird sich das The Peninsula mir makellos präsentieren – als Weltklasse-Hotel.
Zeitlose Eleganz mit Blick auf den Hyde Park
Jedes Hotel besitzt einen eigenen USP (Englisch: Unique Selling Point), der sie von der Konkurrenz abhebt. Zuweilen regelrechte Mythen. Wie etwa die Flotte weißer Rolls-Royce-Karossen des „The Peninsula“ in Hongkong, denn Eigentümer Michael Kadoorie ist ein Autoliebhaber. Und auch im Londoner Haus im vornehmen Stadtteil Belgravia, gleich um die Ecke von Hyde Park und Wellington Arch, stehen zwei Rolls-Royce, drei Bentleys sowie ein Vintage-Taxi.
Eine weitere Besonderheit ist die Schuh- und Wäschebox, die von „The Peninsula“ erfunden wurde, und mittlerweile in vielen der besten Hotels weltweit steht. Dieser „Kleiderschrank“ ist vom Zimmer sowie vom Korridor aus zu betreten und der Gast kann darin abends Schuhe und Wäsche deponieren. Morgens steht alles wieder blitzeblank und gereinigt da, hübsch verpackt in edlen Samtsäckchen. Dank der guten Schalldämmung kriegt man von diesem nächtlichen Service übrigens keinen Laut mit.
Das Mobiliar meines Zimmers und des gesamten Hotels ist nicht explizit chinesisch oder britisch, sondern von einer zeitlosen Eleganz. Ohne allzu „beige“ daherzukommen, also langweilig. Das Design stammt aus der Feder des bekannten Innenarchitekten Peter Marino, der neben Luxushotels wie dem „Cheval Blanc“ in Paris auch Boutiquen-Konzepte für Dior, Chanel oder Louis Vuitton entworfen hat. Wenn ich am Fenster stehe, eröffnet sich ein grandioser Blick über den bereits erwähnten Hyde Park, denn die Lage dieses Newcomers in der Themse-Metropole ist schlicht genial: zehn Gehminuten vom Buckingham Palace entfernt und direkt vis-à-vis dem herrlichen „Lanesborough“-Hotel aus der Oetker Collection.
Die Liebe zum Detail ist fast beängstigend
Bis auf den ausbaufähigen Shuttle ist einfach alles grandios, und ich habe in meinem Job wirklich schon recht viel Luxus erleben dürfen. Nur einige Beispiele: So stammt die Bettwäsche von Mühldorfer, einem deutschen Unternehmen mit über 100-jähriger Tradition. Das Dusch-WC mit beheiztem Sitz verfügt über fünf Einstellungen für den Wasserstrahl und neben dem Föhn gibt es auch noch einen elektrischen Nageltrockner. Angeblich war es Michael Kandoori leid, auf seine Frau zu warten, deren Nägel frisch lackiert waren. Also ließ er in allen Zimmern seiner Hotels Nageltrockner installieren.
Auch am Obstkorb bemerke ich, mit wie viel Liebe zum Detail das Personal selbst bei 190 Zimmern am Werk ist. Nachdem ich mich morgens über die Früchte hergemacht habe, ist abends alles aufgefüllt. Und zwar ausschließlich mit den Sorten, die ich gegessen habe und also offensichtlich bevorzuge. Topp!
„Canton Blue“: Ein Restaurant der Superlative
Bisher war der „China Club“ in Berlin mein liebstes Restaurant mit chinesischer Küche außerhalb von Hongkong. Im „The Peninsula“ London erlebe ich nun ein gastronomisches Highlight, das meinem bisherigen Favoriten mindestens ebenbürtig ist. Besser als im „Canton Blue“ habe ich wohl noch nie gegessen, nie einen aufmerksameren Service genossen und mich nie an einem schöneren Interieur ergötzt. Bis heute denke ich regelmäßig an den frittierten blauen Hummer mit Mandeln und Chili-Bohnen zurück. Zwei Michelin-Sterne hätte dieses Restaurant definitiv verdient.
David Tao, der charmante Manager des „Canton Blue“, dirigiert sein Team unauffällig durch den Abend und nimmt sich Zeit für Smalltalk mit den Gästen. Sein Fachwissen ist beeindruckend und mir gefällt besonders, dass er dabei nie arrogant wirkt, wie ich es leider schon bei so manchem Oberkellner in großen Hotels erlebt habe.
Die zwei Sterne, welche ich dem „Canton Blue“ zusprechen würde, trägt ein anderes Etablissement des „The Peninsula“ bereits mit Stolz. Im „Brooklands“ verbindet Claude Bosi, der auch das „Bibendum“ in London führt, heimische Zutaten mit den Finessen französischer Zubereitungsweisen. Von der Decke des Restaurants hängt dabei ein Modell der Concorde, denn Flugzeug-Fan ist Michael Kadoorie auch.
Horrende Baukosten – eigenes Kino im Hotel
Das in meinen Augen derzeit beste Luxushotel Englands hat natürlich noch einiges mehr zu bieten. Darunter ein Kino, ein gut ausgestattetes Fitnessstudio mit Geräten von Technogym, ein Spa mit Sauna, Ayurveda-Therapie und einer Vielzahl von Massagen. Außerdem verkauft ein eigener Shop im Haus produzierte Schokolade und Champagner.
Das „The Peninsula“ in London hat angeblich eine Milliarde Pfund gekostet, nach aktuellem Kurs sind das um die 1,2 Mrd. Euro. Bei der mir und den weiteren Gästen gebotenen Qualität in jeglichem Bereich erscheint mir diese Summe durchaus realistisch, denn so viel königlicher kann es im nahegelegenen Buckingham Palace auch nicht zugehen.