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Beste Hotels Ex-Ritz-Carlton-Chef Schulze: „Die Gen Z will nicht im Museum schlafen“

Unter der Führung von Horst Schulze stieg das Unternehmen Ritz-Carlton zur wichtigsten Luxushotel-Gruppe auf
Unter der Führung von Horst Schulze stieg das Unternehmen Ritz-Carlton zur wichtigsten Luxushotel-Gruppe auf
© PR
Horst Schulze ist eine lebende Legende. Der diesjährige „101 Icon Hotelier of the World“-Preisträger hat sich vom Tellerträger zum Topmanager hochgearbeitet, die Ritz-Carlton-Gruppe mitbegründet und zum Standard für Luxushotels geformt

Capital: Herr Schulze, für Ihren kometenhaften Aufstieg in der Hotellerie haben Sie mit 14 die Schule abgebrochen. Würden Sie das heute noch einmal tun?
HORST SCHULZE: Ich habe über die Jahre natürlich die Berufsschule besucht und zig Kurse an renommierten Institutionen wie der Cornell University genommen – meist im Sommer, als Summer School. Aber mit einer Ausbildung an einer Hotelfachschule oder einem relevanten Studium wird man vom Start weg anders wahrgenommen. Ich musste mich stärker beweisen, höchsten Einsatz zeigen und knüppelhart schuften. In meinem ersten Job als Wirtschaftsdirektor eines großen Hotels habe ich ein Jahr lang keinen einzigen Tag freigenommen. Nicht an meinem Geburtstag, nicht für Weihnachten. Nie.

Ihr weltweiter Branchenruhm begann dann 1983 mit einem Anruf aus Atlanta.
Eine Gruppe von Immobilieninvestoren hatte zwei Hotels in der Südstaaten-Metropole errichtet und wurde sich mit den Hotelgesellschaften, unter deren Markenflaggen sie laufen sollten, schlicht nicht einig. Stattdessen wollten sie nun jemanden, der aus den zwei Hotels die Keimzelle für die „beste Hotelgruppe der Welt“ machen könnte. Das hat mich gereizt, weil man mir Carte blanche gab. Und zwar 19 Jahre lang. Und als wir auf fünf Kontinenten aktiv und fast überall in der Luxusklasse Marktführer waren, hörte ich auf.

Im Ritz-Carlton Naples, Florida, kreuzten sich einst die Wege von Horst Schulze und unserem Hotel-Kolumnist Carsten K. Rath
Im Ritz-Carlton Naples, Florida, kreuzten sich einst die Wege von Horst Schulze und unserem Hotel-Kolumnist Carsten K. Rath
© The Ritz-Carlton/Marriott

Im Ruhestand waren Sie nur wenige Tage, 2002 gründeten Sie die Hotelkette Capella, spezialisiert auf „Über-Luxus“. Was wollten Sie dort verwirklichen, wozu Ihnen bei Ritz-Carlton die Möglichkeit fehlte?
Ich beobachtete damals einen Trend zum Überluxus, und diese Klientel gab in Umfragen an, dass sie größere Gruppen, Meetings und Konferenzen in einem Hotel stören und von einer Buchung abhalten würden. Bloß brauche ich für Häuser von um die 200 und mehr Zimmern definitiv ab und an größere Events. Einzelne High-End-Häuser gab es natürlich schon, aber nur wenige Gruppen. Das wollte ich schaffen. Unser erstes Capella-Hotel in Singapur hatte 100 Zimmer. Da brauche ich bei einem durchschnittlichen Aufenthalt von drei Tagen und je zwei Menschen im Doppelzimmer nur 34 Buchungen. So eine Zahl kann ich ganz anders betreuen, persönlich anrufen und umsorgen. Dass die Häuser auch nach meinem Verkauf der Gruppe 2017 weiterhin Preise gewinnen, gibt dem Konzept recht, würde ich sagen.

Was ist eigentlich exzellenter Service?
Wenn ein Bräutigam im Honeymoon in Cancun seinen Ehering am Strand verliert und die Hotelmitarbeiter extra vier Metalldetektoren kaufen, um nach ihm zu suchen – bestenfalls erfolgreich.

Wie beurteilen Sie die Luxushotellerie aktuell, was sehen Sie kritisch?
Ich finde es beunruhigend, wenn sich Hotels, und zwar selbst solche mit gutem Namen, zunehmend als reine Ressource begreifen, als ein Platz zum Schlafen. Sicher, das Bett muss hochwertig, bequem und kuschelig sein, aber das ist doch nicht das ganze Hotelerlebnis. Es geht um ein Gefühl des Willkommenseins, weil sich Menschen kümmern, einem freundlich begegnen, weil das Essen schmeckt und man alles hat, was man braucht. Und mehr. In ein Luxushotel geht man nicht, um dort bloß zu schlafen. Oder auf einem Smartphone herumzuklicken, damit endlich das Leselicht auf dem Nachttisch erlischt. Hotels, deren Konzept und Team von Herzen „Wir sind für Sie da“ sagen, werden die Gewinner sein und bleiben.

Die Gründung der Über-Luxus-Hotelkette Capella (hier das Haus in Hanoi) wagte Horst Schulze aus dem Unruhestand. Mit Erfolg
Die Gründung der Über-Luxus-Hotelkette Capella (hier das Haus in Hanoi) wagte Horst Schulze aus dem Unruhestand. Mit Erfolg
© Capella Hotel Group

Ihre Wertschätzung gegenüber Mitarbeitern gilt als legendär. Hat die Branche das etwas vernachlässigt?
Meine wichtigste Botschaft war immer: Ihr seid Damen und Herren in den Diensten anderer Damen und Herren. Keine Diener. Gäste wollen sich wohlfühlen, und das muss man systematisch aufbauen und sicherstellen. Ich kann nicht in meinem Büro in Atlanta sitzen und hoffen, dass in Schanghai die Barkeeper nett sind. Das braucht eine Basis, die sich Tag für Tag wiederholen und weltweit ausrollen lässt. Wobei dort das Prozesshafte der „Hospitality Industry“ aufhört. Ein Begriff, den ich nur bedingt mag. Denn zum Leben erwecken müssen jedes System miteinander interagierende Menschen. Und die brauchen dafür einen höheren Sinn. Das habe ich bei jedem Oberkellner im Kurhaus gelernt, mit 14 Jahren.

Wenn Sie noch einmal ein Hotel eröffnen könnten, was würde Sie konkret reizen?
Ich würde zunächst den Luxuskunden von heute genau zuhören, gerade den jüngeren, der Generation Z. Wollen die wirklich noch Grandhotels wie vor 50 Jahren mit Kronleuchter, Marmor und Ölgemälden, wenn sie in löchrigen Jeans und mit Kopfhörern auf den Ohren einchecken? Wollen die in einem Museum schlafen? Ich bezweifle das, aber die Details muss man ergründen.

Was würden Sie noch anders, besser machen wollen?
Mir wäre wichtig, dass sich hinter Begriffen wie Spa und Wellness mehr verbirgt als eine Sauna und zwei Massageliegen. Das ist leider sehr oft selbst in teuren, etablierten Hotels der Fall. Das geht ganzheitlicher, das müssen Wohlfühloasen sein. Außerdem wäre es für Businessreisende schon gut, wenn sich Steckdosen fürs Bügeleisen auch dort befinden, wo man sein Sakko kurz glätten will, also im Ankleidezimmer und nicht am Bett oder im Bad. Und schließlich würde ich die festen Check-in- und Check-out-Zeiten abschaffen. Es ist doch lächerlich, dass Gäste mit späterem Heimflug dann in der Lobby abhängen oder mit Koffer am Strand sitzen müssen.

Zur Person

Horst Schulze wurde 1939 in Winningen an der Mosel geboren und machte mit 14 Jahren eine Kellnerlehre im Kurhotel Bad Neuenahr. Er arbeitete in führenden Häusern in Europa und ging später in die USA – zu den Hilton Hotels und zur Hyatt-Gruppe. Dort brachte er es bis zum Vice President, ehe er 1983 die The Ritz-Carlton Hotel Company mitbegründete und als deren CEO neue Standards in der Luxushotellerie setzte. Seine Philosophie der Mitarbeiterführung und von exzellentem Service sowie Sätze wie „We are Ladies and Gentlemen serving Ladies and Gentlemen“ machten das Unternehmen berühmt. Nach seiner Zeit bei Ritz-Carlton wagte Horst Schulze 2002 mit der Capella Hotel Group einen Neuanfang de luxe. Heute ist der 85-Jährige als Berater in der Branche gefragt, sitzt verantwortlich in mehreren Gremien und hält weltweit Vorträge.

Exklusive Einblicke in die Welt der Luxusreisen

Neben den regelmäßigen Kolumnen „Rath checkt ein“ veröffentlicht Capital gemeinsam mit dem Hotelexperten und Herausgeber der „101 Besten“, Carsten K. Rath, den Sammelband „Die 101 besten Hotels: Deutschland 2025“. Eine Bestellung des Buches ist per E-Mail an board@i-sle.ch möglich oder online unter www.die-101-besten.de/buchband.

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